Das Urteil wird voraussichtlich mit zweitägiger Verspätung am Donnerstag im Landesgericht Ried im Innkreis gesprochen.
10.000 Seiten Akten und 50 Stunden Video
Das Programm für den Geschworenensenat war dicht. 10.000 Seiten Akten und über 50 Stunden Videoeinvernahmen mussten durchgeackert werden. Die Verteidigung legte zwei Videos vor, die Figueroa entlasten sollten und von einem Sachverständigen kurzfristig begutachtet werden mussten. Der Redefluss des Angeklagten, der stets im Anzug und mit einem Laptop unter dem Arm zur Verhandlung erschien, war streckenweise beachtlich - allerdings spanisch, was wiederum Zeit für Übersetzungen in Anspruch nahm. Auch einige Zeugen wurden nachgeladen, u.a. Vertreter der von der UNO in dem Fall eingesetzten Sonderkommission.
Tatort liegt 10.000 Kilometer entfernt
Der Tatort liegt rund 10.000 Kilometer entfernt, die politischen Hintergründe nachzuvollziehen dürfte für die Innviertler Geschworenen eine Herausforderung sein.
Schauplatz der Geschehnisse ist die Haftanstalt Pavon in Guatemala, die unter der Eigenverantwortung der rund 1.000 Gefangenen stand. Über Jahre war es dem Staat nicht gelungen, die Anlage wieder unter Kontrolle zu bekommen und die kriminellen Aktivitäten, die von dort aus getätigt wurden, zu unterbinden. Eine Mega-Aktion am 25. September 2006, an der Hunderte Sicherheitsleute beteiligt waren, sollte das ändern. Codename: "Pavo real" - das bedeutet übersetzt "Pfau", der nach Interpretation Figueroas aus dem "Pavo" (Truthahn) werden sollte, indem man die Häftlinge umsiedelt. Die so poetisch beschriebene Metamorphose endete allerdings mit sieben getöteten Häftlingen.
Gefangenen hätten Widerstand geleistet
Offiziell heißt es, dass die Gefangenen Widerstand geleistet hätten und im Gefecht mit den Einsatzkräften umgekommen seien. Laut Anklage soll aber eine Gruppe, zu der auch Figueroa gehört habe, einen Parallelplan geschmiedet haben, der vorsah, bestimmte Häftlinge gleich an Ort und Stelle zu exekutieren. Die Anklage beruft sich dabei auf Zeugenaussagen aus dem Sicherheitsapparat, aber auch auf ein gerichtsmedizinisches Gutachten und kriminalistische Untersuchungen.
Die Staatsanwaltschaft Ried stützt sich zudem auf die Ermittlungen der von der UNO eingesetzten Sonderkommission CICIG (Internationale Kommission gegen die Straffreiheit in Guatemala). In dem Land wurden sieben Leute in der Causa festgenommen, fünf davon - teilweise nach mehreren Jahren U-Haft - freigesprochen, weitere Prozesse könnten folgen. Gegen den ehemaligen Innenminister läuft ein Verfahren in Spanien, gegen den Ex-Polizeipräsidenten in der Schweiz.
Präsident Berger sagt für Figueroa aus
Auf die Geschworenen kommt nicht nur wegen des extrem umfangreichen Akts eine schwierige Aufgabe zu. Sie müssen auch über einen Vorfall urteilen, der aus österreichischer Perspektive schwer nachvollziehbar ist: Die Laienrichter hörten Schilderungen über Gefängnisse, zu denen Häftlinge die Schlüssel und Offizielle keinen Zutritt hatten, sowie über Korruption im Sicherheitsapparat und angebliche kriminelle Machenschaften in der Polizei. Wie weit hinauf der Fall seine Kreise zieht, lässt sich alleine daran ablesen, dass der frühere Staatspräsident Oscar Berger sich persönlich ins Innviertel bemühte, um für den Angeklagten auszusagen.
Figueroa: Gegen Korruption
Der studierte Mediziner Figueroa, der die Beteiligung an dem Komplott leugnet, war im guatemaltekischen Sicherheitsapparats rasch aufgestiegen und bekleidete das Amt eines Polizei-Subdirektors (davon gab es acht, Anm.). Er stand damit in der Hierarchie gleich hinter dem Innenminister und dem Polizeipräsidenten, der ein Schulfreund von ihm war und ihn in seine Behörde geholt hatte. Er selbst stellte sich im Prozess als Korruptionsjäger dar, der sich Feinde gemacht habe. In zumindest einer seiner Aussagen klang an, dass er Angst um seine Familie in Guatemala habe.
Letztendlich war der Prozess in Ried auch deshalb notwendig geworden, weil Österreich den Angeklagten zu seinem eigenen Schutz nicht ausliefern wollte. Die Geschworenen müssen sich nun eine Meinung dazu bilden, auf welcher Seite Figueroa stand. (APA)
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- Berger sagt im Prozess aus
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(Quelle: salzburg24)