„Wie war das früher?“ – Mit dieser einfachen Frage beginnt für viele Menschen das Interesse an Geschichte. So auch bei der Historikerin und Leiterin des Salzburger Stadtarchivs, Sabine Veits-Falk. Im SALZBURG24-Sonntagstalk erzählt sie, warum Geschichte nicht nur ein Blick zurück, sondern auch ein Spiegel der Gegenwart ist – und was die Geschichte von Frauen in Salzburg über unsere Gesellschaft verrät.
Warum Salzburgs Geschichte bis heute sichtbar ist
„Es geht um ein Nachdenken, ein Reflektieren“, sagt sie. Geschichte sei weit mehr als einfach die Vergangenheit, sondern sei bei genauerem Hinschauen immer wieder auch in der Gegenwart sichtbar – in Einstellungen, Haltungen oder sozialen Mustern. „Viele Menschen übernehmen Verhaltensweisen, ohne zu wissen, woher diese kommen. Das können familiäre oder auch gesellschaftliche Prägungen sein“, erklärt Veits-Falk.
Ein besonderes Anliegen ist der Historikerin die Frauen- und Geschlechtergeschichte Salzburgs – ein Thema, das sie seit ihrer Dissertation begleitet. Damals hat sie mit sich Armut in Stadt und Land Salzburg auseinandergesetzt und festgestellt: „Es hat einen eklatanten Unterschied gemacht, ob man als Frau oder Mann arm war – und wie damit umgegangen wurde.“
Im SALZBURG24-Sonntagstalk erklärt die 58-Jährige, inwiefern Salzburgs Geschichte von Brüchen, Neuanfängen und überraschenden Wendungen geprägt ist – und was wir daraus für heute lernen können.
Sonntagstalk mit Sabine Veits-Falk: Auszug zum Nachlesen
SALZBURG24: Man spürt Ihre Begeisterung für die Geschichte und das Feld, für das Sie sich entschieden haben. Was ist es, das Sie daran so fasziniert und „catcht“?
SABINE VEITS-FALK: Zum einen ist es ganz einfach das Interesse daran, wie Menschen in der Vergangenheit gelebt haben. Ganz banal ausgedrückt: Wie war das eigentlich früher? Schon als Kind habe ich gerne den Erzählungen meiner Großeltern zugehört. Mein Uropa hat sogar noch vom Ersten Weltkrieg berichtet, auch davon, was in der Familie damals passiert ist. Zum anderen ist es aber auch ein reflektierter Prozess. Es gibt diesen schönen Ausspruch: „Grabe, wo du stehst“ – also beschäftige dich mit deiner eigenen Vergangenheit, mit deinen Wurzeln. Und das bezieht sich nicht nur auf die persönliche Geschichte, sondern wirkt weit darüber hinaus auch in die Gesellschaft: Warum ist etwas so, wie es ist? Wie ist es dazu gekommen? Oft tragen wir die Vergangenheit wie einen Rucksack mit uns herum und wissen eigentlich gar nicht warum.
Inwiefern wirkt denn die Vergangenheit ganz konkret auf die Gegenwart?
In vielerlei Hinsicht – sei es politisch, rechtlich oder kulturell – und ganz besonders, wenn es um Mentalitäten, Haltungen und Einstellungen geht. Wenn bestimmte Dinge immer wieder weitergegeben werden, übernimmt man vieles ganz automatisch. Man verinnerlicht Verhaltensmuster, ohne wirklich darüber nachzudenken, und fragt sich dann oft: „Warum reagiere ich eigentlich so?“ Ich bin zwar keine Psychologin, aber ich bin überzeugt, dass das sehr häufig mit unserer Geschichte zu tun hat. Mit dem, woher wir kommen, was in unseren Familien passiert ist und mit der Kultur, in der wir aufwachsen und leben.
Gibt es historische Ereignisse oder Entwicklungen, die Sie als besonders prägend für Salzburg einstufen würden?
Prägend waren auf jeden Fall die Römerzeit, das Mittelalter mit dem heiligen Rupert, aber auch dunkle Kapitel: Ende des 17. Jahrhunderts etwa fand der sogenannte Zauberer-Jackel-Prozess statt, ein Hexenprozess, der sich sehr stark von anderen dieser Zeit unterscheidet. Damals versuchte der Erzbischof, sich der bettelnden und vagierenden Menschen zu entledigen, indem er sie verfolgte. Wenig rühmlich war auch die Protestanten-Ausweisung in den Jahren 1731 und 1732, bei der rund 20.000 Menschen aus dem Innergebirg Salzburg verlassen mussten. In ganz Europa blickte man damals kritisch auf Salzburg und die Folgen für die aufgenommenen Gebiete, die als „Salzburger Exulanten“ bekannt wurden. Erst mit der Eisenbahn ab 1860, der Anbindung an große Zentren, der Stadterweiterung und der Regulierung der Salzach begann in Salzburg der Aufbruch in die Moderne. Die Jahrhundertwende brachte einen großen Modernisierungsschub. Doch es folgten erneut Zäsuren: Der Erste Weltkrieg, die Zwischenkriegszeit und vor allem die NS-Zeit, die Österreich und Deutschland tief geprägt hat – auch in unseren Denkmustern und Haltungen bis heute.
Den Sonntagstalk auf SALZBURG24 gibt's jede Woche. Am kommenden Sonntag ist Biologe und Bestäubungsökologe Martin Schlager zu Gast bei Thomas Pfeifer. Sie sprechen über die Rolle der Insekten im heimischen Ökosystem und was jede:r von uns tun kann, um die Artenvielfalt zu erhalten. Einfach reinhören!
Habt ihr Vorschläge für Interviewpartner:innen? Dann meldet euch einfach unter redaktion@salzburg24.at. Wir freuen uns über eure Inputs!
(Quelle: salzburg24)