Laut Einschätzung des SLEV-Obmanns Helmuth Schütz führe die insgesamt dramatische, regional aber unterschiedlich ausfallende Beeinträchtigung des Schulbetriebs infolge steigender Corona-Infektionszahlen "die diesjährige Zentralmatura ad absurdum".
Mündliche Matura beibehalten: "Ausdruck von Realitätverlust"
Die Elternvereinigung verwies auf mehrfach vorgebrachte Bedenken in dieser Richtung, in Form eines Statements im Jänner und im Rahmen einer Pressekonferenz Anfang März, die jedoch weitgehend unbeachtet geblieben seien. Die Marschrichtung des Bildungsministeriums, "weiterhin an obligatorischen mündlichen Maturaprüfungen festzuhalten" sei ein augenfälliger "Ausdruck von Realitätsverlust", wurde Schütz im offenen Brief am Sonntag deutlich.
Im Namen des SLEV bedaure Schütz mit Blick auf Polaschek das beharrliche "Insistieren auf voreilig getroffenen Entscheidungen" und sehe die Grundlage für sinnvolle Verhandlungen durch die "bisherige Gesprächsverweigerung" des Bildungsministeriums schwinden. Polaschek enttäusche die "Vorstellungen von einer aufmerksamen und wertschätzenden Kommunikation eines Bildungsministers mit ehrenamtlich agierenden Institutionen wie den bundesweiten Elternverbänden oder Schülervertretungen" auf ganzer Linie und werde daher zum sofortigen Rücktritt aufgefordert.
AKS ruft zu "Großstreiks" der Maturant:innen auf
Bereits im Jänner hatte die SPÖ-nahe Aktion kritischer SchülerInnen (AKS) zu "Großstreiks" aufgerufen, wie die APA berichtete. Die SPÖ hatte sich hinter die protestierenden Schüler und Eltern gestellt und einen entsprechenden Antrag im Nationalrat angekündigt. Gefordert wurde schon Anfang des Jahres die Möglichkeit, über mündliche Matura-Prüfungsantritte frei zu entscheiden. Die Note solle sich gegebenenfalls aus den Zeugnisnoten der vergangenen beiden Jahre errechnen, so der Vorschlag der Streikenden. In Salzburg hatten sich an jenem 26. Jänner etwa 80 Demonstranten zur Kundgebung am Mozartplatz eingefunden, rund 300 wurden in Wien gezählt.
Erleichterungen bei den Reifeprüfungen der Jahre 2020 und 2021 angesichts der Corona-Erschwernisse hatten in den vergangenen Jahren zu deutlich besseren Resultaten geführt. Laut Daten der Statistik Austria bestanden in den beiden Jahren rund 93,5 (2021) und 94,3 Prozent (2020) der angetretenen Maturanten. Zum Vergleich: In den Schuljahren vor dem Ausbruch der Pandemie pendelte sich dieser Anteil jeweils bei etwa 85 Prozent ein. Wie die APA Anfang vergangener Woche berichtete, erwarten die diesjährigen Maturanten neuerliche Verschärfungen. Die wieder eingeführte Verpflichtung zur mündlichen Matura und zur Präsentation der Vorwissenschaftlichen Arbeit respektive Diplomarbeit, die ebenfalls ausgesetzt war, erschwert die Prüfungsbedingungen und bedeutet einen Kurswechsel des Bildungsministeriums im Vergleich zu den vergangenen beiden Schuljahren.
Polaschek will an mündlicher Matura festhalten
Gegen ebendiese Maßnahmen begehrte der SLEV nun erneut auf. In einem offenen Brief vom 20. Jänner hatte der Verband noch deutlich mildere Töne angeschlagen und mit Verweis auf "umfangreiche Lernverluste" und "vielschichtige gesundheitliche und psycho-soziale Schwierigkeiten" der Schüler infolge der pandemischen Ausnahmesituation um Lockerungen hinsichtlich der Prüfungsmodalitäten gebeten. Die offene Rücktrittsforderung markiert eine neue Eskalationsstufe in der Auseinandersetzung zwischen Schüler- und Elternvertretern und dem Bildungsministerium in der Causa "Corona-Matura".
Sonntagmittag kündigte Polaschek die weitgehende Aufrechterhaltung der Corona-Maßnahmen an Schulen bis zu den Osterferien an. An der mündlichen Matura will er festhalten.
(Quelle: apa)