Bei seiner Antrittspressekonferenz sprach Veit am Dienstag von einer "angespannten Lage" in der Hotellerie. Zum Jahresstart 2022 lag die Auslastung der Hotels laut einer Umfrage des ÖHV unter seinen Mitgliedern erneut deutlich unter dem Niveau in Vorkrisenzeiten. Waren es im Jänner 2019 vor der Corona-Krise noch 72 Prozent, so sind es heuer nur noch 34 Prozent.

SALZBURG24: Herr Veit, Sie sind seit Montag neuer Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung. Es gibt sicher angenehmere Zeitpunkte, um in ein solches Amt zu starten. Was steht zunächst auf Ihrer Agenda?
WALTER VEIT: Es ist absolut richtig, es gibt wirklich bessere Zeitpunkte, dieses Amt zu übernehmen und es hat mich auch noch kein Kollege darum beneidet, dass ich jetzt begonnen habe. Ich werde dort ansetzen, wo meine Vorgängerin (Michaela Reitterer, Anm.) aufgehört hat: Bei der Bewältigung der Corona-Krise und diese im Tourismus so abzufedern, dass unsere Betriebe überleben und die Menschen wieder halbwegs normal auf Urlaub fahren können.
Zuletzt gab es Wirbel um ein Apres-Ski-Lokal in Kitzbühel, wo in einem Video feiernde Gäste zu sehen sind. Wie sehr schaden solche Schlagzeilen der Hotellerie gerade jetzt?
Es ist uns am Montag noch ein Dokument in die Hände gelegt worden, dass das Nachbarhotel jenes betreffende Apres-Ski-Lokal in den vergangenen Wochen bereits sieben Mal bei der Polizei gemeldet und mitgeteilt hat, dass dort Apres-Ski-Partys stattfinden.
Es ist hier auch ein echtes Behördenversagen passiert: Dass diese nicht eingeschritten sind, ist mir unerklärlich.
Wie lassen sich solche Vorfälle verhindern?
Scheinbar gibt es einige wenige, unbelehrbare schwarze Schafe in der Branche. Da muss man die Konsequenzen ziehen und sagen: Es gibt keine wirtschaftlichen Unterstützungen, keine finanziellen Hilfen mehr und die, die sie bereits bekommen haben, müssen sie für den Zeitraum, wo sie sich nicht an die Regeln gehalten haben, zurückzahlen.
Die Sieben-Tage-Inzidenz in vielen Tourismusorten ist überdurchschnittlich hoch. Gibt es einen komplett sicheren Tourismus derzeit überhaupt?
Hundert Prozent sicher ist gar nichts, das wissen wir. Die Inzidenz-Zahlen muss man hinterfragen: Wenn ich in einem größeren Skiort 15.000 Gäste habe und breche die Inzidenz aber auf die 300 Einwohner herunter, werde ich immer auf horrende Zahlen kommen. Berücksichtige ich aber, dass der Ort mit 15.000 Gästebetten ausgelastet ist, schaut die Welt auch schon wieder ganz anders aus.
Braucht es aufgrund der hohen Zahlen mehr Quarantäne-Quartiere für positiv getestete Touristen? Wer ist da auf wen zugekommen? Die Politik auf die Hotellerie oder umgekehrt?
Das war wechselseitig. Darüber haben wir bereits zu Pandemie-Beginn Anfang 2020 gesprochen.
Unsere Gäste müssen ohnehin alle die 2-G-Regel erfüllen. Es gibt ganz wenige Fälle, die im Urlaub erkranken. 99 Prozent der Erkrankten haben dann sehr milde Symptome und können alleine nach Hause fahren. Für die ganz wenigen, die stärker erkranken, und die nirgends hinkönnen, sind diese Unterkünfte zur Verfügung gestellt worden. Ich bin dem Land Salzburg sehr dankbar, dass es diese Aufgabe so übernommen hat.
Sie betreiben das Hotel & Zirbenspa Enzian sowie die Mankei Alm. Wie geht es Ihren Betrieben derzeit?
Wir haben einen sehr zähen Jänner, aber das haben wir bereits vorher gewusst. Als im Herbst Deutschland Österreich zum Hochrisikogebiet eingestuft hat, haben alle Firmen abgesagt, mit der Begründung in einem Hochrisikogebiet kein Event veranstalten zu können. Daher mussten wir alles kostenlos stornieren.
Aufgrund des schönen Wetters und des Schnees kommen vereinzelt Privatbuchungen, worüber wir sehr glücklich sind. Das Wichtigste wäre, dass wir in der nächsten Woche nicht mehr vom deutschen Robert-Koch-Institut als Hochrisikogebiet eingestuft werden würden. Im Februar sind in Deutschland Ferien. Bleiben wir auf der Liste, müssten ungeimpfte Kinder aus Deutschland nach dem Urlaub bei uns fünf Tage zuhause in Quarantäne. Das würde niemand machen. Für uns würde das bedeuten, dass deutschen Familien als Urlauber ausbleiben würden.
