Pinzgauerin verurteilt

"Sollen wir uns gemeinsam umbringen?"

Veröffentlicht: 14. Oktober 2020 12:33 Uhr
Eine 24-Jährige ist am Mittwoch wegen versuchter Mitwirkung am Selbstmord und wegen anderer Delikte von einem Schöffensenat am Landesgericht Salzburg zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Die bisher unbescholtene Frau soll im Jahr 2018 unter dem Pseudonym "Melanie" einer psychisch labilen Freundin per Internet-Messengerdienst vorgeschlagen haben, sich gemeinsam umzubringen. Diesen Vorwurf bestritt die zum Teil geständige Pinzgauerin.

Die junge Frau wurde im Sinne der Anklage verurteilt, vom Vorwurf der Täuschung aber freigesprochen. Sie muss ein Teilschmerzensgeld in Höhe von 1.000 Euro und 890 Euro Schadensersatz zahlen. Die Beschuldigte erhielt zudem eine Weisung zu einer Psychotherapie. Die Bewährungsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren ausgesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Diesen Vorwurf betritt die zum Teil geständige Angeklagte.

"Umfassendes Lügenkonstrukt" unter falschem Namen

Anhand von Fake-Accounts habe die junge Frau ab 2015 ein "umfassendes Lügenkonstrukt" unter falschen Namen aufgebaut, lastete der Staatsanwalt der 24-Jährigen an. So habe sie sich vor einer Bekannten als Eishockeyspieler der Zeller Eisbären – dieser Mann existiert tatsächlich - ausgegeben und ihr vorgespielt, er wäre an einer Beziehung mit ihr interessiert – was nicht der Wahrheit entsprach. Damit habe sie die Frau dazu verleitet, sich um 400 Euro eine Saisonkarte fürs Eishockey zu kaufen. Der Staatsanwalt warf der Angeklagten Täuschung, Nötigung, gefährliche Drohung und Betrug vor, alles unter dem Deckmantel der Scheinidentitäten.

"Sollen wir uns gemeinsam umbringen?"

Zum Hauptvorwurf der versuchten Mitwirkung am Selbstmord zeigte sich die Pinzgauerin nicht geständig. Sie wurde aber vom mutmaßlichen Opfer, einer ehemaligen Freundin, heute massiv belastet. Die Angeklagte habe ihr per Snapchat unter dem Pseudonym "Melanie" geschrieben und "Sollen wir uns gemeinsam umbringen?" gefragt, sagte die Zeugin. Hintergrund sei eine erfundene Liebesgeschichte, was die Angeklagte auch zugab: "Sie wollte unbedingt einen Partner haben." Deshalb habe sie sich als "Mike" ausgegeben, der Freundin unter dem Pseudonym fast täglich geschrieben, und auch noch die Figur einer Ex-Freundin von "Mike" erfunden, der sie den Namen "Melanie" gab und die vorgeblich ein Kind von ihm hatte.

Angeklagte ist "froh, dass es vorbei ist"

"Am Anfang habe ich es gut gemeint. Dann ist es eskaliert. Jetzt bin ich froh, dass alles vorbei ist", sagte die Angeklagte, die von Rechtsanwalt Kurt Jelinek verteidigt wurde. Der fiktive "Mike" zog sogar eine Hochzeit in Betracht und stellte einen Termin am Standesamt in Aussicht. Die Freundin glaubte das und kaufte ein Hochzeitkleid, aber auch Spielsachen für das Kind. Der Staatsanwalt warf der Angeklagten vor, sie habe gewusst, dass die Freundin psychische Probleme und bereits einen Selbstmordversuch verübt hatte. Die 24-Jährige erklärte, sie habe von Tabletten und Alkohol gewusst und die Freundin auch im Krankenhaus besucht. Aus Angst, die junge Frau könne sich tatsächlich umbringen, habe sie als "Mike" weitergeschrieben, um das zu verhindern.

Auf Nachfragen der vorsitzenden Richterin Christina Bayrhammer beteuerte die Angeklagte, sie habe nicht im Namen von "Melanie" geschrieben, ob sie sich gemeinsam umbringen sollten. Dass "Mike" gedroht habe, Freunde und den Bruder der Freundin zu schlagen, falls diese den Kontakt zu ihnen nicht aufgebe, stimme auch nicht, sagte die Pinzgauerin. Es tue ihr aber Leid, dass sie die Scheinidentitäten aufgebaut habe. Warum sie das gemacht hat, wisse sie nicht. Die Fotos der erfunden Personen habe sie vom Internet heruntergeladen.

Den Ermittlungen zufolge hat die Beschuldigte in den Chats auch vorgetäuscht, dass sich der Vater von "Mike" umgebracht hätte und weitere Angehörige an Krankheiten verstorben seien. Der Freundin sei auch befohlen worden, von einer Italien-Reise nach Hause zu fahren, ansonsten würde sich "Mike" umbringen. Die Richterin gab zu bedenken, dass solche erfundenen Geschichten extreme Auswirkungen hätten und einen Menschen verletzen oder zerstören könnten.

Angeklagte unter psychologischer Betreuung

"Ich habe wirklich daraus gelernt", antwortete die Angeklagte. Ihr sei es damals nicht gutgegangen. Mittlerweile habe sie die Hilfe einer Psychologin in Anspruch genommen und wäre auch mit einer Psychotherapie einverstanden. Der Verteidiger betonte, dass seine Mandantin auf keinen Fall einen Selbstmord herbeiführen habe wollen. Zum Vorwurf des Betruges bekenne sich die 24-Jährige schuldig. "Sie möchte den entstandenen Schaden zumindest teilweise wieder gut machen."

Noch heute soll ein Urteil gesprochen werden.

(Quelle: apa)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken