Flachgau

Bergsturz löste vor mehr als 100 Jahren Mini-Tsunami am Wolfgangsee aus

Veröffentlicht: 07. Februar 2018 10:29 Uhr
Warum vor mehr als hundert Jahren ein ganzes Waldstück im Wolfgangsee ertrank, wie hohe Wellen im Ping-Pong-Spiel die Ufer verwüsteten, warum ein Lokführer durch einen Felssturz zum tragischen Helden wurde und warum man in der Kalten Kuchl keinen Imbiss erwarten sollte, verrät dieser "Salzburger Grenzfall".
Jacqueline Winkler

Der Legende nach hatte der Teufel seine Hände im Spiel und setzte Felsen ringsum in Bewegung, um den Heiligen Wolfgang zu zerquetschen. Der heilige Held stemmte jedoch Rücken und Hände gegen die stürzenden Felsblöcke, die wie Wachs nachgaben.

Geologische Störung bei Straßenbau angeschnitten

Weitaus weltlicher ist die Erklärung des Landesgeologen Rainer Braunstingl: "Entlang der südwestlichen Uferlinie am Wolfgangsee verläuft eine beträchtliche geologische Störung an einer Bruchzone zwischen Flyschzone und Kalkalpen. Beim Ausbau der Wolfgangsee Bundesstraße Ende der 1960er Jahre wurde die Störung mehrfach angeschnitten und erfordert aufwändige Schutzbauten am Berghang."

Die Gleise der Ischlerbahn wurden in den Wolfgangsee gespült. Foto: Sammlung Heinz Harrer Salzburg24
Die Gleise der Ischlerbahn wurden in den Wolfgangsee gespült. Foto: Sammlung Heinz Harrer

Gewaltiger Felssturz mit nassen Folgen am Wolfgangsee

Klar in Zeitungsberichten belegt und der örtlichen Erinnerung noch präsent ist ein gewaltiger Bergsturz am 2. April 1907, der beim damaligen Sommerfrischehotel Lueg ein großes Stück Jungwald von der Gamswand in den Wolfgangsee beförderte. Meterhoch türmten sich die Erd- und Steinmassen auf der Trasse der damaligen Reichsstraße und der Ischlerbahn, von der 100 Meter Gleise im See verschwanden. Augenzeugen berichteten, dass die Seeoberfläche zehn bis 18 Meter zurückwich. Angesichts der gewaltigen Naturkräfte, die viele St. Gilgener anfangs für ein Erdbeben hielten, kamen glücklicherweise keine Personen zu Schaden.

"Mini-Tsunami" reichte 220 Meter landeinwärts

Die ausgelöste Flutwelle im See blieb nicht ohne Folgen: Knapp zwei Kilometer entfernt gingen auf der Veranda des Gasthauses Fürberg Scheiben zu Bruch, als die aufgepeitschten Wassermassen das gegenüberliegende Seeufer erreichten und bis zu 220 Meter landeinwärts vordrangen. Doch damit nicht genug: Die Rückwelle richtete sich bei Lueg bis zu acht Meter auf und riss einige für den eben aufkeimenden Fremdenverkehr aufgestellte Badehütten um. Zuggäste mussten für einige Monate auf die Wolfgangseedampfer und Plätten als Schienenersatzverkehr umsteigen.

Die großen Wellen richteten beim Gasthof Fürberg beträchtlichen Schaden an. Foto: Familie Ebner/Fürberg GmbH & Co KG Salzburg24
Die großen Wellen richteten beim Gasthof Fürberg beträchtlichen Schaden an. Foto: Familie Ebner/Fürberg GmbH & Co KG

Ertrunkener Bergwald "Tummelplatz für Fische"

Fürberg-Besitzer Bernhard Ebner kann die unter Einheimischen als "Orutsch" bekannte Stelle im See heute noch gut ausmachen, wenn er im Fischerboot unterwegs ist: "Im klaren Wolfgangseewasser ist der ertrunkene Bergwald ein beliebter Tummelplatz für die Fische, unter der Wasseroberfläche stehen die Bäume kreuz und quer", so Ebner, zu dessen Leidwesen sich die Fischernetze gelegentlich im Geäst verfangen.

Lok der Ischlerbahn 60 Meter abgestürzt

Etwas mehr als vier Jahrzehnte später sorgte ein Felssturz auf der oberösterreichischen Seite der Scharflinger Höhe für zwei Todesopfer. Der Mitternachtszug der Ischlerbahn stieß unmittelbar nach einer Tunnelausfahrt in eine kurz zuvor abgegangene Felslawine, die die Schienen weggerissen hatte. Die  Lok stürzte dabei mehr als 60 Meter den Abhang hinunter. Heizer und Lokführer starben dabei, der tote Lokführer wurde mit verkrampfter Hand am Bremshebel  gefunden. Er hatte versucht, eine schlimmere Katastrophe zu verhindern. Die Fahrgäste in den auf den Gleisen verbliebenen Waggons kamen mit dem Schrecken davon.

Für den Lokführer und seinen Heizer kam jede Hilfe zu spät. Foto: Sammlung Helmut Fritz Salzburg24
Für den Lokführer und seinen Heizer kam jede Hilfe zu spät. Foto: Sammlung Helmut Fritz

Bröckelnder Aussichtsfels als Kletter-Dorado

Unruhe im Fels hat auch dem Plombergstein, von dessen Gipfel sich nördlich von St. Gilgen ein prächtiger Blick über den See eröffnet, seine steilen, bei Kletterern begehrten Wände beschert. An seinem Fuß haben die herabgestürzten Brocken ein bizarres Labyrinth geformt. Dort, wo im Halbdunkel unter Felsblöcken die Luft ganzjährig kühl und feucht ist, lädt die "Kalte Kuchl" mehr zu abenteuerlichem Entdecken als zur Jausenrast ein.

 

(Quelle: salzburg24)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken