Blick in die Geschichte

Neuer Salzburger Stadtführer zeigt NS-Gedenkorte

Veröffentlicht: 27. April 2025 16:49 Uhr
2025 jährt sich in Österreich die Befreiung vom Nationalsozialismus und das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal. Mit einem neuen Stadtführer für Salzburg kann nun die NS-Geschichte entdeckt werden.

Unter den Publikationen zum Gedenkjahr ist nun auch ein Buch erschienen, das erstmals umfassend alle Gedenkorte zur NS-Zeit im öffentlichen Raum in der Stadt Salzburg dokumentiert, kategorisiert und erlebbar machen will – etwa mit Stadtrundgängen oder einer Radtour. Dennoch orten die Autoren Lücken: Für manche Gruppen gibt es keine oder kaum Erinnerungszeichen.

NS-Bezug nicht immer auf ersten Blick ersichtlich

Das Buch richtet sich an historisch interessierte Bewohner und Besucher der Stadt, die sich nicht mit Mozart und "The Sound of Music" zufriedengeben. Im Stil eines Stadtführers werden wissenschaftlich fundiert 96 Orte thematisiert - stets mit zeitgenössischem und manchmal historischem Fotomaterial versehen. Es sind Mahnmäler, Tafeln, Kriegerdenkmäler oder Skulpturen - wobei manche nur exemplarisch aufgenommen wurden, wenn sie Teil eines größeren Zusammenhangs sind. Das ist etwa bei Straßennamen und Ehren- und Soldatengräbern der Fall - oder bei den Stolpersteinen, von denen in Salzburg mittlerweile mehr als 500 verlegt worden sind.

Neben Kurzbeschreibung, Entstehungsgeschichte und Rezeption eines jeden Gedenkortes sind auch Kontroversen oder kunstgeschichtliche Aspekte ein Thema. Vier Jahre lang haben die Historiker:innen Robert Obermair, Bernadette Edtmaier, Christoph Würflinger und Kay-Michael Dankl, letzterer ist KPÖ-Landeschef und seit 2024 auch Vizebürgermeister der Stadt Salzburg, am Buch gearbeitet. Dabei haben sie auch Gedenkorte ins Buch mitaufgenommen, die NS-Tätern oder -Mitläufern gewidmet sind.

Manche der Orte seien aufgrund ihrer Größe oder des prominenten Platzes nicht zu übersehen, andere hingegen recht unscheinbar, heißt es im Vorwort. Hinter manchen Gedenkzeichen verstecken sich kaum bekannte Biografien. Etwa wenn es um den 1939 nach Kolumbien ausgewanderten Anthropologen Gerardo Reichel-Dolmatoff geht, der erst in den 2010er-Jahren als eingefleischtes SS-Mitglied entlarvt wurde. Nicht immer ist der Bezug zum Nationalsozialismus auf den ersten Blick ersichtlich: Häufig würden sich Kunstwerke oder NS-Skulpturen an der antiken Formensprache orientieren, sagt etwa die Historikerin Edtmaier. "Erst bei näherer Auseinandersetzung wird klar, wie sie als Propagandainstrument das NS-'Rasseideal' verkörpern."

Denkmäler mit fragwürdigen Inhalten

Zugleich macht Edtmaier darauf aufmerksam, dass fast ein Viertel der im Buch dokumentierten Erinnerungsorte Kriegerdenkmäler sind. Denkmäler, die auch heute noch oft mit fragwürdigen Inhalten oder Abbildungen wie dem "Eisernen Kreuz" versehen sind. Sieben lassen sich übrigens bei einer im Buch empfohlenen "Worst-of-Kriegerdenkmal"-Tour erkunden.

Aufarbeitung noch nicht abgeschlossen

Für die vier Historiker ist klar: Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit ist in der Stadt Salzburg keineswegs abgeschlossen. "Nach wie vor finden sich zahlreiche Erinnerungszeichen im Stadtgebiet, die in ihrer Aussage, Grundhaltung oder ihrem Narrativ problematisch sind", sagt Historiker Obermair.

Zugleich vermissen die Autoren Zeichen für manche Opfergruppen - etwa für Salzburger Spanienkämpferinnen und -kämpfer, die dort gegen den Faschismus kämpften und in die Fänge der NS-Repression gerieten. Abgesehen von individuellen Stolpersteinen gibt es in Salzburg auch kein kollektives Mahnmal für Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter. Gleiches gilt für Zeugen Jehovas, Homosexuelle, Deserteure, sogenannte "Berufsverbrecher" oder "Asoziale"- und für abgeschossene alliierte Fliegerbesatzungen.

(Quelle: apa)

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