Grenznah

Objekt 21-Prozess: Schlagabtausch im Gerichtssaal

Veröffentlicht: 24. Oktober 2013 17:00 Uhr
Der Wiederbetätigungs-Prozess rund um das rechtsextreme Netzwerk "Objekt 21" aus dem Bezirk Vöcklabruck könnte am Freitag im Landesgericht Wels zu Ende gehen. Am Donnerstag ist es zu einem verbalen Schlagabtausch zwischen einem der beiden Hauptangeklagten und einem Ermittler des Landesamtes für Verfassungsschutz gekommen.
Lilli Zeilinger

Noch am Donnerstag ist es zu einem verbalen Schlagabtausch zwischen einem der beiden Hauptangeklagten und einem Ermittler des Landesamtes für Verfassungsschutz gekommen. Die Staatsanwaltschaft hat für Freitag noch drei weitere Zeugen beantragt, das Gericht gab dem statt. Ein Urteil könnte dennoch noch am Freitagabend gesprochen werden.

Der Beamte schilderte, Ausgangspunkt der Ermittlungen seien Fotos gewesen. Darauf sei der 29-Jährige mit NS-Tätowierungen, u.a. einem Hakenkreuz zu sehen gewesen. Zudem habe man Aufnahmen vom Innenraum des Vereinslokals und dem Inventar gehabt. "Da war klar, das geht in die rechte Richtung."

Symbole der Waffen-SS tätowiert?

Der 29-jährige Angeklagte platzte im Lauf der Einvernahme heraus, er wolle nun auch etwas sagen. Er würde gerne wissen, wieso man ihn offenbar für das Mastermind der Gruppe halte. Der Ermittler blieb ruhig und erklärte, er habe mit dem Angeklagten bereits öfter einschlägig zu tun gehabt, das erste Mal bereits vor zehn Jahren. "Da brauche ich nur eins und eins zusammenzählen." Er wisse auch, dass der Mann alle 38 Symbole der Waffen-SS-Divisionen tätowiert habe, was der Angeklagte bestritt.

Dann wurde der Verfassungsschützer zur Aussage des zweiten Hauptangeklagten befragt, wonach die Polizei einmal vorbeigekommen sei, aber nichts beanstandet und sogar angeboten habe, bei künftigen Veranstaltungen den Verkehr zu regeln. Seine Antwort: "Das kann ich mir nicht vorstellen."

Die meisten bislang verhörten Zeugen stammten aus dem Umfeld der sieben Angeklagten. Sie schilderten weitgehend übereinstimmend die einschlägigen Wandmalereien und Liederabende, stellten aber politische Agitation des Vereins in Abrede. Einer berichtete, man habe die Polizei bei einer Hausdurchsuchung eine Stunde lang nicht hereingelassen und in der Zwischenzeit belastendes Material versteckt.

Polizei ausgesperrt – Nazi-Schmuck versteckt

Der Deutsche, der aus der rechten Szene kommt, aktuell nicht rechtskräftig verurteilt in Haft sitzt und schon einige Zeit in Gefängnissen zugebracht hat, gab tiefe Einblicke in die Welt des "Objekt 21". Als er aussagte, mussten die Angeklagten den Saal verlassen. Einer der Beschuldigten ließ daraufhin ein "Schämt er sich für seine Aussage?" vernehmen. Der Zeuge berichtete dann unter anderem von einer Hausdurchsuchung durch die Polizei: Demnach hätten die "Objekt-21"-Leute einfach die Türe zugesperrt und die Beamten eine Stunde lang nicht hereingelassen. In der Zwischenzeit seien die einschlägigen Dekoelemente hinter Wandpaneelen versteckt worden. Die Polizei habe, als man ihr dann Zutritt gewährte, nichts gefunden.

Runen-Tattoos kennzeichneten Hierarchie

Der Deutsche gab auch Details über Runen-Tattoos, die einige Angeklagte tragen, preis. Sie hätten das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt. An den Motiven sei abzulesen gewesen, wer welche Position innegehabt habe. So seien die Runen normalerweise schwarz gewesen, wenn Rot dabei war, sei der Betreffende höher in der Hierarchie gestanden. Die beiden Hauptangeklagten tragen derartige rote Motive. Einem von ihnen seien "Leute in den Arsch gekrochen, vermutlich ist es ihnen um Geld gegangen". Die Runen hätten nichts mit dem "Objekt 21" an sich zu tun, "das war vielmehr eine Art Bruderschaft". Man habe sich die Zeichen verdienen müssen. "Man musste kriminelle Sachen machen, beweisen, dass man bereit ist, für die Gruppe alles zu geben", erklärte er. Auf die Frage eines Verteidigers, ob es politische Agitation oder Werbeaktionen gegeben habe, antwortete er: "Die Gruppe hatte keine Kontakte zu anderen, aber Einzelne sehr wohl."

