Kurz nach 9 Uhr war an diesem Novembersamstag im talseitigen Führerhaus der Zuggarnitur im Heizstrahler Feuer ausgebrochen. Eine Hydraulikleitung zerriss wegen der Hitze, das ausrinnende Öl entfachte den Brand explosionsartig, und durch die Kaminwirkung im Tunnel breiteten sich die Flammen blitzschnell auf die komplette Seilbahngarnitur aus. Zwölf Menschen, die sich aus dem Zug befreien konnten und geistesgegenwärtig nach unten liefen, überlebten, für alle anderen gab es keine Rettung mehr.
Dramatischstes Ereignis der Ortsgeschichte
"Das, was geschehen ist, tut uns unendlich leid", erklärte der damalige Bürgermeister und heutige Vorstand der Gletscherbahnen, Norbert Karlsböck. Für ihn sei der Brandunfall das dramatischste Ereignis der Ortsgeschichte, so Karlsböck. "Der 11. November ruft das tragische Ereignis für alle Angehörigen, Überlebenden, Mitarbeiter und Gemeindebürger wieder in schmerzhafte Erinnerung. Es ist ein Tag der Trauer und des Gedenkens. Wir bitten alle Betroffenen aus ganzem Herzen um Verzeihung."
Rund 1.000 Helfer strömten nach Kaprun. Für die zahlreichen Angehörigen wurde ein Krisenzentrum eingerichtet, wo diese psychologische Betreuung bekamen. Auch viele Helfer benötigten in der Folge selbst professionelle Begleitung, um die unfassbaren Eindrücke dieser Katastrophe verarbeiten zu können.
Seilbahn-Katastrophe veränderte Kaprun
Für den damaligen Landeshauptmann Franz Schausberger (ÖVP), der den Großeinsatz in Kaprun geleitet hatte, war es "sicher die größte emotionale und organisatorische Herausforderung in meiner Zeit als Landeshauptmann", wie er erklärte. Auch Salzburgs aktueller Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) meldete sich zu Wort. "Die juristischen und technischen Folgen sind zwar aufgearbeitet, doch die Narben sind auch zwei Jahrzehnte danach noch immer vorhanden."

In dem Ort im Pinzgau war schlagartig nichts mehr so wie früher: Neben einer Riesenschar an Helfern von Feuerwehr, Rotem Kreuz, Krisenintervention und Polizei strömten auch an die 700 Journalisten nach Kaprun, und nicht alle gingen zimperlich vor bei der Suche nach "guten" Aussagen. Und auch wenn man heute in der Gemeinde wieder nach vorne blickt, sind dennoch die Wunden nicht ganz verheilt.
Kein Schuldiger beim Gerichtsprozess
Im Strafverfahren konnte die Justiz keine Schuldigen finden, alle 16 Beschuldigten wurden freigesprochen. Laut Urteil ist der Brand wegen eines Gebrechens im Heizlüfter ausgebrochen, durch eine Verkettung von unglücklichen Umständen sei es in der Folge zu dieser Katastrophe gekommen. Viele Hinterbliebene nahmen die Freisprüche mit Fassungslosigkeit auf und konnten nicht verstehen, dass es für ein solches Ereignis keine Schuldigen geben soll. Einige von ihnen bezweifelten das Ergebnis viele Jahre und kämpften um ein neues Verfahren.

Sie stützten sich dabei auf deutsche Gutachter, denen zufolge nicht ein Fehler im Heizlüfter das Unglück verursacht haben soll, sondern der unsachgemäße Einbau des Gerätes, das für eine Standseilbahn gar nicht geeignet sei. Mehrere Opferanwälte stellten im Vorfeld riesige Summen in Aussicht, letztlich waren aber häufig sie die Profiteure und nahmen den Hinterbliebenen zum Teil mehr als die Hälfte des Schmerzengeldes als Honorar ab.
Gottesdienst für die Hinterbliebenen
Zehn Jahre nach dem Unglück haben sich die Gletscherbahn-Verantwortlichen offiziell entschuldigt: "Mit anhaltender Trauer und Erschütterung bitten wir von den Gletscherbahnen Kaprun um Verzeihung." Die Katastrophe "geschah in unserem Betrieb, also unter unserer Verantwortung. Zu dieser Verantwortung bekennen wir uns", hieß es in einer Stellungnahme zum 10. Jahrestag.
Unweit der Seilbahn-Talstation steht heute zur Erinnerung an die Opfer eine Gedenkstätte. Dort sind am 20. Jahrestag, dem 11. November 2020, um 9 Uhr die Angehörigen zu einem ökumenischen Gottesdienst geladen. Die Gedenkfeier findet wegen der Corona-Pandemie im Freien statt und wird vom katholischen Generalvikar Roland Rasser sowie vom evangelischen Superintendenten Olivier Dantine geistlich begleitet.
Musikalisch umrahmt wird der Gottesdienst vom Ensemble Paris Lodron. Es handle sich um einen schlichten Gottesdienst für die Angehörigen, es seien keine "Offiziellen", keine Politiker und Regierungsvertreter geladen, hieß es aus dem Gemeindeamt auf APA-Anfrage. In der Gedenkstätte ist jedem Toten eine eigene Nische gewidmet. Viele wurden liebevoll dekoriert, mit Fotos, Sprüchen und persönlichen Erinnerungsstücken versehen.
(Quelle: apa)