Macron sprach seine europapolitischen Vorschläge hinsichtlich Kampf gegen Sozialdumping, Steuerharmonisierung, die Notwendigkeit von besserer Kooperation, ein eigenes Budget für die Euro-Zone sowie ein Parlament für die Euro-Länder an.
"Europa muss seine Bürger schützen"
"Europa muss seine Bürger schützen", betonte Macron und meinte damit unfaire Wirtschaftspraktiken ebenso wie den Schutz "gegen Flüchtlinge" und vor Terrorismus. Das Integrationsprojekt müsse "einen neuen Sinn bekommen": "Schließlich wollten sich Bürger ja frei machen von den Zwängen der Globalisierung". Beim Kampf gegen den Terror gäbe es die Notwendigkeit, die Kooperation zu verstärken. Die Sicherheitsdienste müssten besser zusammenarbeiten.
Flüchtlinge: Europa muss laut Macron Grenzen besser schützen
Zum Thema Flüchtlinge sagte Macron, dass es Europa bisher zu wenig gelungen sei, seine Grenzen zu schützen, sich auf ein gemeinsames Asylrecht zu einigen und die Länder zu einer besseren Kooperation zu bringen. Der französische Präsident gratulierte Kern, dass der Bundeskanzler nach der "Flüchtlingswelle" vor zwei Jahren nicht der "Demagogie" verfallen sei. Der demagogische Ansatz sei verlockend, weil die "einfachste Lösung". Aber: "Wir dürfen nicht die Angst und den Hass der anderen schüren", betonte Macron.
Kern will "hier gemeinsam und einheitlich" vorgehen
Kern seinerseits hob hervor, dass er und Macron sich "im gemeinsamen Verständnis finden", dass Europa gestärkt werden solle. Es sei ihnen ein besonderes Anliegen, "hier gemeinsam und einheitlich vorzugehen".
Kern und Macron wiesen darauf hin, dass sie in Salzburg auch mit den Ministerpräsidenten von Tschechien und der Slowakei, Bohuslav Sobotka und Robert Fico, zusammentreffen. "Dies ist ein Zeichen, dass Europa nicht zwischen altem und neuem gespalten wird. Sondern es gibt ein Europa und es gibt eine Notwendigkeit, hier gemeinsam vorzugehen", so Kern.
Forderung nach neuer EU-Entsenderrichtlinie
Abgesehen von der Forderung nach einer neuen EU-Entsenderichtlinie betonte der Bundeskanzler die Notwendigkeit von wirtschaftspolitischen Änderungen. Es sei "nicht akzeptabel, dass, wenn jemand in Europa Haushaltsziele verletzt, wir Strafen aussprechen können, wir aber Arbeitslosigkeit und mangelnde Investitionen hinnehmen".
Kern sieht Probleme bei Steuerpraxis
Gemeinsam sei Macron und ihm auch die Sicht auf die "problematische Steuerpraxis" einiger Länder, ergänzte Kern. In dieser Frage sei "nicht akzeptabel, dass bestimmte Länder ein Geschäftsmodell" mit Steuerverschiebungen betrieben. Als Beispiel nannte er den IT-Konzern Apple, dessen 13-Milliarden-Euro-Steuernachzahlung nicht exekutiert würde. "Wir brauchen viel stärkere Kooperation" im Bereich Mindeststeuersätze und Bemessungsgrundlage, forderte der Bundeskanzler
Kooperation soll auch im bilateralen Bereich intensiviert werden
Kern und Macron wollen die Kooperation aber auch in bilateralen Bereichen intensivieren. Kern hob die Wirtschaftsbeziehungen hervor, Frankreich sei Österreichs 5. wichtigster Wirtschaftspartner weltweit. "Wir wollen ein Wirtschaftsforum ins Leben rufen, um die Zusammenarbeit noch weiter auszubauen und zu verbessern."
Der französische Präsident erwähnte die Kultur, Bildung und Ausbildung. Ab September gebe es 1.200 zweisprachige Klassen in Frankreich und damit einen Rekord an französischen Schülern, die Deutsch lernen.
Macron freut sich auf Salzburger Festspiele
Die Kultur war auch einer der Hauptgründe für den Besuch des französischen Präsidenten in Salzburg. Er freue sich sehr, bei den Salzburger Festspielen zu sein, sagte Macron. "Für alle Musikliebhaber ist das ein einmaliger und guter Vorwand, hier her zu kommen."
Kompromiss bei Entsenderichtlinie bis Oktober
Im Streit um die Richtlinie zur Entsendung von Arbeitnehmern in ein anderes EU-Land gibt es "Fortschritte". Der französische Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) einigten sich mit ihren tschechischen und slowakischen Amtskollegen Bohuslav Sobotka und Robert Fico auf einen Kompromiss um die Entsenderichtlinie bis zum EU-Gipfel im Oktober.
"Verrat am Geist Europas"
Die derzeitige Regelung zur Entsendung von Arbeitnehmern in ein anderes EU-Land sei "Verrat am Geist Europas", betonte Macron am Mittwoch in Salzburg. Der europäische Binnenmarkt und die Personenfreizügigkeit seien nicht geschaffen worden, um jenen zu helfen, die die niedrigsten Sozialstandards haben. Dies würde zudem den Populismus anheizen. "Für gleiche Arbeit soll der gleiche Lohn gezahlt werden", sprachen sich Macron und Kern gleichzeitig gegen Lohn- und Sozialdumping aus. Die Entsendung solle nur ein Jahr lang dauern und die Kontrollen verstärkt werden. "Frankreich und Österreich sind hier ganz auf der selben Linie", betonte der Präsident.
Kern erklärte, es gehe um "soziale Fairness". Und es sei "unbefriedigend", dass es seit März des vergangen Jahres in der Frage der Entsenderichtlinie keine Fortschritte gebe. Er sehe die Gefahr, dass Lohnniveau und Sozialstandards in Österreich untergraben würden. Wichtig sei nun, Details zu klären: die Entsendungsdauer, die Berechnung der Entgelte und auch die Sicherstellung, dass Strafen auch exekutierbar sind.
Die Zahl der Entsendungen steigt ständig. Etwa zwei Millionen sind es jährlich nach EU-Angaben. Nach Österreich gab es 2015 rund 150.000 Entsendungen, im Vorjahr waren es 166.000 und im 1. Halbjahr 2017 bereits rund 90.000.
Gegen den derzeitigen Vorschlag zur Reform der EU-Entsenderichtlinie bläst Gegenwind aus osteuropäischen EU-Ländern, die eine Benachteiligung am Arbeitsmarkt befürchten. Sobotka und Fico betonten unisono, dass sie gegen das Prinzip: gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort nichts einzuwenden hätten. Allerdings müsse dies reziprok gelten und das Lohnniveau in Europa angeglichen werden: Französische und österreichische Unternehmen zahlen in Tschechien "30, 40 Prozent weniger als in ihren Heimatländern", so Sobotka. Fico wiederum erklärte, dass auch die Slowakei Gesetze gegen Sozialdumping beschließen werde, weil sie Arbeitsmigration aus Nicht-EU-Ländern fürchte.
(APA)
(Quelle: salzburg24)