Die Österreicher alleine reichen nicht, um unsere Hotels so zu füllen, dass sie wirtschaftlich erfolgreich geführt werden können.
Wie sieht es bei Ihren Mitarbeitern mit der Impfquote aus, wie generell in der Hotellerie?
Ich muss bedauern, dass ich im Haus auch keine hundertprozentige Impfquote habe. Laut einer Umfrage der Hoteliervereinigung hatten wir vor Weihnachten 80 bis 85 Prozent geimpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wenn wir in Österreich eine ähnliche Quote hätten, würde die Situation auch schon viel besser aussehen.
Einige Hotels stehen vor der Pleite oder haben bereits zugesperrt, andere haben die Corona-Pandemie zum Ausbau oder zur Renovierung genutzt. Wie erklären Sie sich diese Diskrepanz?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Stadthotelier die Pause genutzt hat, um eine größere Baumaßnahme zu beginnen, die er nicht schon vorher geplant hatte. Die Stadthotellerie liegt wirklich danieder und bis wieder Kongresse, Veranstaltungen oder der Städtetourismus – auch von Fernmärkten – ins Laufen kommen, wird es laut Experten bis Mitte 2024 dauern.
In der Ferienhotellerie hat man zwischen den Saisonen immer renoviert und gebaut. Jetzt war das Zeitfenster einfach größer, dazu gab es den finanziellen Anreiz mit der Investitionsprämie, die es für die ganze Wirtschaft gab.
Sie haben gesagt, dass sie davon ausgehen, der Städtetourismus würde sich erst 2024 wieder normalisieren. Wie kommen Sie darauf?
Die Welttourismusorganisation (UNWTO) hat das analysiert und kommt zu dieser Einschätzung. Stellen Sie sich vor: Wenn Sie in Wien einen großen Kongress mit bis zu 15.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern organisieren, kann man das nicht von heute auf morgen tun. Da braucht man eine Vorlaufzeit von mindestens zwei Jahren.
Aktuell sind fürs erste Quartal alle Veranstaltungen, auch kleinere wie ich gehört habe, abgesagt worden. Alle größeren Veranstaltungen sind storniert und noch nicht neu gebucht worden.
Wenn sich die Pandemie beruhigt und man für 2024 sicherer planen kann, dann wird das passieren. Aber erst in der letzten Hälfte des Jahres 2022. Das ist natürlich ein Drama für diese Häuser, die teilweise seit Mitte März geschlossen wurden und auf Fernmärkte wie Asien gesetzt haben und dort Verträge mit Reiseveranstaltern haben.
Was würde diese Prognose für eine Tourismushochburg wie Salzburg und vor allem die Stadt Salzburg bedeuten?
Das ist eine wahnsinnig schwierige Zeit für die Hoteliers in der Stadt Salzburg. Dort haben wir den Vorteil, dass wir die Salzburger Festspiele haben, die sich weltweit sehen lassen können.
Mittlerweile ist leider die Mozartwoche abgesagt worden, das war auch ein Strohhalm, an den sich viele geklammert haben. Ich hoffe, dass zumindest die Oster-, und Pfingstfestspiele sowie die Festspiele im Sommer normal oder unter gewissen Rahmenbedingungen stattfinden werden können und die Betriebe so auf eine vernünftige Auslastung kommen und sich so über die nächsten zwei Jahre retten können.
Wagen Sie einen Ausblick, wie es aus Sicht der Hotellerie in den kommenden Wochen und Monaten und im Jahr 2022 weitergeht?
Rechnen können wir mit gar nichts mehr. Wir sind nach wie vor alle im Blindflug unterwegs, wir wissen nicht, was nach Omikron kommt. Das heißt, wir bemühen uns, in diesem dichten Nebel weiter zu handeln und schauen, dass wir nicht untergehen.
Man muss flexibel bleiben. Manche Kollegen haben ihre Angebote aufgrund des Mitarbeitermangels zurückfahren müssen. Das sind 38 Prozent, also mehr als ein Drittel. Das betrifft zum Beispiel mittelständische Hotelbetriebe mit 80 bis 120 Betten, die keine Köche mehr haben. Diese bieten nur mehr ein Frühstück an, die Gäste landen dann in den Restaurants. Kämpfen diese dann ebenfalls mit Mitarbeitermangel, wird’s eng. Das Allerschlimmste wäre, wenn das bei Apartments und versteckten Zweitwohnsitzen einen Boom auslösen würde.
Zum Abschluss eine persönliche Frage: Wo machen Sie am liebsten Urlaub?
Der Attersee ist seit Jahrzehnten meine Lieblingsdestination. Ich habe hier schon als Kind meine Sommer verbringen dürfen und viele Jahrzehnte lang ein Segelboot dort gehabt. Dieser Ort ist Abschalten pur – und ich habe nicht weit in die Stadt oder ins Hotel in Obertauern.
Vielen Dank für das Gespräch.
(Quelle: salzburg24)