Was haben Biber, Bär und Wolf gemeinsam? Sie breiten sich im Bundesland Salzburg aus und sorgen traditionell für Meinungsverschiedenheiten in der Politik. In den aktuellen Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ haben sich die beiden angehenden Regierungsparteien auf den Abschuss von sogenannten Problemwölfen geeinigt. Damit folgen sie dem Trend und den Verordnungen von Tirol, Kärnten und zuletzt auch Niederösterreich. Wie zu erwarten war, kommt das nicht bei allen gut an und sorgt für Kritik.
Zwölf Wolfsrisse in Jahr 2022 in Salzburg
Im letzten Jahr wurden in Salzburg insgesamt zwölf Wolfsrisse bestätigt, heuer gibt es einen aktuellen Verdachtsfall. Nachdem erst am Sonntag in Taxenbach ein totes Lamm aufgefunden wurde, werden dazu DNA-Spuren ausgewertet, informiert das Land Salzburg. Diese Zahlen würden eine Abschussfreigabe allerdings nicht rechtfertigen und seien „nicht unbedingt ein Indiz dafür, dass diese Herausforderung zu den größten Problemen des Landes gehört“, kritisiert Grünen-Klubobfrau Kimbie Humer-Vogl in einer Aussendung. Noch dazu, weil diese Vorgehensweise nicht EU-rechtskonform sei und zu finanziellen Konsequenzen führen könnte.
Auch der Wiener Tierschutzverein und andere Organisation meldeten sich Anfang April zu Wort, als die neuformierte niederösterreichische Landesregierung trotzdem eine derartige Verordnung erließ, der Abschüsse ohne Absprache mit Tierschutzvereinen erlaubt. Die österreichischen Bundesländer hätten sich damit einen "juristischen Trick einfallen lassen, um die Mitsprache der Umwelt-Vereine auszuhebeln: Sie erlassen allgemeine Verordnungen statt konkreter Bescheide. Das wird sich rächen, weil zu glauben, dass die derartigen Machenschaften von den europäischen Gremien und den Verfassungsschützern in Österreich Bestand haben, ist genauso naiv wie der Glaube an die Märchen vom Bösen Wolf", kommentierte die Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins, Madeleine Petrovic, diese Variante gegenüber der APA.
Und diese „Rache“ würde sich in Form von „empfindlichen“ Entschädigungszahlungen äußern, warnt Humer-Vogl im Gespräch mit SALZBURG24. „Die Strafe der EU geht an den Bund und der wird sie an das Land Salzburg weitergeben“.
Was ist ein „Problemwolf“?
Als grundlegendes Problem ortet die Klubobfrau der Grünen allerdings etwas anders. „Es gibt gar keinen Problemwolf, man hat nur versucht diesen Begriff zu definieren“. Und genau diese Definition in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) sei eine umstrittene Grauzone, an der sich auch NGOs reiben und aufhängen würden, bestätigt Salzburgs Wolfsbeauftragter Hubert Stock gegenüber S24.
„Wenn ein Tier innerhalb eines Zeitraums mehrere Nutztierrisse macht, gilt er als Problemwolf“, erklärt Stock. Das wäre das letzte Mal 2019 im Pongauer Großarltal der Fall gewesen.
Aber ein Abschuss sei laut dem Schafbauern und Berufsjäger ohnehin die letzte Lösung, wenn sämtliche anderen Maßnahmen wie Vergrämen keinen Erfolg bringen. Besonders bedenklich sei es, wenn Wölfe, die immer mehr die Angst vor Menschen verlieren würden, sich in der Nähe von Siedlungen aufhalten würden. Demnach könne Stock die Entscheidung der Landesregierung „nur zu 100 Prozent unterschreiben“.
Das Maßnahmenpaket „Wolf, Bär und Luchs“
Wie man mit den Tieren bei uns umgehen will, steht im Wolfsmanagement-Plan des Landes Salzburg aus dem Jahr 2019. Damals setzte man sich zum Ziel, den Wolf nach den internationalen Bestimmungen und Gesetze zu schützen und ein konfliktfreies Zusammenleben zu gewährleisten. Das Wolfsmanagement sollte in Abstimmung mit den anderen Bundesländern im Rahmen des „Österreichzentrum Wolf, Bär, Luchs“ erfolgen. „Der Versuch, eine Abschussverordnung für ein eingegrenztes Gebiet in Salzburg einzuführen, ist bereits 2021 krachend gescheitert. Dieses Vorhaben sollte daher endgültig ad acta gelegt werden“, fordert Humer-Vogl. Die Landwirtschaft hätte größere Probleme, die es zu lösen gelte.
