Ein ehemaliger leitender Gerichtsbediensteter ist heute, Dienstag, bei einem Prozess am Landesgericht Salzburg mit dem Vorwurf des Amtsmissbrauchs konfrontiert worden. Der Pensionist soll im Mai 2017 als Vorsitzender einer Schiedskommission ohne seine vier Beisitzer ein Urteil gefällt haben. Der Angeklagte beteuerte seine Unschuld.
Die Kommission war mit einem Konflikt zwischen einem Zahnarzt und der Salzburger Gebietskrankenkasse (SGKK) befasst. Der Arzt setzte sich gegen die Vertragskündigung durch die Gebietskrankenkasse zur Wehr. Die Kommission, die entscheiden sollte, ob die Kündigung gerechtfertigt war oder nicht, setzte sich aus je zwei Vertretern der Zahnärztekammer und Gebietskrankenkasse sowie dem nun beschuldigten Vorsitzenden zusammen.
Angeklagte bekennt sich nicht schuldig
Laut Staatsanwaltschaft war die kontroversiell geführte Beratung der Kommission nicht mit einer Beschlussfassung beendet worden. Die Sitzung im April sei zur Anhörung einer Sachverständigen vertagt worden. Der Vorsitzende habe dann alleine, also ohne die anderen Kommissionsmitglieder, einen Bescheid erlassen. Darin sei die Kündigung des Arztes als unwirksam erklärt worden. Der Angeklagte habe seine Befugnisse missbraucht und die Gebietskrankenkasse in ihren Rechten geschädigt, sagte Staatsanwältin Lisa Riedl.
"Ich bin natürlich nicht schuldig", sagte der Angeklagte zur Vorsitzenden des Schöffensenates, Richterin Martina Pfarrkirchner. Verteidiger Raimund Danner erläuterte, dass die Meinungsfindung in der Kommission bereits abgeschlossen gewesen und auch das Abstimmungsergebnis, nämlich 3:2 für die Aufhebung der Kündigung des Arztes, vorgelegen sei. "Es liegt kein Amtsmissbrauch vor", sagte Danner. Es fehle auch an einem Tatvorsatz. Das Ergebnis des Verfahrens sei jetzt, dass Kieferorthopäden in Salzburg ihre Verträge mit der Gebietskrankenkasse gekündigt hätten, so der Verteidiger.
Urteil noch nicht gefällt
Der Angeklagte sprach auch von Druck aufgrund einer Säumnisbeschwerde. Er habe noch versucht, im Mai 2017 eine Verhandlung festzusetzen. Doch ein Besitzer und die Sachverständige hätten sich für befangen erklärt, und der Arzt sei auf Urlaub gewesen. "Ich sagte, die Verhandlung war klar, ich entscheide", schilderte der Beschuldigte. Zudem habe die Zahnärztekammer immer gesagt, die Kündigung wäre zu Unrecht erfolgt, denn die Messungen für die Einstufung (insgesamt gibt es fünf Stufen, Anm.) bei Zahnfehlstellungen nehme immer der Kieferorthopäde vor. Hintergrund des Konfliktes war die Indexmessung der Zahnfehlstellung eines Patienten für eine Gratiszahnspange. Die SGKK soll dem Arzt einen Fehlmessung vorgeworfen haben, das Kind sei falsch eingestuft worden, was einen Kostenbeitrag der Kasse zur Folge hat.
Die Landeszahnärztekammer Salzburg hat gestern die Kündigung der Verträge durch zehn Kieferorthopäden damit begründet, dass es "laufend vertragswidrige Einmischungen bei der Einstufung der Patienten sowie in die Behandlungskonzepte" durch die SGKK gegeben habe. Ob heute noch ein Urteil bei dem Prozess am Landesgericht Salzburg ergeht, stand zunächst nicht fest.
(APA)
(Quelle: salzburg24)