Vor allem die plötzliche Zunahme der Infektionsfälle im Iran, in Italien und Südkorea sei "zutiefst besorgniserregend", sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Montag in Genf. Allein Italien meldete bis Montag sieben Todesfälle. Dazu gibt es mittlerweile deutlich mehr als 200 Infizierte, wie Italiens Innenministerin Luciana Lamorgese in einem Telefonat mit ihrem österreichischen Amtskollegen Karl Nehammer (ÖVP) mitteilte. Unterdessen bestätigten Afghanistan, Bahrain, Kuwait, Oman und der Irak erste Infektionen.
Sieben Coronavirus-Tote in Italien
Italien wurde binnen kurzer Zeit zum größten Infektionsherd des neuartigen Virus in Europa: Dort starben nach Behördenangaben sieben mit dem Virus infizierte Menschen, die Zahl der Infizierten stieg auf 219, nach anderen Meldungen gar auf 230. Bei allen Todesopfern handelte es sich um ältere Menschen, die teilweise bereits unter Vorerkrankungen litten.
Die meisten Infektionen wurden in der norditalienischen Region Lombardei gemeldet. Außerdem sind Venetien, das Piemont, die Emilia-Romagna sowie Trentino-Südtirol und Friaul-Julisch Venetien betroffen. Sie grenzen teilweise an Frankreich, Österreich, die Schweiz oder Slowenien.
Reisewarnungen für italienische Gemeinden
Seit dem ersten Todesfall ergriffen die italienischen Behörden drastische Maßnahmen gegen das Virus. Ortschaften in der Lombardei und in Venetien wurden abgeriegelt. Das Außenministerium in Wien erließ partielle Reisewarnungen für die betroffenen Gemeinden. Der Karneval in Venedig wurde abgebrochen, Fußballspiele und andere Großveranstaltungen wurden abgesagt. Schulen und Universitäten in allen betroffenen Regionen bleiben vorerst geschlossen ebenso wie viele Lokale und Kinos. In Mailand, der Hauptstadt der Lombardei, war die U-Bahn am Montag zur Hälfte leer, auch die berühmte Scala und der Dom blieben geschlossen.
Krisentreffen mit Nachbarländern
Italiens Gesundheitsminister Roberto Speranza berief für Dienstag in Rom ein Krisentreffen mit seinen Kollegen aus den Nachbarländern ein, um über einen gemeinsamen Aktionsplan gegen eine weitere Ausbreitung des Virus über die Grenzen hinweg zu beraten. Auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sagte seine Teilnahme zu.
Grenzkontrollen derzeit kein Thema
Die österreichische Regierung stellte nach einer Zusammenkunft des Einsatzstabes ein weiteres Maßnahmenbündel gegen die Ausbreitung der Epidemie vor. Neben den Reisewarnungen geht es auch um eine Info-Offensive der Bevölkerung. "Es kann zu Infektionsfällen kommen", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und ergänzte: "Natürlich auch in Österreich." Die weiteren Maßnahmen umfassen nun tägliche Berichte des Innen- und des Gesundheitsministerium an Kurz, aber auch an die Öffentlichkeit. Am Freitag soll der Nationale Sicherheitsrat zusammentreten, an dem auch die Opposition teilnimmt.
Trotz der wachsenden Sorge vor dem Virus planen die 26 Staaten des Schengenraums nach Angaben der EU keine Wiedereinführung systematischer Grenzkontrollen. Die Grenzen zu Italien blieben zunächst weiter offen. Fiebermessungen auf den österreichischen Flughäfen wie für Passagiere, die mit Direktflügen aus China kommen, wird es vorläufig nicht für Fluggäste aus Italien geben, bekräftigte Anschober auf Nachfrage.
Infektionen in Asien steigen weiter an
China, wo die Zahl der Toten um 150 auf insgesamt 2.592 stieg, verschob unterdessen erstmals seit der Kulturrevolution die für Anfang März geplante Sitzung des Nationalen Volkskongresses. In Südkorea, dem größten Infektionsherd außerhalb Chinas, stieg die Zahl der bestätigten Infektionen bis Montag um weitere 161 auf 763. Viele Länder reagierten mit massiven Reisebeschränkungen. Österreich erließ für die viertgrößte Stadt Südkoreas, Daegu, und die angrenzende Provinz "Nördliches Gyeongsang", inklusive der Stadt Cheongdo, eine partielle Reisewarnung.
Tote im Iran
Sorge bereitet auch die Lage im Iran, wo die Zahl der Todesopfer nach offiziellen Angaben von acht auf zwölf stieg - das wäre angesichts von nur 64 Infizierten eine extrem hohe Sterblichkeitsrate. Ein Abgeordneter der besonders betroffenen Stadt Kom warf der Regierung in Teheran vor, "nicht die Wahrheit" über das tatsächliche Ausmaß der Epidemie zu sagen. Laut der iranischen Nachrichtenagentur Ilna sprach er von "50 Toten" allein in Kom. Die Regierung dementierte umgehend, sicherte gleichzeitig aber Transparenz zu.
Bildergalerien
(Quelle: apa)