Seit 2007 werden in der Stadt Salzburg jährlich Stolpersteine verlegt, um an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. Heute, Mittwoch, wurden 16 neue Stolpersteine verlegt, sodass nun insgesamt 535 dieser Gedenksteine auf öffentlichem Grund zu finden sind, teilt das Personenkomitee Stolpersteine mit.
Stolpersteine zum "Innehalten und Blick zum Boden richten"
Die Erinnerungsstücke sind zehn mal zehn Zentimeter große Betonquader, die mit Messingplaketten mit individuellen Inschriften versehen sind. Sie liegen niveaugleich im Boden und zeigen die wichtigsten Daten der betreffenden NS-Opfer. „Die Stolpersteine tragen eine wichtige Symbolik in sich. Wie der Name schon andeutet, geht es darum, innezuhalten und den Blick zum Boden zu richten“, erklärt Sabine Veits-Falk, Historikerin und Leiterin des Stadtarchivs Salzburg, im SALZBURG24-Gespräch am Mittwoch.
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Zu Beginn des Projektes wurde allen voran an Menschen erinnert, die durch das NS-Regime umgekommen sind – mittlerweile sei der Ansatz ein anderer. „Die Steine erinnern nun auch an diejenigen, die im erweiterten Sinne Opfer des Nationalsozialismus wurden, also etwa verschleppt oder vertrieben wurden“, so die Historikerin. Die Stolpersteine werden in solchen Fällen am letzten Wohnsitz der Personen oder am Ausgangsort ihrer Deportation angebracht.
Stolperstein für Kriegsverweigerer Wilhelm Schmid
Heute wurde etwa ein Stein zur Erinnerung an Wilhelm Schmid vor seinem damaligen Wohnhaus in der Kapitelgasse 2 in der Salzburger Altstadt verlegt. Schmid verweigerte den Führereid und somit seine Teilnahme am Krieg. Seine Privatbibliothek wurde daraufhin von der Gestapo beschlagnahmt und am 30. April 1938 auf dem Residenzplatz verbrannt, schildert das Stolperstein-Komitee.
Spuren des NS-Regimes in Salzburg "allgegenwärtig"
„Durch die Stolpersteine wird deutlich, wie allgegenwärtig das Regime auch bei uns war“, erklärt Veits-Falk. Viele würden die Schrecken dieser Zeit aus Filmen kennen, die oft an anderen Orten wie etwa Berlin oder in Konzentrationslagern spielen. „Diese Erinnerungsstücke schaffen einen Bezug zu ‚unserer‘ Stadt und ihrer Geschichte. Durch die Vielzahl an Stolpersteinen, die es mittlerweile in Salzburg gibt, wird die Dimension der Auswirkungen damals sichtbar.“
Für jeden Stein übernehmen Personen oder Organisationen die Patenschaft. Die Katholische Aktion Salzburg hat am Mittwoch etwa die Patenschaft für den Stein zum Gedenken an Wilhelm Schmid übernommen, so Elisabeth Mayer, Präsidentin der Katholischen Aktion, gegenüber S24.
Die neu verlegten Stolpersteine in der Stadt Salzburg:
- Kajetanerplatz 2 (Landesgericht): Pater Edmund Pontiller und Pater Johann Schwingshackl – Todesurteil 1944; Karl Kargl – Kriegsdienst verweigert
- Kaigasse 3: Katharina Wagner – 1941 nach Hartheim deportiert und getötet
- Kapitelgasse 2: Wilhelm Schmid – Führereid verweigert, Haft, befreit
- Linzer Gasse 74: Leopold Vorreiter – Kriegsdienst verweigert, 1940 getötet
- Linzer Gasse 27: Otto Griesberger – Kriegsdienst verweigert, 1943 getötet
- Hubert Sattler Gasse 5: Kohlenhandel R. Löwy – Arisierung 1938; Ernst Löwy – Haft in Dachau, Flucht nach Palästina/Israel; Ludwig Löwy – Haft in Dachau, Flucht nach Palästina/Israel, Rückkehr, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde; Otto Löwy – Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Haft in Dachau, Flucht in die USA
- Rainerstraße 2: Viktor Weinstein & Else Steindler – Geschäft enteignet, Flucht nach England
- Bayerhamerstraße 6: Felix Klar – 1942 nach Auschwitz deportiert
- Elisabethstraße 5a: Karoline Weinhandel – 1941 nach Hartheim deportiert und getötet
- Neutorstraße 42: Rudolf Peuker – 1941 nach Hartheim deportiert und getötet
- Reichenhaller Straße 11: Julie Pauer – Krankenmord
- Moosstraße 17: Fritz Kollinsky – 1945 an Folgen der Zwangsarbeit in Berlin gestorben
- Göllstraße 7: Karl Mayer – Kriegsdienst verweigert, 1944 getötet
- Mascagnigasse 19: Walter Bittner – Kriegsdienst verweigert, 1943 getötet
- Gaswerkgasse 4: Josefa Langhaider – Krankenmord
- Mönchsberg 27: Elisabeth Leitner – 1941 nach Hartheim deportiert und getötet
(Quelle: salzburg24)