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Toter Rekrut in NÖ: Salzburger Landesgerichtspräsident leitet Untersuchungskommission, Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung

Der Tod eines jungen Rekruten nach einem Marsch sorgt für viel Aufsehen. (Themenbild).
Veröffentlicht: 09. August 2017 10:31 Uhr
Nach dem Tod eines Rekruten der Garde in Horn am Donnerstag ermittelt die Staatsanwaltschaft Krems wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen. Derzeit noch gegen unbekannt, sagte die Leiterin der Anklagebehörde, Susanne Waidecker, am Mittwoch auf APA-Anfrage.
SALZBURG24 (Florian Gann)

Auf fahrlässige Tötung (§ 80 StGB) steht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen. Fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen (§ 81 StGB) wird mit bis zu drei Jahren bestraft.

Rekrut stirbt bei Marsch: Keine bakterielle Vorerkrankung

Der Rekrut war laut dem vorläufigen Obduktionsergebnis an Überhitzung des Körpers gestorben. Vorbehaltlich weiterer Untersuchungen gebe es keinen Hinweis auf eine relevante bakterielle Erkrankung des Grundwehrdieners, hatte Franz Hütter, Sprecher der Staatsanwaltschaft Krems, am Dienstagnachmittag mitgeteilt. Die Überhitzung des Körpers habe zu Herzstillstand geführt. Etwaige Vorerkrankungen des Rekruten werden laut Hütter noch untersucht.

Landesgerichtspräsident Hans Rathgeb soll der Vorfällen auf den Grund gehen./APA/Gindl/Archiv Salzburg24
Landesgerichtspräsident Hans Rathgeb soll der Vorfällen auf den Grund gehen./APA/Gindl/Archiv

Salzburger leitet Untersuchungskommission

Ermittelt wird in dem Fall nicht nur seitens der Staatsanwaltschaft. Das Bundesheer hat nach Angaben vom Dienstagabend eine Untersuchungskommission eingesetzt, die von Hans Rathgeb, Präsident des Landesgerichts Salzburg und Brigadier der Miliz, geleitet wird. Dies deshalb, "um größtmögliche Transparenz und Offenheit sicherzustellen", sagte Generalleutnant Franz Reißner, Kommandant der Landstreitkräfte.

Rathgeb hat am Mittwoch Arbeit aufgenommen

Hans Rathgeb, der Vorsitzende der Bundesheer-Untersuchungskommission, hat am Mittwoch seine Arbeit aufgenommen. Rathgeb befinde sich bereits in der Kaserne Horn und habe umgehend Kontakt zu den Ermittlungsbehörden und zur Truppe aufgenommen, teilte das Verteidigungsministerium mit.

Rathgeb war am Dienstag von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) beauftragt worden, die Untersuchungskommission zum Tod des Soldaten zu leiten. Mit dem im Auftrag der Staatsanwaltschaft Krems tätigen Landeskriminalamt wird der Aussendung zufolge laufend enger Kontakt gehalten, vorliegende Informationen und Ermittlungsergebnisse werden demnach ausgetauscht. Sein Ziel sei, "eine lückenlose, umfassende und völlig transparente Aufklärung der Umstände, die zum tragischen Tod des Rekruten geführt haben, sicherzustellen", erklärte Rathgeb. Er betonte, dass er "in seiner Tätigkeit vollkommen unabhängig ist".

Wann mit ersten Ermittlungsergebnissen zu rechnen ist, könne Rathgeb zur Zeit noch nicht abschätzen, hieß es in der Aussendung weiter. "An einer raschen und lückenlosen Klärung der Unfallumstände wird aber mit Hochdruck gearbeitet." Seitens des Verteidigungsministeriums und des Bundesheeres werde Rathgeb in seiner Arbeit "umfassend und uneingeschränkt unterstützt".

Nun geht es an die Aufklärungsarbeit

Eine Sonderkommission soll zudem sämtliche relevanten Ausbildungsvorschriften im Bundesheer überprüfen. Ihr steht Generalleutnant Günter Höfler vor, Leiter der österreichischen Militärvertretung Brüssel.

Das Bundesheer werde alles unternehmen, die Ursachen für den Tod des jungen Soldaten "lückenlos und transparent aufzuklären. Das ist für mich oberstes Gebot", betonte Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) am Dienstagabend in einer Aussendung. Rathgeb habe "sämtliches Pouvoir, für vollständige Aufklärung zu sorgen". Vorverurteilungen seien nicht angebracht.

