Thomas Zezula betreute in den 1990er-Jahren als Werbefachmann mehrere Wahlkämpfe der SPÖ, seinen letzten Wahlkampf bestritt er bei der Salzburger Landtagswahl 2004 für die Grünen. Mit seiner eigenen Werbeagentur wirbt er mittlerweile für Unpolitisches. In Vorlesungen an der Uni Salzburg bringt er Studenten näher, wie Parteien ihre Wähler erreichen wollen. Mit uns wirft er einen Blick darauf, wie sich Politiker im Salzburger Wahlkampf verkaufen.
SALZBURG24: Thomas, wenn du einen Blick auf den Salzburger Wahlkampf wirfst, was fällt dir auf?
THOMAS ZEZULA: Insgesamt war dieser Wahlkampf ein sehr ruhiger – ohne große gegenseitige Angriffe. Jeder versuchte seine Botschaften rüberzubringen und seine Wahlziele zu erklären. Reibung zwischen den Parteien blieb aus. Das lag auch an der Gesamtsituation, eigentlich waren die Positionen bezogen. Die einen wissen, dass sie Nummer 1 sind und bleiben werden, die Frage ist nur, wie hoch die Zuwächse sind.
Die anderen Parteien haben den Nr. 1-Status der ÖVP akzeptiert. In dem Fall hat es die Konkurrenz Haslauer zu leicht gemacht, seinen Landeshauptmann-Bonus auszuspielen. Zum Beispiel hätte Walter Steidl ja sagen können: Wir waren bis auf den letzten Wahlkampf die Nr. 1, dann ist etwas Grausliches passiert, aber wir wollen diesen Anspruch wieder erheben. Aber sowas hört man von keiner Seite.
Wie viel Inhalt ist im Wahlkampf vertreten, kann man sich ein solides Bild machen, wofür eine Partei inhaltlich steht?.
Man sieht im Wahlkampf: Programminhalte und Detailbotschaften sind Nebenthema.
Wir wissen aus vielen Beobachtungen und Forschungen, dass die Ausstrahlung, die Kompetenz, vor allem aber die Authentizität eines Menschen mitentscheidend ist. Man sieht das an der Entwicklung der Parteienlandschaft in den letzten Jahren. Sebastian Kurz hat es nicht als Partei sondern als Persönlichkeit geschafft, die politische Landschaft völlig zu verändern. Dazu hat ein Landeshauptmann wie Wilfried Haslauer immer einen Bonus – wenn er keine Fehler macht, konsequent für etwas steht und authentisch wirkt.
Walter Steidl hat noch kein so scharfes Profil, wofür er steht und was für eine Persönlichkeit er ist. Daher baut er mehr auf programmatische Inhalte, auf Versprechen. Es ist nicht nur das Sicherheitsthema mit den Polizisten. Er thematisiert auch das Wohnen mit konkreten Vorschlägen und hat dazu sein Verkehrsthema.
Wie stark ist der Wahlkampf in Salzburg auf die Persönlichkeiten der Spitzenkandidaten zugeschnitten?
Der Wahlkampf ist sehr stark auf die Personen zugeschnitten und das ist auch erstaunlich. Haslauer hat letzte Woche erstmals Werbung gebracht, wo er mit dem Team drauf ist. Aber ansonsten ist nur er zu sehen. Walter Steidl hat sich nur ganz am Anfang mit zwei Kollegen gezeigt. Astrid Rössler hat zwei Landesräte im Team, die tauchen nicht auf. Sepp Schellhorn ist eine Ein-Mann-Partei, da weiß man gar nicht wirklich, wer noch dabei ist. Er setzt gewisse Dinge sehr gut um: Persönlichkeit, Geradlinigkeit, Klarheit – er hat eine Persönlichkeitsmarke aufgebaut. Ich glaube, das ist mit ein Grund, warum er in den letzten Umfragen gegenüber den anderen kleinen Parteien die stärksten Werte hat.
Wenn der Wahlkampf so stark auf die Personen zentriert ist und Inhalte Nebensache sind: Bedeutet das auch, dass Parteien auf den Plakaten versprechen können, was sie wollen? Heißt das, dass sie lügen können?
Lügen würde ich nicht sagen, aber natürlich dramatisiert man manchmal Botschaften, um Aufmerksamkeit für ein Thema zu schaffen.
