Verwaiste Overheads

123 Bewerbungen auf Salzburger Lehrerstellen

Veröffentlicht: 06. September 2023 14:54 Uhr
Am 11. September strömen Salzburgs Schülerinnen und Schüler in eine der rund 3.900 Klassen im Bundesland. Sie erwarten sich Bildung, Erziehung und ein engagiertes Lehrpersonal. Diesen Erwartungen steht der heimische Lehrkräftemangel gegenüber. In Salzburg fehlen wenige Tage vor dem Schulstart noch 52 Lehrerinnen und Lehrer. Die Lage ist aber nicht aussichtslos.
Stephan Köstlinger

Die Zahl der jungen Schüler und Schülerinnen in Salzburg blieb mit ca. 71.500 konstant. Prognosen des Landes Salzburg gehen davon aus, dass durch Zuwanderung und eine leicht gestiegene Geburtenrate in den vergangenen Jahren die Zahl bis 2032 auf rund 76.300 hochschnellt. Ein Grund dafür sind die Corona-Jahre. In dieser Zeit des engen Zusammenlebens kehrte sich der Trend des Geburtenrückgangs um.

In Salzburg fehlen 52 Lehrkräfte

Die geburtenstarken Corona-Jahrgänge werden erst 2027/28 eingeschult. Ab dem 11. September erfüllen die Stimmen der aktuellen Schülerinnen und Schüler die heimischen Volks- und Mittelschulen.

Eine Woche vor Schulstart scharrt das Lehrpersonal vor den Tafeln und an den Overhead-Projektoren. Allerdings fehlen dem gesamten Salzburger Schulkollegium 52 Personen. „Wir machen uns da keine Sorgen. Für die 52 Stellen bewarben sich 123 engagierte Leute“, erklärt Daniela Gutschi (ÖVP), Salzburgs Bildungs-Landesrätin.

Auf zahlreiche der Stellen erfolgten Mehrfachbewerbungen. „Speziell für 14 Stellen im Innergebirge haben wir keine Bewerbung erhalten. Wir vermuten, dass die hohen Wohnungskosten speziell im Pinzgau dafür mitverantwortlich sind“, so Gutschi.

Lehrkraftmangel? „Die Ausbildung ist zu lang“

Laut der Finanzwirtschafts-Seite finanz.at landen am Monatsende durchschnittlich 2.300 Euro netto auf den Girokonten der heimischen Lehrkräfte. Das Einstiegsgehalt und auch das „normale“ Lehrergehalt variiert natürlich mit den Dienstjahren, der Schulstufe und dem Schultyp. Lehrerinnen und Lehrer an Volks- und Hauptschulen bekommen beispielsweise weniger als Lehrkräfte an den allgemeinbildenden höheren Schulen.

Vom Gehalt kann man also leben. Warum gibt es dennoch aktuell so wenig neues Lehrpersonal? „Die Ausbildung ist zu lang“, sagt Daniela Gutschi und gegänzt, „für Volksschullehrer dauert das Studium fünf und für Mittelschullehrerinnen sechs Jahre. Das ist einfach zu lang und sorgt dafür, dass wir schnell keine Stellen nachbesetzen können“.

Auch wenn die zuständigen Stellen viel mit Quereinsteigern ausgleichen können, ist Gutschi mit ihren anderen acht Kolleginnen und Kollegen aus den Bundesländern im Austausch mit dem Bildungsministerium. „Wir insistieren, dass das Studium verkürzt wird“, so Gutschi.

Image: „Faul, überfordert, schlecht ausgebildet?“

Angehende Lehrerinnen und Lehrer leiden in Österreich unter einer verklärten Sichtweise auf ihren Beruf. Faul, überfordert und schlecht ausgebildet – dieses Image ist ein Grund, warum der Beruf an Attraktivität verloren hat. In Ländern wie dem PISA-Glanzlicht Finnland werden Lehrkräfte gesellschaftlich sehr geschätzt. Im finnischen Schulsystem ist zwar das Gehalt mittelmäßig, doch werden die Schulen professionell verwaltet. Die Lehrenden können sich vielfältig entwickeln.

„Ich empfinde es nicht so, dass die Lehrer ein schlechtes Image habe“, sagt die Bildungs-Landesrätin. Sie bekomme gute Rückmeldung von der Pädagogischen Hochschule (PH), dass sich wieder mehr junge und sogar ältere Menschen für das Studium interessieren.

Ruhestände bringen Unruhe ins Schulsystem

In den kommenden Jahren werden zahlreiche Lehrende in den verdienten Ruhestand gehen. Das hinterlässt eine ebenso große Lücke an Lehrkräften.

Diese kann laut Gutschi nicht nur mit Abgängern der PH gefüllt werden. „Quereinsteiger und Studierende helfen mit ihrem Wissen und ihrem Engagement, die Lücke, die die Ruheständler auftun, zu schließen.“ So soll die Unruhe durch fehlende Lehrkräfte beseitigt werden.

Für Studierende, die wegen ihres Einsatzes nicht innerhalb der Regelstudienzeit fertig werden, übernimmt in der Überziehungszeit das Land die Studiengebühren.

Was machen die Quereinsteiger?

Nicht nur Lehramtsstudierende sollen in Zukunft die Lücke der Pensionswelle schließen, auch für die schon mehrfach erwähnten Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen wird der Beruf geöffnet. Wer als Quereinsteiger Schule machen will, muss laut Bildungsdirektion Salzburg „einen Abschluss eines fachlich geeigneten Hochschulstudiums auf Bachelor- oder Masterniveau“ vorweisen können. Zusätzlich gilt, Quereinsteiger müssen entweder eine geeignete berufliche Tätigkeit oder eine pädagogisch-didaktische Ausbildung genossen haben. Die didaktische Ausbildung kann auch berufsbegleitend absolviert werden.

Am Ende des Bewerbungsprozesses für quereingestiegene Lehrkräfte fällt eine Zertifizierungskommission in Absprache mit der Bildungsdirektion die Einstellentscheidung.

Lehrer:innen sind systemrelevant

Lehrkräfte prägen neben den Eltern oder anderen wichtigen Bezugspersonen das Heranwachsen und die Entwicklung von Kindern signifikant. Auch Lehrer:innen vermitteln wie Mama und Papa Werte, Wissen, Bildung und die Fähigkeit zum logischen Denken.

Lehrer:innen erleben jeden Tag die Erfolge und Misserfolge der Schüler:innen mit und begleiten diese psychologisch. Da wird viel Verantwortung auf aktuell noch zu wenig Schultern geladen. Salzburgs Bildungs-Landesrätin hofft, dass die Hürden für einen raschen Berufseinstieg vom Bund abgebaut werden. „Unsere Studierende in den Klassenzimmern berichten immer wieder von den tollen Praxiserfahrungen. Diesen Enthusiasmus wollen wir fördern – schon allein der Kinder wegen“, so Gutschi.

(Quelle: salzburg24)

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