BASE-Jumping nennt sich der Sport, den Salzmann seit bereits zehn Jahren ausübt. Anders als beim Fallschirmspringen springt man beim BASE-Jumping nicht aus Flugzeugen, sondern von fixen Objekten wie Felswänden oder Gebäuden. Eine weiterentwickelte Form des Sports stellt das Springen mit Flügelanzügen, sogenannten Wingsuits dar. Diese erlauben es den Athleten, mit einer Gleitzahl von etwa 3:1 enorme Strecken zurückzulegen und kommen damit dem Traum vom Fliegen am nächsten.
Der Pinzgauer Peter Salzmann ist bereits jahrelang im Sport tätig und kann auf nunmehr 800 BASE-Jumps und etwa 650 Fallschirmsprünge zurückblicken. Gemeinsam mit anderen ist er stets daran interessiert, die noch sehr junge Sportart weiterzuentwickeln. Uns hat er einen Einblick in seine Welt gegeben.
SALZBURG24: Peter, du bist Wingsuit-BASE-Jumper. Wie fühlt es sich an, den eigenen Körper entlang von Felswänden, über Wälder und Graslandschaften zu fliegen?
PETER SALZMANN: Für mich ist der Absprung eigentlich der spannendste Moment: Du stehst da oben, auf einem fixen Untergrund, und bist nur einen Schritt davon entfernt, zu fliegen. Dabei muss man sich maximal und im richtigen Winkel von der Felswand Abstoßen. Nach einer ganz kurzen Phase des Fallens merkt man dann, wie die Luft am Körper entlangströmt und man kommt ins Gleiten. Vom Fallen ins Fliegen überzugehen, da habe ich jedes Mal einfach einen fetten Grinser im Gesicht!
Was geht in dir vor, wenn du diesen einen Schritt vom Felsen machst und vom Mensch zum Vogel wirst?
Zuvor gehe ich nochmals alles genau durch. Mein Equipment, meine Gurte, die Visualisierung des bevorstehenden Sprungs – die ganze Checkliste wird eben abgearbeitet. Wenn mir da irgendetwas unterkommt, bei dem ich mir nicht sicher bin, dann stoppe ich sofort, gehe einen Schritt zurück und überprüfe nochmal alles. Wenn dann aber alles zu meiner Zufriedenheit gecheckt wurde, dann stelle ich mich an den Felsen und freue mich auf den bevorstehenden Flug.
BASE-Jumping ist aber natürlich auch ein gefährlicher Sport. Wie gehst du mit Angst und Gefahren um und wie lässt sich das Risiko minimieren?
Nachdem ich die gerade erwähnte Checklist abgearbeitet habe, rufe ich mir ins Gedächtnis, dass ich alle Vorbereitungen getroffen habe, die Bedingungen passen und ich weiß, dass ich diesen Sprung ordentlich ausführen kann. Ich denke dann auch nicht mehr viel darüber nach sondern bin einfach nur noch hoch konzentriert.
Das wichtigste aber, um das Risiko zu minimieren, ist eine reale Selbsteinschätzung. Abgesehen von den äußeren Einflüssen wie etwa der Wetterlage ist natürlich auch die eigene Verfassung entscheidend. Ist man entsprechend konzentriert und trainiert, um den Sprung umzusetzen? Wenn ich all diese Punkte mit Ja beantworten kann, erst dann habe ich ein gutes Gefühl und nur dann springe ich.
Neben der sportlichen Herausforderung stellt das BASE-Jumping offenbar auch hohe mentale Anforderungen an dich. Hat dich der Sport in irgendeiner Weise verändert?
Das glaube ich schon. Das zu erklären ist allerdings etwas schwierig, ich will es mal versuchen. Als BASE-Jumper weiß man, wie schnell alles vorbei sein kann. Dessen ist man sich stets bewusst. Kleinere Probleme im Alltag hingegen nimmt man dann viel gelassener.
BASE-Jumper werden häufig als lebensmüde Adrenalin-Junkies dargestellt. Was glaubst du, wie der Sport von außen wahrgenommen wird und was stört dich möglicherweise daran?
Eben, genau das. Die öffentliche Wahrnehmung des Sports ist oftmals „das sind doch lebensmüde Adrenalin-Junkies, die ihren täglichen Kick brauchen.“ Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Natürlich ist man gerade am Anfang nach den ersten Sprüngen richtig "geflasht". Aber es ist eigentlich wie bei jedem anderen Sport auch, ob nun Skifahren oder Mountainbiken. Mir geht es um die sportliche Herausforderung und das super Gefühl, das man dabei verspürt.
