Bunte Kunstwerke, in akribischer Feinarbeit auf Wände an öffentlichen Orten gesprüht, sorgen bei vielen Menschen in der Stadt Salzburg für Staunen oder regen zum Nachdenken an. Die längste Freiluftgalerie dieser Art befindet sich entlang der Bahngleise zwischen dem Stadtteil Mülln und der Salzach. Mittlerweile gibt es für Graffiti-Künstler:innen etwa zehn legale Möglichkeiten in der Mozartstadt.
Doch dass die Stadt derart offen für die gesprayten Kunstwerke ist, das war nicht immer so. Auch die Szene selbst war sehr überschaubar, wie Graffiti-Künstler Michael "Muck" Töpfer beim SALZBURG24-Lokalaugenschein am Donnerstag erklärte. "Als ich im Jahr 2006 nach Salzburg kam, gab es vielleicht fünf andere." Gesprüht wurde in einem "legalen Graubereich" im Stadtteil Itzling. Der aus der Nähe von Leipzig stammende Sprayer machte sich sodann daran, öffentlichen Raum für Graffiti-Künstler:innen einzufordern, gründete einen Verein und suchte den Kontakt zur Stadtpolitik.
Große Skepsis gegenüber Graffiti-Sprayern
Die Skepsis der Menschen sei anfangs allerdings noch recht groß gewesen. "Als die Leute gehört haben, dass wir eine legale Wand besprühen wollen, haben sie geglaubt, dass wir alles besprayen würden, inklusive der Häuser. Konsequente Arbeit und Gespräche mit den Bewohnern haben dann aber Stück für Stück dazu geführt, dass diese Vorurteile abgebaut wurden", gibt der 42-Jährige Einblick in die Anfänge der Salzburger Graffiti-Szene. "Mir ist es dabei aber wichtig zu sagen, dass nicht ich es war, der diesen Prozess angestoßen hat. Das hat viel mit einem Wandel der Zeit zu tun, der dazu geführt hat, dass Graffitis in Europa und der Welt anerkannt wurden", erklärt Muck und verweist auf bekannte Künstler wie etwa Banksy.
Vor etwa zehn Jahren hätten dann auch Gemeinden hierzulande damit angefangen, den Kontakt zu Sprayern zu suchen und Wände zur Verfügung zu stellen. Dabei habe sich auf beiden Seiten die Einstellung geändert: "Früher wollte kein Sprüher mit einem Politiker gesehen werden. Heute arbeitet man mit dem Bürgermeister Hand in Hand, weil man die Stadt verschönern möchte."
Graffiti-Szene in Salzburg "sehr familiär"
In Salzburg leitet Töpfer mittlerweile im Auftrag der Stadt wöchentliche Workshops für Kids, die auf großes Interesse stoßen. Die Zahl der hier aktiven Sprayer:innen ist auf 20 aktive Artists und etwa 50 bis 100 Graffiti-Begeisterte oder Nachwuchskünstler:innen angewachsen. "Im Gegensatz zu anderen Städten ist die Szene in Salzburg sehr familiär. Jeder kennt jeden und der gegenseitige Respekt ist groß. In anderen Städten hingegen ist der Egoismus recht groß", beschreibt der Künstler die hiesige Sprayer-Szene.
Bei seinen eigenen Kunstwerken geht es Muck vorwiegend darum, ein positives Gefühl entstehen zu lassen. "Das ist heutzutage der Grund, warum ich das mache. Früher wollte ich einfach nur der Coolste sein", sagte der 42-Jährige mit einem Lächeln. In seinen Anfangszeiten habe er auch illegale Graffitis angefertigt, heute allerdings nicht mehr. "Illegale Graffitis gibt es natürlich immer noch. Sie richten sich aber nicht gegen Privatpersonen, es geht hier oft um Kapitalismuskritik. Es gibt also einen Grund für den Vandalismus, und da distanziere ich mich auch nicht davon." Was er aber nicht will, ist, dass sich Heranwachsende durch diese Art der Graffiti-Kunst die Zukunft verbauen. "Da distanziere ich mich in der Prävention natürlich klar davon."
"Saftladen" bekommt neuen Anstrich
Sein bislang größtes Projekt in der Stadt Salzburg steht nun in Schallmoos bevor. Dort bekommt der "Saftladen" einen neuen Anstrich. "Es wird oft vergessen, was unsere Gesellschaft zusammenhält. Das sind eben soziale Einrichtungen wie der Saftladen, der als Anlaufstelle für Menschen dient, die irgendwie Hilfe brauchen", erklärt Muck den Grund, warum die Einrichtung sichtbar werden sollte. Gemeinsam mit einem Kollegen bemalt er hier die gesamte die Fassade. Los geht es am 18. September, die Arbeiten sollen 14 Tage dauern. Entstehen soll ein Kunstwerk, das die im Stadtteil lebenden Menschen zeigt. "Ich glaube, da kann man als Stadtteilbewohner jeden Tag vorbeigehen und immer wieder etwas neue entdecken", freut sich der Graffiti-Künstler auf dieses Projekt.
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(Quelle: salzburg24)