Schon seit Jahren ringen die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) um den Neubau der Bahnstrecke im Flachgau auf einer Länge von 21,5 Kilometern. Herzstück soll der sogenannte Flachgauertunnel werden. Dieser allein nimmt 16,2 Kilometer der Strecke in Anspruch. Wo sich die Trasse heute bei Köstendorf in einem Bogen Richtung Wallersee dreht, wird die Neubaustrecke gerade weiterlaufen und in zwei einröhrigen Tunneln das Gemeindegebiet von Köstendorf, Seekirchen, Elixhausen und Hallwang unterfahren. In Salzburg-Kasern kommen beide Strecken wieder zusammen. So zumindest der Plan.
Wie werden die Anwohner:innen geschützt?
Was passiert mit geschützten Tieren?
Was ist mit dem Trinkwasser der Riedelwaldquellplatte?
Kommt es zu einer erhöhten Radioaktivität?
Bahntunnel stoßen weiterhin auf Ablehnung
Nachdem ein erster Versuch im Jahr 2018 gescheitert war, wurden mit Jahreswechsel nun die angepassten Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eingereicht und sind nun öffentlich einsehbar. Ein Abtransport des Ausbruchmaterials ist jetzt – soweit möglich – per Bahn vorgesehen. Außerdem wird die Fischach unterquert. Doch noch immer sind einige Anwohnerinnen und Anwohner skeptisch. „Warum zwei Sinnlostunnel in Köstendorf?“ fragen sich die Betroffenen, die nun zwei Bürgerinitiativen gründen wollen. „Diese gab es schon im Jahr 2018. Weil es sich aber um ein neues Verfahren handelt, sind diese nicht mehr gültig“, führt Thomas Neff im SALZBURG24-Gespräch aus. Er ist Teil von „Bahntunnel Flachgau betroffene Bürger“. Man wolle mit der zweiten Initiative „Verträglicher Bahntunnel Flachgau“ eng zusammenarbeiten.
Da die Unterlagen rund 8.000 Seiten umfassen, wolle man sich die Arbeit aufteilen. Neff sei etwa spezialisiert auf Radioaktivität sowie die Tier- und Pflanzenwelt. Damit Einwendungen gemacht werden können und Parteistellung erreicht wird, sind je mindestens 200 Unterschriften nötig. Man wolle aber 300 erreichen, um abgesichert zu sein, sollten einige Stimmen ungültig sein.
Kritiker:innen für vierspurigen Ausbau
Die Kritikerinnen und Kritiker seien nicht per se gegen den Streckenausbau, betont Neff. Jedoch sprechen sie sich dafür aus, die Bestandsstrecke vierspurig auszubauen und dort, wo es unbedingt nötig ist, kürzere Tunnelabschnitte mit Einhausungen zu errichten. „80 Prozent der bestehenden Strecke könnte man vernünftig vierspurig ausbauen. Die zwei zusätzlichen Gleise sind vor allem für den Nahverkehr wichtig“, meint er.
Zudem befürchten die Tunnel-Gegner:innen, dass radioaktives Material und weitere giftige Stoffe durch den Aushub an die Oberfläche gebracht werden könnten. Auch das Trinkwasser von „mindestens 40.000 Menschen und mindestens 100.000 Tieren“ sehen sie durch die Bauarbeiten „massiv in Gefahr.“ Und für geschützte Tierarten wie Grubenlaufkäfer oder Fledermäuse orten die Kritiker:innen Bedrohungen. Diese Befürchtungen würden zwar auch dann zutreffen, wenn die Strecke wie gewünscht vierspurig ausgebaut wird. Aber: „Dann wäre es wenigstens nicht sinnlos, weil eine Schnellspur entstehen würde. Denn Güterzüge könnten durch die langen Tunnel nicht fahren und für den Nahverkehr kommt das auch nicht in Frage, weil man ja nicht einsteigen kann“, argumentiert Neff.
Und was sagen die ÖBB dazu?
Die ÖBB halten bisher weiter an ihren Plänen fest. Die wichtigsten Fragen und Antworten haben wir hier für euch aufgelistet.
