Der Biber ist Europas größtes Nagetier und streng geschützt. 1869 wurde der einst letzte in Österreich lebende Biber in der Antheringer Au im Flachgau getötet. Fast 120 Jahre später – im Jahr 1983 – konnte ein erstes Paar wieder in der Weitwörther Au angesiedelt werden. Seit 1994 wird die Entwicklung der Biber-Population systematisch beobachtet.
Biber-Population wächst in Salzburg
Mittlerweile wird die Gesamtpopulation im Land Salzburg auf 360 bis 400 Tiere geschätzt, die in 102 Revieren leben, teilte Landeshauptmann-Stellvertreterin sowie Jagd- und Naturschutzlandesrätin Marlene Svazek (FPÖ) diese Woche mit. Biber bevorzugen als Lebensraum strömungsberuhigte Still- und Fließgewässer, weshalb die meisten Reviere im Flachgau sind, die sich über mehrere Kilometer erstrecken können.
Weil die Nagetiere ihre Reviere vehement verteidigen, bleibt die Population stabil, sofern sich Bieber bereits etabliert haben. Noch nicht erschlossene Lebensräume sind Teile des Pinzgaus, im Lungau und Pongau, wo der Biber erst beginnt sich zu etablieren. Der Nager schafft viele Lebensräume für andere Tiere und Pflanzen und sorgt so für Artenvielfalt. Nebenbei werden die besiedelten Gewässer renaturiert sowie gereinigt und die Grundwasserbildung gefördert.
Biber-Reviere nach Salzburger Bezirken
- Flachgau: 54
- Pinzgau (insbesondere entlang der Saalach): 27
- Tennengau: 11
- Stadt Salzburg: 7
- Pongau: 2
- Lungau: 1
Konflikte zwischen Menschen und Tieren
Unweigerlich kommt es allerdings zu Konflikten mit Menschen, wenn Biber größere Bäume fällen und damit Auswirkungen auf Landwirtschaft, Infrastruktur und Co haben können. "Auf der einen Seite schafft der Biber neuen Lebensraum für Tiere und Pflanzen, sorgt durch seine filternden Bauten für sauberes Grundwasser und weitet die Uferböschungen auf", sagt Salzburgs Biberbeauftragte Gundi Habenicht. "Auf der anderen Seite ist er ein umtriebiger Tausendsassa, kommt egal ob in der Stadt oder im Auwald mit jedem Lebensraum am Wasser zurecht und breitet sich so sehr stark aus. Genau das macht dann hier und dort die Probleme, wo Interessen aufeinandertreffen."
Biber-Verordnung in Salzburg in Ausarbeitung
Der Biber ist wie etwa der Wolf nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) der EU streng geschützt und darf weder getötet noch gefangen werden. "Biber haben ihren festen Platz in der heimischen Natur", stellt Salzburgs LH-Stv. Svazek fest. Gleichzeitig müsse aber darauf geachtet werden, dass die Ausbreitung der Nagetiere in geordneten Bahnen verläuft, "da sie große Flächen beanspruchen, auf denen auch eine Vielzahl von Bäumen – die manchmal das Resultat mühsamer Wiederaufforstungsbemühungen sind – zerstört wird." Die Landesrätin für Jagd und Naturschutz fordert auf SALZBURG24-Anfrage am Donnerstag "gezielte Lenkungsmaßnahmen, die unter anderem die Verbreitung eindämmen." Aufgrund möglicher Auswirkungen etwa auf die Sicherheit der Infrastruktur können diese Lenkungsmaßnahmen "in allerletzter Konsequenz auch Entnahmen" beinhalten. Eine entsprechende Verordnung soll noch bis Ende des Jahres ausgearbeitet werden.
Svazek betont in diesem Zusammenhang auch die mögliche Gefahr, die von umstürzenden Bäumen ausgehen kann: "Biber können in sehr kurzer Zeit Bäume mit einem Durchmesser von einem halben Meter fällen. Manchmal sind Stämme auch nur zu einem Teil angenagt und dann gefährdet, bei Wind endgültig umzufallen." Entlang von Geh- und Radwegen in Flussnähe oder in Auenlandschaften müsse demnach von konkreter Gefahr für Leib und Leben gesprochen werden.
Grüne fordern Ende der "Politik mit Jagdgewehr"
Der Vorstoß der Salzburger Landesregierung wurde von den Grünen erwartungsgemäß massiv kritisiert. Landtagsabgeordnete und Tierschutzsprecherin Kimbie Humer-Vogl fordert ein "Ende der Politik mit dem Jagdgewehr", wie es in einer Aussendung heißt. Laut FFH-Richtlinie sei die Entnahme von Bibern nur möglich, wenn Gefahr in Verzug gelte und alle gelinderen Mittel ausgeschöpft seien. "In Salzburg ist bisher kein Fall bekannt, in denen gelindere Mittel wie zum Beispiel Lebensraumlenkung oder Dammdrainage nicht wirksam waren." Humer-Vogl weist darauf hin, dass mit dem Töten von Bibern geltende EU-Gesetze gebrochen würden und ein Vertragsverletzungsverfahren drohe. Sie fordert die Landesregierung stattdessen auf, weiter an der Prävention von Biberschäden zu arbeiten. So könnten zum Beispiel nach oberösterreichischem Vorbild regionale Biberberaterinnen und -Berater rasch eingreifen, wenn Schäden zu befürchten sind.
Im benachbarten Bayern sei der Biber bereits flächendeckend verbreitet und in Oberösterreich wurde die Zahl zuletzt auf 4.000 Exemplare geschätzt. Der Zuwachs im Bundesland Salzburg beträgt nach einem Gutachten ca. fünf Reviere pro Jahr.
Förderungen und Schadenersatz
Vom Land Salzburg gefördert werden etwa Elektro- oder Festzäune sowie der Einbau von Gittern zum Schutz von Durchlässen, aber auch die Sicherung von Zu- und Abläufen in Fisch-Teichanlagen oder der Einbau von Stahlmatten zum Schutz von Dämmen und Böschungen. Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer erhalten zudem eine geringe finanzielle Entschädigung für kleine Stämme bis hin zu mehr als 500 Euro für dicke alte Bäume.
Umgang mit Bibern
- Bäume mit Metallgittern schützen
- Ufer vor dem Untergraben schützen
- Angenagte Bäume entfernen (Baumpflege)
- Dämme gegebenenfalls entfernen, um Verklausungen vorzubeugen
Eine Umsiedelung der Biber sei Fachleuten zufolge problematisch, weil man so für künftige Schäden des Nagers im neuen Territorium verantwortlich ist. Vielmehr sollte der Lebensraum für die Säugetiere unattraktiv gestaltet werden.
Wie geht's weiter mit Bibern in Salzburg?
Das Thema Biber bleibt kontrovers. Das Zusammenleben von Menschen und Tieren erfordert unter Umständen Kompromisse. Ziel müsse es sein, Lösungen zu finden, mit denen alle leben können. Die Entnahme der Nager ist aufgrund des Schutzstatus jedenfalls weiterhin streng verboten. Die Gesetzeslage erlaubt es derzeit nur in geprüften Einzelfällen. Was die geplante Salzburger Verordnung bringt, dürften wir noch heuer erfahren.
(Quelle: salzburg24)