Schwere Vorwürfe zu Zuständen in Horner Kaserne

Am Dienstag wurden indes schwere Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Umgang der Ausbildner in der Kaserne in Horn laut. "Hier wird offensichtlich nicht auf das Leben der jungen Männer geachtet", sagte der Vater eines Kameraden des verstorbenen Grundwehrdieners. Am Tag vor dem Unglück sollen bei einer Übung 20 Soldaten in Ohnmacht gefallen sein, sagte er gegenüber dem Falter. Sollte es zu einem solchen Fehlverhalten tatsächlich gekommen sein, werde es "keine Toleranz" geben, sagte Dietmar Rust, Sprecher des Verteidigungsministeriums, am Dienstagabend zur APA.

Bundesheerkommission begrüßt Untersuchungen

Die parlamentarische Bundesheerkommission begrüßt die von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) getroffenen Maßnahmen (die Untersuchungskommission von Rathgeb und die Sonderkommission von Höfler) nach dem Tod eines Rekruten der Garde in Horn. Die beiden eingesetzten Untersuchungsstellen hätten eine "hohe Glaubwürdigkeit", sagte der amtsführende Vorsitzende Michael Hammer (ÖVP) am Mittwoch zur APA. Selbst wolle man die Öffentlichkeitsarbeit verstärken.

Auch die parlamentarische Bundesheerkommission bedauerte den Vorfall sehr, der nun von zwei eingesetzten Stellen untersucht werden soll. Auch die Besetzung mit Hans Rathgeb, Präsident des Landesgerichts Salzburg und Brigadier der Miliz, stieß auf Zustimmung. Nun gehe es darum, mögliche systemische Fehler in der Ausbildung zu finden und sich zu fragen, ob Märsche bei so hoher Temperaturen überhaupt notwendig seien.

Hammer hofft, dass der Vorfall durch die beiden von Doskozil eingesetzten Untersuchungsinstanzen lückenlos aufgeklärt werden kann. Zwar sei auch die parlamentarische Bundesheerkommission mit dem Fall befasst, allerdings wolle man erst einmal die Ergebnisse abwarten. Wirkliche Untersuchungen werde man nur dann anstellen, sollte auch danach näherer Aufklärungsbedarf bestehen, sagte Hammer. Derzeit gebe es keinen Anlass.

Auch Kritik an Methoden in der Grundausbildung, die etwa Angehörige von Grundwehrdienern geäußert hatten, nimmt die parlamentarische Bundesheerkommission laut deren Vorsitzendem ernst. Immerhin sei ja auch Ziel, die Attraktivität des Grundwehrdienstes zu erhöhen. Hammer appellierte an Betroffene, die Möglichkeit der Beschwerde wahrzunehmen, Vertraulichkeit werde zugesichert. Um dies zu forcieren, werde nun auch die Öffentlichkeitsarbeit verstärkt.

Grüne wollen Hintergründe in Anfrage klären

Die stellvertretende Klubobfrau Gabriela Moser und der Jugendsprecher der Grünen, Julian Schmid, fordern indes in einer parlamentarischen Anfrage von Verteidigungsminister Doskozil (SPÖ) volle Aufklärung über die Umstände, die zu dem Todesfall geführt haben. Einige Dinge seien zu klären, hieß es darin. Sie stellten 41 Fragen, unter anderem: Welche Aufgaben mussten die betroffenen Grundwehrdiener an diesem Tag erledigen? Mussten an diesem Tag Wegstrecken zu Fuß bewältigt werden, und wenn ja, wie lang waren diese? Musste dabei Marschgepäck getragen werden, und wenn ja mit welchem Gewicht? Welche Kleidung hatten die Grundwehrdiener dabei zu tragen? Führte der Marsch durch Sonnenflächen oder durch den Schatten? Wie wurde eine ausreichende Versorgung der Grundwehrdiener mit Flüssigkeit während des Ausbildungsprogramms sichergestellt? In welchem Zeitabstand wurden Trinkpausen abgehalten?“ Hinterfragt werden auch Existenz und Einhaltung der Vorschriften für Übungen bei Hitze.

Die FPÖ und die NEOS wollen im Fall des in Niederösterreich gestorbenen Bundesheer-Rekruten die Ergebnisse der vom Verteidigungsministerium eingesetzten Untersuchungskommissionen abwarten. Abgeordnete beider Klubs bedauerten am Mittwoch gegenüber der APA den Vorfall.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen kondolierte den Angehörigen des verstorbenen Bundesheer-Rekruten. Via Facebook schrieb er am Mittwoch: "Mein aufrichtiges Beileid gilt den Eltern, Freunden und Angehörigen des jungen Rekruten Toni P., der vergangenen Donnerstag nach einem Marsch im Rahmen seiner Grundausbildung gestorben ist." Er erwarte sich "von den eingesetzten Untersuchungskommissionen eine lückenlose und transparente Aufklärung der Umstände des tragischen Todes des Rekruten", betonte Van der Bellen.

(APA/SALZBURG24)

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(Quelle: salzburg24)

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