Brigitte Sebald vom Verein Salzburg Guide Service ist seit mittlerweile über 40 Jahren als staatlich geprüfte Fremdenführerin in und um die Landeshauptstadt tätig. Unzähligen Touristinnen und Touristen hat sie bereits die entlegensten Ecken der Salzburger Altstadt gezeigt. Noch immer hat Sebald große Freude an ihrem Beruf – auch wenn es in den vergangenen Jahren eine "negative Veränderung" gegeben habe.
Im Sonntagstalk mit SALZBURG24 gibt Brigitte Sebald Einblicke in ihre Arbeit, zeigt Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit auf und formuliert konkrete Wünsche an die Stadtpolitik.
Sonntagstalk mit Brigitte Sebald: Auszug zum Nachlesen
SALZBURG24: Was macht den Beruf der Fremdenführerin so besonders?
BRIGITTE SEBALD: Zum einen, dass ich meine Hobbys Geschichte und Kunstgeschichte als Beruf ausleben kann, dass ich nie auslerne, dass ich ständig was dazu lerne, dass ich von Gästen einfach verschiedene Blickwinkel bekomme, aus denen sie die Stadt sehen und wofür sie Interesse haben und dadurch Dinge nachschaue, mit denen ich mich früher vielleicht nie beschäftigt hätte.
Die Stadt ist einfach ein Wahnsinn. Ich sage immer, es ist eine Stadt der Einblicke, der Ausblicke und der Durchblicke. Es ist eine dermaßen schöne Stadt und ich habe gern mit Menschen zu tun. Ich bin sehr offen und gehe gern auf Menschen zu und das spüren die Gäste auch.
Wie hat sich der Stadttourismus in den letzten Jahrzehnten verändert?
Also ich persönlich habe das Gefühl, dass es in vielerlei Hinsicht doch eine etwas negative Veränderung gegeben hat. Zum einen habe ich das Gefühl, dass wir als Kolleginnen und Kollegen früher eine viel eingeschworenere Gemeinschaft waren. Wir waren unwahrscheinliche Idealisten, wir haben uns Dinge erarbeitet, wir sind gemeinsam irgendwohin hingefahren. Es ist heute schon generell die Tendenz, dass man sich nicht so hineinkniet beziehungsweise nicht bereit ist, eine halbe Stunde länger zu führen, weil die Gruppe halt gerade interessiert ist. Und das sind Dinge, die mich ein bisschen traurig stimmen.
Und was die Stadt betrifft: In den letzten Jahren vor Corona haben uns asiatische Gruppen wirklich das Leben zur Hölle gemacht. Also mir persönlich schon, nämlich in Form eines rücksichtslosen, sehr rüpelhaften Benehmens. Ich versuche mich immer irgendwo auf die Seite zu stellen, dass ich zum einen die Salzburger nicht störe, weil ich versuche schon immer gutes Einvernehmen auch mit der Bevölkerung zu haben. Und auch weil ich in Ruhe erklären möchte. Selbst in ruhigen Ecken sind sie durchgelaufen durch meine Gruppen, haben laut rundherum geschrien und was sie im Dom alles aufgeführt haben, darüber möchte ich gar nicht reden. Ich war 2019 so weit, dass ich gesagt habe, wenn das so weitergeht, dann lasse ich es, dann übe ich den Beruf nicht mehr aus, weil das ist mir einfach zu viel.
Was halten Sie von der diskutierten Eintrittsgebühr für die Altstadt oder der Auflassung eines Reisebus-Terminals?
Ich glaube, dass eine Eintrittsgebühr wie in Venedig keinen Menschen abschreckt. Was die Reisebusse betrifft, bin ich naturgemäß nicht der Meinung, dass man die an den Rand verbannen soll. Wir hatten dieses Shuttle-System schon einmal vor ca. 20 Jahren und das ist mit Bomben und Granaten gescheitert. Und es ist für mich absolut sinnlos, dass Gäste von einem Bus in den anderen umsteigen. Also ich muss ehrlich sagen, ich verstehe den Sinn nicht. Und das haben die früheren Stadtpolitiker schon sehr wohl gesehen, dass es nicht die Reisebusse sind, die den Verkehr blockieren, sondern es sind die Individualgäste. Eine Familie hat es dort zehnmal leichter, wenn sie draußen stehen bleibt und dann in einen Shuttlebus steigt und gemütlich durch die Stadt spaziert. Dieses Ticket ist ja wirklich nicht teuer, wenn ich für fünf Euro das Auto da draußen habe auf einem überwachten Parkplatz und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln hereinfahren kann. Das macht Sinn. Ich glaube, dass dieses System mit den Timeslots eigentlich ein gutes System ist. Und das müsste man halt doch ein bisschen stärker kontrollieren.
Gibt es eigentlich noch eine Zeit in Salzburg, wo wirklich wenig los ist?
So richtig wenig los ist am ehesten in den ersten drei Monaten des Jahres, weil da haben wir Skiurlauber, die, wenn kein Schnee oder der Schnee schlecht ist, einmal einen Tag kommen. Aber da ist es wirklich relativ ruhig, wobei für uns die Mozartwoche schon auch wieder Publikum bringt, die wir gerne führen. Aber ich muss auch sagen, jetzt gerade jetzt in der Festspielzeit, es ist so schön, am Abend durch die Stadt zu gehen. Und wenn man die Stadt kennt, dann kann man auch immer wieder in die Stille abtauchen. Aber da muss man halt die Stadt ein bisschen kennen. Und ich finde das Flair zur Festspielzeit sehr schön. Also ich genieße es.
Den Sonntagstalk auf SALZBURG24 gibt's jede Woche. Nächste Woche ist Andreas Hörlsberger vom Verein Mountainbike Salzburg bei uns zu Gast – einfach reinhören!
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(Quelle: salzburg24)