„Opferwolf“ soll Landwirtschaft ablenken
So wirft sie ÖVP und FPÖ "Symbolpolitik" vor. Man schiebe den "Opferwolf" vor, „weil es gerade populär ist“. Die Verordnung solle die Landwirtschaft von Teuerung, Klimawandel usw. ablenken, spricht sie besonders den Landesrat für Land- und Forstwirtschaft, Josef Schwaiger (ÖVP), direkt an. Weiter bekrittelt sie, dass man gegen Verordnungen nicht berufen kann. Somit sei der Abschuss von „Problemwölfen“ kaum noch zu verhindern. Humer-Vogl schlägt stattdessen vor, Geld für Herdenschutz in die Hand zu nehmen, anstatt Landwirt:innen ihren schmerzlichen Verlust nach einem Riss finanziell auszugleichen. „Der Herdenschutz ist zwar aufwendiger, würde aber Risse verhindern“. Dem stimmt Salzburgs Wolfsbeauftragter grundsätzlich zu. „Allerdings ist das in Salzburg aufgrund der Typografie nicht immer möglich“, so Stocker, der den Ansatz der Grünen durchaus versteht.
Aber eben nur den Ansatz. Denn im Gegensatz zu Humer-Vogl sieht er den Wolf nicht mehr so tragend für die heimische Biodiversität. „Weil wir in Österreich keine Naturlandschaft, nur Almwirtschaft haben und der Wolf dabei keinen Platz mehr hat“. So würde viel Biodiversität verloren gehen, weil ein Individuum den Platz von vielen anderen verdränge.
Wolf-Population breitet sich aus
Trotzdem sind Wölfe in vielen Regionen Europas, zu denen auch Österreich zählt, geschützt. Das ist durch die FFH-Richtlinie geregelt, die in Salzburg durch das Jagdgesetz umgesetzt wird. Der Wolfsbeauftragte vermutet aktuell zwei bis drei Tiere, die sich im Bundesland aufhalten. Die Dunkelziffer sei jedoch sehr hoch. Europaweit habe sich die Population zudem um zirka 30 bis 35 Prozent ausgebreitet.
5 Fragen und Antworten zum Wolf
Wann wurde der Wolf bei uns ausgerottet und wann kam er wieder?
Seit zirka 150 Jahren gibt es in Österreich nur mehr ganz vereinzelt Nachweise. Seit 2009 werden Einzeltiere wieder regelmäßig nachgewiesen. Es wurden pro Jahr zwischen drei und neun Tiere festgestellt, auf fast alle Bundesländer verteilt.
Kann sich auch in Salzburg ein Wolfsrudel bilden?
Prinzipiell ja. Ein wanderndes Männchen lässt sich in der Regel irgendwann in einer Region nieder. Kommt dann eine Partnerin dazu, kann es Nachwuchs geben.
Ist der Wolf gefährlich für den Menschen?
Der Wolf hat ein Potenzial, gefährlich für den Menschen zu werden. Es besteht aber keine konkrete Gefahr alleine durch die Anwesenheit des Wolfes in der Kulturlandschaft. Eine Gefährdung zeichnet sich in der Regel ab, dafür gibt es Vorwarnstufen. Vor allem, wenn Wölfe gefüttert werden, kann es zum Problem werden, weil die Tiere dann den Menschen mit Futter verbinden. Übergriffe auf Menschen sind nur in absoluten Extremsituationen bekannt, zum Beispiel in Kriegszeiten oder bei extremem Mangel an Beutetieren. Von heute auf morgen wird der Mensch nicht zur Beute des Wolfes.
Warum reißt der Wolf Nutztiere?
Sie sind eine leicht fassbare Beute für ihn, da sie keine Verteidigungsstrategien haben. Der Wolf nutzt die Gelegenheit, Auslöser ist der Jagdtrieb.
Was mache ich, wenn ich einem Wolf begegne?
Ruhig bleiben, ihn beobachten, was er macht, wohin er sich bewegt. Am besten keine hektischen Bewegungen, auf sich aufmerksam machen, bestimmt weiter gehen. Wenn man sich zurückzieht, nach Möglichkeit nicht panisch und hektisch, sondern langsam. Falls er näher kommt oder folgt, kann man auch laut werden, in die Hände klatschen, schreien.
(Quelle: salzburg24)