BASE-Jumping ist ein ständiges Risikominimieren, nicht ein bewusstes Suchen nach der Gefahr. Natürlich, ein gewisses Restrisiko bleibt immer bestehen. Ich kenne aber niemanden, der sich an den Felsen stellt und denkt „mal schauen ob das nun gut geht“. Man will den Sport ja weiterhin ausüben.
Viele BASE-Jumper suchen ihr Leben lang nach dem perfekten Sprung. Hast du ihn schon gefunden?
Zum Glück noch nicht. Das möchte ich mir auch immer offen halten, denn ich glaube, wenn man in dem Sport diesen einen Sprung gemacht hat, dann macht man vielleicht gar nicht mehr weiter. Ich habe natürlich schon meine Ziele im Sport, die ich erreichen will. Mir macht das Ganze aber so viel Spaß und ich möchte das unbedingt noch weiter machen. Ich setzte meine Ziele also sehr bewusst.
Ich habe da zum Beispiel seit einiger Zeit einen Sprung geplant, welcher der höchste und weiteste BASE-Jump in Österreich wird. Mehr kann ich dazu aber noch nicht sagen…
…dann musst du uns unbedingt Bescheid geben, wenn es soweit ist. Welche Anforderungen stellt der Sport grundsätzlich an einen, wenn man nun einen Sprung angeht, der noch nie zuvor gemacht wurde?
Sehr viele: Zuerst einmal muss einem die richtige Location unterkommen. Dann schaue ich mir grundsätzlich die Gegend auf Google Earth an und nutze ein Vermessungsprogramm, welches das Gelände bis auf zehn Meter genau darstellt. Daraufhin erstelle ich mir ein Profil vom Berg und dem geplanten Flug und gleiche das wiederum mit meinen zuvor gesammelten Flugdaten ab. Dabei macht es natürlich einen Unterschied, ob man von einer Südwand mit Thermik springt oder von einer Nordwand auf 3.000 Metern Höhe. Der letzte Schritt ist dann, zum Exit-Point (Absprungpunkt, Anm.) aufzusteigen und das Gelände mit einem Laser genau zu vermessen. Meistens stimmen da zwar die Laserdaten ziemlich genau mit den Daten aus dem Vermessungsprogramm überein, aber da will ich eben immer ganz sicher gehen.
Auf welche Erfolge kannst du im BASE-Jumping zurückblicken?
Ich habe 2012 beim Probase Race in Norwegen den dritten Platz im Tracking belegt. Außerdem war ich 2016 bei dem Event „Wings for Love“ in China. Sonst mache ich mir eigentlich nicht viel aus Bewerben. Mir geht es eher darum, Sprünge zu machen, die mir persönlich von Bedeutung sind. Etwa von Bergen zu springen, die ich schon als Bub gegangen bin. Da hängt einfach das Herzal dran (lacht).
Wingsuit-BASE-Jumping ist eine noch sehr junge Sportart. Lässt sich abschätzen, wie hier die Zukunft aussieht?
Also alleine wenn ich mir ansehe, wie sich der Sport in den letzten drei Jahren entwickelt hat, ist das schon schwer zu begreifen. Die Gleitleistung der Wingsuits wird sich stets weiter verbessern. Dazu kann man die Flügelfläche der Anzüge vergrößern oder sie grundsätzlich effizienter gestalten. Wenn ich mir denke, was ich aktuell für Ideen und Projekte habe, dann kann man sich gar nicht wirklich ausmalen, was noch alles möglich sein wird. Ich glaube aber, dass wir dem Fliegen an sich immer näher kommen werden. Auf jeden Fall aber werden wir künftig weit mehr Möglichkeiten haben, Flüge vom Felsen umzusetzen.
Klingt nach einer spannenden Zukunft. Was steht bei dir dieses Jahr noch an?
Voraussichtlich im Herbst wird ein Film veröffentlicht, in dem ein Freund und ich uns dem BASE-Jumping in Österreich annehmen. Dabei geht es weniger um waghalsige Stunts als vielmehr um das alpine Erlebnis und die Hintergründe. Kurzum, genau das, worauf es mir ankommt. Und wer weiß, vielleicht lässt sich ja tatsächlich noch der zuvor beschriebene Traum-Sprung umsetzen.
Dann sprechen wir uns wohl nochmals dieses Jahr. Peter, vielen Dank für das interessante Gespräch und alles Gute für die Zukunft!
Vielen Dank, sehr gerne!
Sonntags-Talk auf SALZBURG24
Wir veröffentlichen jeden Sonntag ein Interview mit besonderen Menschen aus Salzburg – egal ob prominent oder nicht. Wir freuen uns über eure Vorschläge an nicole.schuchter@salzburg24.at.
Bildergalerien
(Quelle: salzburg24)