„Weil nach der Fertigstellung die schnellen Fernverkehrszüge ungehindert und in höherer Geschwindigkeit auf der Neubaustrecke im Tunnel durchfahren können, ist auf der ‚alten‘ Bestandsstrecke über Seekirchen ein dichteres Angebot an Nahverkehrszügen möglich“, heißt es. Somit würden sowohl Pendlerinnen und Pendler aus dem Flachgau als auch Fahrgäste im nationalen und internationalen Fernverkehr profitieren. Die Fahrzeit soll sich um fünf Minuten verkürzen. Darüber hinaus nütze das größere Platzangebot auf der Schiene dem Güterverkehr. Das mache die Schiene im Vergleich zur Straße konkurrenzfähiger.
Wie werden die Anwohner:innen geschützt?
Sowohl in der Bauphase, als auch später während des laufenden Bahnbetriebs sei der Schutz der Anrainerinnen und Anrainer ein wesentlicher Inhalt der Planungen, beruhigen die ÖBB. Belastungen durch die Baustelle – etwa Lärm oder Staub – würden detailliert abgeleitet und die frühestmögliche Errichtung von entsprechenden Schutzmaßnahmen wie Lärmschutzwände geplant. Auch der Hochwasserschutz werde umfassend betrachtet.
Was passiert mit geschützten Tieren?
Sämtliche Unterlagen seien auf Basis von sorgfältigen Untersuchungen erstellt worden. Die Grubenlaufkäfervorkommen sowie die Fledermauspopulationen seien den ÖBB bekannt. Maßnahmen zur Schaffung artgerechter Ersatzlebensräume seien in den eingereichten Plänen berücksichtigt worden.
Was ist mit dem Trinkwasser der Riedelwaldquellplatte?
Eine funktionierende Wasserversorgung für die Bevölkerung, die Landwirtschaft und die Baustelle selbst gehöre zu den wesentlichsten Eckpfeilern des Vorhabens. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung prüfen von der Behörde bestellte Sachverständige allfällige Auswirkungen des Projekts auf das Schutzgut Wasser. Das Baukonzept für den Flachgauertunnel sei auf der Grundlage langjähriger und intensiver Untersuchungen, unter anderem durch ein dichtes Netz an Probebohrungen, entwickelt worden. Dabei werde der Schutz der Trinkwasserquellen und des Wasserschongebietes der Riedelwaldquellplatte berücksichtigt. Durch eine gesicherte Tunnelführung im nur gering wasserführenden Gesteinsmaterial komme es deshalb nach menschlichem Ermessen zu keinen projektbedingten Auswirkungen auf kommunal oder genossenschaftlich organisierte Wasserversorger, betonen die ÖBB.
Kommt es zu einer erhöhten Radioaktivität?
Die von den ÖBB beauftragten Geologen seien zum Schluss gekommen, dass es aufgrund der Bauarbeiten zu keiner Erhöhung der vorhandenen, natürlichen Radioaktivität und damit zu keiner erhöhten Belastung für die Region kommen werde. Dies sei bereits in den im Jahr 2018 eingereichten Unterlagen zur Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) abgebildet gewesen und in den aktuellen UVE-Unterlagen bestätigt worden.
Geplanter Ablauf für Neubaustrecke im Flachgau
- 2018: Einreichung der Umweltverträglichkeitserklärung (UVE)
- Aktueller Status: Vertiefte Planung parallel zur Überarbeitung der UVE-Planung
- Ende 2023/Anfang 2024: Geplante Einreichung der Unterlagen aus der überarbeiteten UVE-Planung und der vertieften Planung bei den zuständigen Behörden
- 2027: Möglicher Baubeginn
- 2040: Mögliche Inbetriebnahme
Die Gesamtinvestitionskosten für das Großvorhaben betragen vorausvalorisiert rund 3,7 Mrd. Euro. Ob die beiden Bürgerinitiativen an den Plänen für die Neubaustrecke im Flachgau inklusive der beiden Bahntunnel etwas ändern können, wird sich zeigen.
(Quelle: salzburg24)