Van der Bellen, der im Wahlkampf auch Unterstützung von SPÖ, NEOS und ehemaligen ÖVP-Granden erhalten hatte, schloss am Montag eine fulminante Aufholjagd erfolgreich ab. Knapp 14 Prozentpunkte hatte er nach dem ersten Wahlgang Rückstand auf seinen freiheitlichen Kontrahenten Norbert Hofer, mit Hilfe der Briefwähler gelang das Projekt.
Denn bei ihnen erreichte Van der Bellen fast 62 Prozent, womit er sich mit dem knappstem Wahlsieg der Zweiten Republik das höchste Amt im Staat sicherte. 31.026 Stimmen trennten die beiden Kontrahenten. Der Grüne erzielte letztendlich in allen Landeshauptstädten die Mehrheit. Schwacher Trost für Hofer ist, dass er mit Niederösterreich, der Steiermark, Kärnten, dem Burgenland und Salzburg die Mehrheit der Bundesländer hinter sich brachte.
Hofer gab Niederlage via Facebook bekannt
Der Freiheitliche, der noch am Wahlabend einen deutlichen Vorsprung auf Van der Bellen aufgewiesen hatte, zeigte sich in einer ersten schriftlichen Reaktion "traurig". Der Einsatz für den Wahlkampf sei aber "nicht verloren sondern eine Investition in die Zukunft". FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache glaubt, dass die FPÖ trotz der heutigen Niederlage bereits eine Wende in der österreichischen Politik eingeleitet habe. Ob man es mit einer Anfechtung der Wahl versucht, entscheiden die Freiheitlichen am Dienstag in einem Vorstand.
Schon morgen Besprechung mit Heinz Fischer
Eine erste Besprechung mit seinem Nachfolger hat Fischer bereits für morgen angesetzt. Mittwoch ist dann Hofer, dem er ebenfalls Respekt zollte, in die Hofburg geladen.
Froh ist man auch im Bundeskanzleramt über das neue Staatsoberhaupt. Regierungschef Christian Kern (SPÖ), der seine Stimme für Van der Bellen öffentlich gemacht hatte, betonte, dass die Regierung in ihm einen Partner wisse, der pro-europäisch und weltoffen sei sowie für eine Politik stehe, die Chancen in der Vordergrund stelle und nicht die Ängste bediene. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hob besonders die Funktion des Präsidenten als "Türöffner für die Wirtschaft" hervor, wo er keine Probleme mit dem neuen Staatsoberhaupt erwartet. Freudig auf den neuen Präsidenten wartet auch NEOS-Obmann Matthias Strolz, während das Team Stronach enttäuscht vom Ausgang war.
Internationale Reaktionen positiv
International waren die Reaktionen praktisch durchgehend positiv. So meinte etwa der französische Premier Manuel Valls, erleichtert zu sein, dass die Österreicher den Populismus und den Extremismus zurückgewiesen hätten. Deutschlands Staatsoberhaupt Joachim Gauck freute sich, dass ein überzeugter Europäer ins Amt komme, den er bald in Berlin empfangen wolle.
Ersten Worte des künftigen Bundespräsidenten
Van der Bellen selbst richtete seine erste Rede als designierter Bundespräsident, die er im Garten des Wiener Palais Schönburg abgab, betont versöhnlich aus. Das knappe Ergebnis sei ein Symbol für die zwei Hälften, die Österreich ausmachten: "Gemeinsam ergeben wir dieses schöne Österreich." Regierung und Parlament versicherte Van der Bellen, ein konstruktiver Partner sein zu wollen. Seine Grüne Parteimitgliedschaft stellt das künftige Staatsoberhaupt ruhend.
Politisierung statt Polarisierung in Österreich
In seiner Rede ging er auf die oft genannten Gräben ein, die in Österreich angesichts der Präsidentschaftswahl aufgebrochen seien. Er wolle nicht, dass diese dramatisiert würden. Teils hätten sie schon länger bestanden, vielleicht habe man nur nicht genau hingesehen. Zuletzt sei aber auch viel mehr miteinander geredet worden im Lande. Das Augenmerk sollte daher weniger der Polarisierung, sondern eher der Politisierung gelten. "Das ist doch gut, das ist ein schönes Zeichen."
"Die eine Hälfte ist so wichtig wie die andere"
Angesichts von Trennungslinien wollte der gewählte Bundespräsident eher einen Gleichstand sehen. "Die eine Hälfte ist so wichtig wie die andere", meinte er, "und gemeinsam ergeben wir dieses schöne Österreich."
Nun warte viel Arbeit auf ihn. Viele Menschen fühlten sich offensichtlich zu wenig gesehen und gehört. Man werde eine andere Kultur, eine andere Gesprächskultur brauchen, und eine Politik, die sich nicht mit sich selbst, sondern mit realen Fragen, auch dem Zorn in diesem Land, auseinandersetzt.
Van der Bellen legt Mitgliedschaft bei den Grünen auf Eis
"Ich werde selbstverständlich ein überparteilicher Bundespräsident sein für alle Österreicher, für alle Menschen im Land." Er werde ausschließlich nach bestem Wissen und Gewissen handeln "und das Wohl Österreichs als höchste Handlungsmaxime betrachten".
(APA)
Links zu diesem Artikel:
- Liveticker zum Nachlesen
Bildergalerien
Bildergalerien
(Quelle: salzburg24)