Die anderen Zeugen, die am Vormittag befragt wurden, schilderten ebenfalls übereinstimmend die Raumgestaltung mit einer "Schwarzen Sonne", germanischen Götterbildern - "das ist eine Glaubensrichtung", so einer der Befragten - und Nazisprüchen. Auch eine Geburtstagsfeier für Adolf Hitler und rechte Liederabende wurden bestätigt. Unter anderem soll ein einschlägiger Liedermacher, der nebenbei auch Nazidevotionalien verkauft habe, zu Gast gewesen sein.

"Alles für Deutschland!"

"Lasst euch nicht unterkriegen, alles für Deutschland!" - Diesen Spruch hat ein Zeuge am Donnerstag den sieben Angeklagten im Prozess um das rechtsextreme Netzwerk "Objekt 21" mitgegeben, bevor er wieder abgeführt wurde. Ein weiterer Befragter belastete vor allem einen der Hauptangeklagten massiv als jenen, der "alles dirigiert hat".

Im Zusammenhang mit dem "Objekt 21" steht auch ein kriminelles Rotlichtnetzwerk, dem zahlreiche Straftaten zugeordnet werden und bei dem es Überschneidungen mit dem rechten Verein geben soll. Ein Zeuge, der am Donnerstag in Abwesenheit der Angeklagten befragt wurde, hat bereits wegen diverser Delikte wie Einbruch, Raub oder der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sieben Jahre Haft ausgefasst.

Er belastete einen der Hauptangeklagten schwer. Dieser sei ein "Hassprediger", der immer versucht habe, Leute zu fangen. Er sei bei dem 29-Jährigen, den er in der Justizanstalt Suben kennengelernt habe, in der Schuld gestanden. Daraufhin habe ihn dieser in jeder Weise ausgenutzt. "Es ist nur ums Geldmachen gegangen." Auf die Frage, wie er ausgenutzt worden sei, antwortete er: "Für Straftaten. Ich war so blöd, darauf einzusteigen, jetzt hab ich sieben Jahre bekommen." Er sei zudem bedroht worden, bei seinem Wagen hätten eines Tages die Radmuttern gefehlt.

Rechter Liedermacher verhört

Als weiterer Zeuge wurde ein rechter Liedermacher gehört, der ebenfalls aus der U-Haft vorgeführt wurde. Dieser glaubte sich zu erinnern, ein oder zweimal im Lokal des "Objekt 21" aufgetreten zu sein. Als ihm Zeilen wie "Ich brauche keine Türken, keinen Islam, fremde Kultur passt mir nicht in den Kram" oder "Ein junges Volk steht auf, zum Sturm bereit" vorgehalten wurden, meinte er, es könne schon sein, dass er das vorgetragen habe. Er sei seit zehn oder 15 Jahren als Sänger in ganz Europa unterwegs, erklärte er stolz.

Nazi-Utensilien in Kiste gebunkert

Dann packte die Richterin eine Kiste aus, die im Wagen der beiden Hauptangeklagten gefunden worden war und die dem Zeugen gehören soll. Zum Vorschein kamen u.a. ein Bierkrug mit Hakenkreuz, Nazi-Armbinden, Rechtsrock-CDs und ein als Handy getarnter Elektroschocker, den er als "Scherzartikel" beschrieb. Es könne schon sein, dass Sachen teilweise ihm gehören, räumte er ein. "Da waren, glaub ich, auch ein paar schöne Fahnen drin", worauf die Richterin weitere NS-Devotionalien zutage förderte. Ob er die Dinge gerne wiederhätte? "Ich kann sie mir in meiner Zelle nicht aufhängen."

Auf die Frage des Staatsanwalts, ob sein Künstlername "Reichstrunkenbold" sei, wurde der Zeuge aber plötzlich wortkarg: "Dazu möchte ich keine Angaben machen." Beim Verlassen des Verhandlungssaales gab er sich dann wieder forsch und rief den Angeklagten zu: "Lasst euch nicht unterkriegen, alles für Deutschland!". (APA)

Links zu diesem Artikel:

  • Alle leugnen Wiederbetätigung

Bildergalerien

(Quelle: salzburg24)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken