Einen Anstieg der armutsgefährdeten Menschen um mehrere Prozent befürchtet die Salzburger Caritas. Schon jetzt müssten mehr als 70.000 Menschen – also jede:r Achte – „jeden Cent zweimal umdrehen“, schreibt die Organisation heute in einer Aussendung. Die Folgen der Teuerung würden in den Beratungseinrichtungen sichtbar: Allein von August auf September sei die Zahl der Menschen, die sich an die Caritas Sozialberatung wandten, um 35 Prozent gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr hätten bereits dreimal so viele Menschen zum ersten Mal um Unterstützung gebeten.
Die Sozialberatung der Caritas:
- 35 Prozent mehr Anfragen im Vergleichszeitraum August bis September 2022
- Verdreifachung der Erstkontakte im Jahresvergleich 2021-2022
- Zirka 11.000 Beratungen von Jänner bis September 2022, d.h. mehr als 1.200 monatlich
- 13 Prozent armutsgefährdete Menschen in Salzburg (etwa 70.000 Menschen)
Psychischer Druck bei Hilfesuchenden groß
Häufig sei der Grund, dass die Menschen zu wenig verdienen, um die unerwartet gestiegenen Kosten für etwa Energie bezahlen zu können. Darunter würden vor allem jene leiden, „die sich ohnehin bereits in schwierigen Lebenslagen befinden“. Die Teuerungen treffe einen besonders wunden Punkt: die eigene Existenzsicherung. „Wenn Essen, die Miete und das Heizen der Wohnung finanziell einfach nicht mehr zu stemmen sind, was bleibt diesen Menschen dann noch?“, fragt die Hilfsorganisation. „Der psychische Druck bei den betroffenen Menschen wird immer größer – oftmals brechen Menschen während der Beratung in Tränen aus“, berichtet Melanie Fritzer, Leiterin der Caritas-Sozialberatung, aus ihrer täglichen Arbeit.
Lebenskosten unerwartet gestiegen
„In allen existenziellen Bereichen steigt der Bedarf an Hilfe“, zeigt sich Johannes Dines, Direktor der Caritas Salzburg, besorgt. „Preise für Lebensmittel und Mieten sind um mehr als 10 Prozent gestiegen, Strom und Heizkosten um ein Mehrfaches.“ Ein Teil der Gesellschaft könne sich das Alltäglichste schlichtweg nicht mehr leisten und sei deshalb zu massiven Abstrichen bei Grundbedürfnissen wie Essen, Heizen oder bei der Unterstützung und Förderung der Kinder gezwungen. Schon jetzt säßen in jeder Volksschulklasse in Salzburg durchschnittlich drei Kinder, deren Eltern zum Beispiel keine Geburtstagsfeier machen können oder sich Schulsachen, Kleidung oder Weihnachtsgeschenke kaum leisten können.
Lage für Caritas-Direktor "alarmierend"
Die Caritas Salzburg rechnet damit, dass die Anzahl der armutsgefährdeten Salzburger:innen um mehrere Prozent ansteigen könnte. „Das ist alarmierend“, findet Dines. Er bittet deshalb „all jene, die nicht jeden Euro umdrehen müssen“, um Zusammenhalt: „Es gilt, sowohl bestehende Armut zu bekämpfen als auch neue Armut zu verhindern. Denken wir an den heiligen Martin, der seinen Mantel geteilt hat. Schauen wir aufeinander!“
"Armut wird weiter steigen"
Die Hilfsorganisation geht nicht davon aus, dass sich die Steigerung an Menschen in Not ansatzweise umkehrt. Im Gegenteil: „Die Armut wird weiter steigen und man wird beobachten müssen, wie die Maßnahmen der Regierung wirken“, sagt Torsten Bichler, Leiter des Fachbereichs Soziale Arbeit in der Caritas Salzburg. Mehrere Gruppen von Menschen seien durch die Teuerungen betroffen. „Zum einen diejenigen, die bisher schon zu wenig zum Leben hatten – sie werden regelrecht von der Preislawine überrollt“, so Bichler. Dazu kämen nun aber mehr und mehr Menschen, die an ihr finanzielles Limit gerieten. Sie stünden zwar im Arbeitsleben, würden aber zu wenig verdienen, um Geld zurücklegen zu können. „Sie können die Mehrkosten und Nachzahlungen kaum stemmen.“ Im August sei spürbar gewesen, dass der Klimabonus wirkt, „als Einmalzahlung jedoch nur für ein oder zwei Monate“. Denn die laufenden Kosten seien schließlich jeden Monat zu bezahlen.
Die Sozialberatung der Caritas Salzburg
Die Sozialberatung der Caritas Salzburg richtet sich an jene Menschen, die Unterstützung benötigen, um die aktuelle Krise zu bewältigen. „In Beratungsgesprächen klären wir zuerst die persönliche Situation unserer Klient:innen“, erklärt Fritzer ihre Arbeit. „Wir machen eine Haushaltsrechnung mit Einnahmen und Fixkosten und prüfen, ob es Anspruch auf Unterstützungsleistungen gibt.“ Danach werden gemeinsam weiteren Schritte erarbeitet. „Das wichtigste Ziel der Sozialberatung ist, unseren Klient:innen einen selbstständigen Weg aufzuzeigen und diesen unterstützend zu begleiten.“ Je nach Notwendigkeit leistet die Caritas in Akutsituationen Soforthilfe und hilft mit Kleidungs- oder Essensgutscheinen, Weihnachtspaketen für Kinder, Bildungs- und Heizkostenzuschüssen und Schulstarthilfe.
(Quelle: salzburg24)