Die Binnenmarktregeln müssten für alle gelten, rief Hattmannsdorfer die Kommission zum "raschen Handeln" auf. In dem im Herbst 2024 eröffneten Vertragsverletzungsverfahren wurde im Juni 2025 eine Stellungnahme an Ungarn übermittelt. Die EU sieht einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit.
Ungarn droht Klage vor Europäischem Gerichtshof
Sollte die Reaktion aus Ungarn unzureichend ausfallen, könnte eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein nächster Schritt sein. Hattmannsdorfer schickte Briefe an Exekutiv-Vizepräsident Stéphane Séjourné und Vizepräsidentin Teresa Ribera. Es müsse ein konsequentes Vorgehen gegen diskriminierende Maßnahmen geben, die den freien Binnenmarkt unterlaufen, hielt er darin fest. Außerdem verlangte er eine rasche Prüfung der anhängigen Beihilfebeschwerde.
Sondersteuer für internationale Lebensmittelketten
Ungarn hebt im Lebensmitteleinzelhandel seit 2022 eine Sondersteuer ein, die bis zu 4,5 Prozent des Nettoumsatzes ausmacht. Betroffen sind vor allem internationale Handelsketten wie Spar und Hofer. Ungarische Franchiseketten bzw. nationale Anbieter sind hingegen von der Regelung ausgenommen oder bezahlen nur niedrige Steuern. So entstehe faktisch ein "Binnenmarkt-Aufschlag" für europäische Unternehmen, kritisierte der Wirtschaftsminister. Ungarn verteidigt seine Vorgehensweise mit einer angeblichen "Überwälzung der Inflation durch westliche Handelsketten". "Wenn solche Praktiken Schule machen, droht der Binnenmarkt zu zerfallen - mit allen Folgen für Arbeitsplätze, Investitionen und Preisstabilität", so Hattmannsdorfer.
Darüber hinaus forderte Hattmannsdorfer eine starke europäische Binnenmarktstrategie, die gleiche Wettbewerbsbedingungen in allen Mitgliedsstaaten sicherstellt - nicht nur beim Warenverkehr, sondern auch bei Steuern, Abgaben und Unternehmensrechten. "Der Binnenmarkt ist das größte Erfolgsprojekt Europas", unterstrich er und verwies dabei auf weitere Markteingriffe in Ungarn, die ebenfalls schon Gegenstand von EU-Vertragsverletzungsverfahren sind.
Lebensmittelhandel begrüßt Initiative
Christian Prauchner, Obmann des Lebensmittelhandels in der Wirtschaftskammer, zeigte sich erfreut über die Initiative Hattmannsdorfers. "Denn diese Steuer ist diskriminierend und widerspricht dem Gedanken eines gemeinsamen EU-Binnenmarktes eindeutig", sagte er laut Aussendung von Sonntag. Heimische Handelsbetriebe, die in Ungarn investiert haben und für tausende Arbeitsplätze im Nachbarland sorgen, würden dadurch bestraft. "Fair Play sieht schließlich anders aus."
(Quelle: apa)