Entscheidend ist aber, dass ich keine Versprechen kommuniziere, die meine eigene Kernwählerschicht zu sehr irritieren. Diese haben eine politische Markenwelt mit gewissen Werten und Zukunftszielen. Wenn in einer Partei Aussagen kommen, wo sich die Kernwähler fragen, ob das noch ihre Partei ist, kann das gefährlich werden. Auf der anderen Seite macht man manchmal populistische, breite Aussagen, um an Wählerstimmen aus anderen Teichen zu kommen. Das ist eine Gratwanderung.
Siehst du bei gewissen Parteien in Salzburg ein Glaubwürdigkeitsproblem, die in ihren Botschaften also besonders stark gegen die eigene Kernwählerschaft gerichtet sind?
Ja, das sehe ich. Aber nicht nur in diesem Wahlkampf. Die Parteien und vor allem politische Persönlichkeiten sind in ihren Aussagen und Einstellungen generell immer weniger greifbar. Ich persönlich finde das sehr schade.
Hier steckt ein Potenzial für Persönlichkeiten, die mit Beständigkeit antreten – die also nicht in einem Jahr das Eine machen und im nächsten das Andere, weil es gerade Mainstream ist.
(Thomas Zezula war am Donnerstag LIVE bei uns im S24-Studio. Wir haben uns nach dem Interview noch weiter unterhalten. Das Interview gibt die wesentlichen Punkte beider Gespräche wieder, Anm.)
Kommen wir zum Thema Social Media: Welche Rolle spielen Facebook und Co beim Fischen nach neuen Wählern?
Eine genauso wichtige wie andere Medien im Mix. Ich kann Facebook nicht weglassen, weil es in unserer Gesellschaft dazugehört. Wir haben es auf Facebook vor allem mit einer jüngeren Zielgruppe zu tun, auch wenn Ältere ebenso Social Media nutzen.
Es gibt viele junge Erstwähler, die muss ich gut bedienen. Aber ich kann nicht sagen, dass Facebook der neue „Hero“ am Mediensektor wäre, der in Salzburg die entscheidenden Stimmen bringen würde – auch nicht in dieser Zielgruppe.
Du hast vorher angesprochen, dass es in Salzburg kaum Konfrontationen zwischen den Parteien gibt. Was würde ein scharf geführter Wahlkampf bedeuten?
Das würde bedeuten, dass ich die Themen offensiver und mutiger deklariere. Da sind wir wieder in diesem schwammigen Bereich: Was will zum Beispiel ein Walter Steidl eine Marlene Svazek angreifen, wenn beide mit Polizisten für Sicherheit werben?
Wie populistisch ist der Wahlkampf in Salzburg?
Wenn ich es einfach auf die Slogans auf den Wahlplakaten reduziere, dann muss ich sagen, das ist Populismus pur. Wenn ich die Plakate ohne ihren Parteinamen sehen würde, käme ich nie auf die Idee, die Parteinamen drunter zu schreiben, die jetzt tatsächlich drunter stehen. Das ist für mich Anbiederung pur, das tut fast ein bisschen weh.
Was heißt das für die Demokratie, hat das einen Einfluss?
Wir sind Gott sei Dank in der glücklichen Lage, dass Salzburg demokratisch gefestigt ist. Es gibt auch viele Strömungen, die das Spektrum der Demokratie (von links bis rechts, Anm.) gut abdecken.
Aber Demokratie heißt, verschiedene Meinungen und Positionen vereinbaren zu können. Es bedeutet, in einem Verhältnis zu leben, wo verschiedene Meinungen Platz haben und wo man sich im Sinne eines Gesamtwohls für die Gesellschaft miteinander arrangiert. Wenn dann hinzukommt, dass Anschauungen, Einstellungen, Ideologien sich nur um Erfolg zu haben und ein paar Wählerstimmen zu kriegen in eine Richtung entwickeln, dann weicht das auch die Demokratie in seiner Buntheit auf. Und gefährlich wird es natürlich dann, wenn aufgrund von populistischen Strömungen zu sehr in eine Ecke des politischen Spektrums überschwappt. Aber momentan mache ich mir in Salzburg keine Sorgen – auch nicht im Hinblick auf das bevorstehende Wahlergebnis.
Ein beruhigendes Schlusswort. Danke für das Gespräch.
Ich danke auch.
Links zu diesem Artikel:
- Alles zur Landtagswahl
- Interviews mit Spitzenkandidaten
(Quelle: salzburg24)