Was sind No-Go's?

"Benimmregeln müssen nicht immer befolgt werden"

Tanzschulbesitzer Niki Seifert (li.) mit seiner Frau Michaela beim jährlichen Ball der Tanzschule Seifert. (ARCHIVBILD von 2019)
Veröffentlicht: 20. Februar 2020 10:16 Uhr
Wenn Scharen von Menschen in Abendroben und Fracks am heutigen Donnerstag zum Opernball in die Wiener Staatsoper pilgern, ist es nicht nur Zeit für ausgelassene Feiern, sondern auch für besonders gutes Benehmen. Doch was heißt das heute?

Darf eine Dame ihren Mantel auch alleine ausziehen? Muss der Herr immer die Türe aufhalten? Das ist alles nicht mehr ganz so einfach wie vor 50 Jahren, statt auf strikte Regeln kommt es immer mehr auch auf zwischenmenschliches Fingerspitzengefühl an. "Regeln sind nicht dazu da, immer befolgt zu werden. Es ist aber wichtig, sie zu kennen, um mich bewusst dafür oder dagegen entscheiden zu können", erklärt Tanzschulbesitzer Niki Seifert im Gespräch mit SALZBURG24. Zusätzlich zu Tanzkursen bietet er auch ein "Anti-Blamierprogramm" an.

Anzeige für den Anbieter Pinpoll über den Consent-Anbieter verweigert

Etikette in der Berufswelt besonders wichtig

In den Seminaren gehe es allen voran um die Unterscheidung von privatem zu beruflichem Umfeld, so Seifert. Das mache für die Etikette einen großen Unterschied. Denn was innerhalb der Familie oder des Freundeskreises okay sei, könne im geschäftlichen Bereich bereits ein Fauxpas sein. So ist im Kurs auch ein Besuch im Vier-Sterne-Restaurant inbegriffen. "Bei vielen Firmen gibt es inzwischen Testessen, um zu sehen, ob die Bewerber samt Partnerin oder Partner für Geschäftsessen mit Kunden gewappnet sind", berichtet er. Vor allem in den letzten Jahren – die Tanzschule Seifert gibt es seit 1991 – bemerkt er insbesondere im Beruflichen einen Wandel hin zu mehr Etikette. Jugendlichen werde immer früher bewusst, dass die Kenntnis gesellschaftlicher Benimmregeln für den Job äußerst wichtig sei. Der Tanzlehrer selbst nimmt dabei allen voran die Eltern in die Pflicht: "Wenn das Zuhause nicht vorgelebt wurde, ist es eher schwierig, das in einem Kurs noch zu erlernen. Bei uns geht es meist nur mehr darum, Sicherheit in der Anwendung zu erlangen."

 

Benimmregeln für neun von zehn Österreichern wichtig

Neun von zehn Österreicher sehen das ähnlich. Denn: Für immerhin 91 Prozent der Österreicher sind gute Umgangsformen wichtig. Das geht aus einer 2015 durchgeführten Umfrage des Linzer Meinungsforschungsinstituts IMAS hervor. Nur eine Minderheit von fünf Prozent betrachten sie als "eher nicht so wichtig", weitere zwei Prozent als "überhaupt nicht wichtig".  Die Definition adäquater Umgangsformen hat sich aber in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Der Kavalier der alten Schule ist etwas aufs Abstellgleis geraten und der Dresscode wurde lockerer.

Anzeige für den Anbieter Pinpoll über den Consent-Anbieter verweigert

Nach einer gleichlautenden Umfrage im Jahr 2012 verglichen die Forscher die Ergebnisse mit Daten aus dem Jahr 1973. Theaterbesuche in Alltagskleidung waren damals für 60 Prozent der Österreicher ein No-Go, 2012 äußerten sich dazu nur noch 33 Prozent negativ. Kein eigenes Sonntags-Outfit anzulegen, empfanden damals 30 Prozent aus Fauxpas, knapp 40 Jahre später taten das nur mehr 15 Prozent.

Bekleidungsvorschriften immer lockerer

Ähnliche Erfahrungen macht auch Tanzschulbesitzer Seifert. "Was mir in den letzten Jahren speziell auffällt – das betrifft nicht nur Bälle – ist die Unkultur, dass sehr locker mit Bekleidungsvorschriften umgegangen wird", mokiert er sich. Während auf dem heutigen Wiener Opernball noch ausnahmslos Frackpflicht herrscht, müsse es auf anderen Bällen zwar nicht immer ein bodenlanges Abendkleid und ein Smoking sein, jedoch ein Cocktailkleid und ein dunkler Anzug mit Krawatte seien das Mindeste, so Seifert. Jeans und Sakko gehen für ihn in so einem Umfeld gar nicht. Auf seinen Bällen würden im Eingangsbereich zum Beispiel Krawatten zum Kauf angeboten. "Leider ist das ein großer Renner", viele männliche Ballbesucher müssten auf das Last-Minute-Angebot zurückgreifen. "Der Begriff Abendkleidung ist bei vielen nicht mehr bekannt."

Verhalten zwischen Männern und Frauen ändert sich

Gerade für Männer haben sich in den letzten Jahrzehnten die Benimmregeln verändert, legen die IMAS-Umfragen nahe. 1973 fanden es 58 Prozent ungehörig, wenn er einer Frau nicht in den Mantel hilft, 2012 störte das nur mehr 23 Prozent. Sitzen zu bleiben, wenn eine Dame den Raum betritt, war früher ebenfalls für deutlich mehr Leute (41 Prozent) ein Fehltritt als 2012 (zehn Prozent).

Anzeige für den Anbieter Pinpoll über den Consent-Anbieter verweigert

Nicht eingehaltene Termine als No-Go

In der Befragung im Jahr 2015 fragten die Meinungsforscher danach, was denn die schlimmsten Unsitten seien. Mehrfachnennungen waren dabei möglich. Termine nicht absagen, obwohl man weiß, dass man sie nicht einhalten kann, und beim Husten oder Niesen nicht die Hand vorhalten führten dabei mit jeweils 78 Prozent die Liste von schlechten Manieren an. Für ältere Menschen in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht Platz machen und sich nach der Toilette nicht die Hände waschen folgten mit 77 beziehungsweise 74 Prozent.

Unpünktlichkeit, nicht grüßen, jemand nicht ausreden lassen, beim Essen mit vollem Mund sprechen, bei Tisch ohne zu fragen mit dem Rauchen beginnen, einem anderen Autofahrer den Vogel zeigen stören unter anderem mehr als die Hälfte der Österreicher. Gegenüber der Umfrage im Jahr 2012 hat der Ärger vor allem über nicht abgeschaltete Mobiltelefone im Kino, Theater oder Krankenhaus, lautes Telefonieren in der Öffentlichkeit und das Duzen einer fremden Person zugenommen. Küssen auf der Straße ist für 18 Prozent ein Fauxpas. Es landete damit an der letzten Stelle auf der 22 Punkte umfassenden Liste des schlechten Benehmens.

(Quelle: salzburg24)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken