Der Mai bringt uns mit seinen zahlreichen Feiertagen einige verlängerte Wochenenden für Kurztrips. Aber auch die große Ferien-Reisezeit im Sommer steht bevor. Elisabeth Lanzl hat das schon vielfach hautnah miterlebt, schließlich gehört sie der Salzburger Flughafen-Betriebsleitung seit 1989 an - der Flugplatz in Salzburg wurde übrigens im Jahr 1926 eröffnet.
In den vergangenen zehn Jahren zog sie als Hauptverantwortliche die Fäden hinter den Kulissen des zweitgrößten Flughafen Österreichs. Die 51-Jährige aus St. Koloman (Tennengau) ist verheiratet und seit der Geburt ihrer Tochter als Teilzeitkraft am Salzburg Airport angestellt.
SALZBURG24: Welches Ziel hatte eigentlich deine letzte Flugreise?
ELISABETH LANZL: Olbia auf Sardinien in Italien.
War der Job beim Flughafen damals Liebe auf den ersten Blick?
Ich war vorher bei einer Bank angestellt, kam eher zufällig zum Flughafen und bin mittlerweile seit fast 30 Jahren dort tätig. Anfangs hätte ich sicher nicht gedacht, so lange da zu bleiben. Heute ist sicher Liebe daraus geworden (lacht).
Wie kann man sich deinen Arbeitstag vorstellen?
Die Betriebsleitung schließt morgens auf und sperrt am Abend ab. Vor der Öffnung am Morgen werden die Start-, Lande- und Rollbahn auf Mängel kontrolliert, die Befeuerung gecheckt und mögliche Hindernisse überprüft. Die zentrale Aufgabe ist die Funktionstüchtigkeit aller Anlagen im Passagierterminal und dass Feuerwehr und Rettung einsatzbereit sind. Wir sind sozusagen das Bindeglied zwischen den Abläufen am Boden und im Tower. Die Aufgaben werden von mehreren Kollegen übernommen, deren Tätigkeitsfelder fest abgesteckt sind.
Mit wie vielen Kollegen stehst du im tagtäglichen Austausch?
An extrem stressigen Tagen sind das schon 40 bis 50. Schließlich kontrollieren wir auch die Einhaltung der strengen behördlichen Auflagen sowie Gesetze und kümmern uns um den reibungslosen Ablauf am Flughafen – da kommt einiges zusammen.
Du ziehst die Fäden hinter den Kulissen - Was sind die speziellen Herausforderungen?
Das ist ganz vielfältig und jeden Tag anders. Die Betriebsleitung ist ja auch für die Vergabe der neun Hangars verantwortlich. Wir sind im ständigen Austausch mit anderen Abteilungen und stehen in permanenter Alarmbereitschaft. Es geht um die Sicherheit am Flughafen, die unteilbar ist und an oberster Stelle steht. Aber wie überall ist Kommunikation der Schlüssel: Wenn man uns informiert, dann finden wir einen gemeinsamen Weg.
Was sind die nicht so alltäglichen Aufgaben?
Weil die Sicherheitszäune vor geraumer Zeit erneuert wurden, kommt der Fuchs nicht mehr aufs Flughafen-Gelände und so hat sich mittlerweile unser Hasenbestand erhöht – die zweijährliche Hasenjagd lohnt sich aber kaum für die Jäger (lacht).
Unfälle, Terror oder heftige Unwetter: Was passiert im Worst-Case-Szenario?
Das Zusammenspiel mit den Blaulichtorganisationen muss perfekt funktionieren. Wir sind in der sogenannten Airport Operations eine dieser Schaltzentralen – im Notfall werden ich oder mein Kollege in der Betriebsleitung zum Einsatzleiter. Etwa 150 bis 200 Vorfälle gibt es im Jahr, also fast jeden zweiten Tag. Das ist dann aber auch der alarmschlagende Rauchmelder, weil Dampf in der Küche nicht richtig abgezogen ist.
Welchen Einfluss hat der Flughafen auf Salzburg und Bayern?
Einen enormen sowohl für den Tourismus als auch die Wirtschaft, denn es ist ein Flughafen für die gesamte Grenzregion – von Salzburg bis Rosenheim, Oberösterreich, Tirol und Kärnten. Im Jahr 2017 haben wir rund 1,9 Millionen Passagiere abgefertigt und ein Großteil davon kommt in die Region und lässt das Geld da. Der Flughafen ist auch für die zahlreichen angrenzenden Betriebe ein schneller Schritt hinaus in die weite Welt.
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Eine Besonderheit ist sicher die Nähe zu Red Bull.
Das ist eine ganz spezielle Beziehung, weil wir auch für den Hangar 7 und 9 verantwortlich sind. Unser Gelände ist ein sensibler Sicherheitsbereich und bei Red Bull ist der Bereich lediglich nicht allgemein zugänglich, was ein Zugeständnis unsererseits ist. Das hat hat zur Folge, dass deren Flugzeuge nur komplett geschlossen durch das Tor zum Flughafen fahren dürfen. Einen Extra-Sicherheitscheck gibt es nicht.
Muss der Salzburger Flughafen erweitert werden?
Für das Einzugsgebiet sind wir sehr gut aufgestellt. Ich glaube nicht, dass der Regionalflughafen jemals erweitert werden müsste. Nur die 60 Jahre alte Piste wird im Frühjahr 2019 saniert und der Flughafen dafür knapp einen Monat lang komplett gesperrt.
Wann ist die stressigste Zeit des Jahres?
Generell ist die Vorbereitung auf einen Charterflieger im Winter immer besonders stressig. Es muss abgeklärt werden, wann welche der Flugzeuge am Tag bei uns landen und den weiteren Betrieb damit maßgeblich beeinflussen. Die Abfertigung einer großen Boeing-747 ist immer eine spezielle Herausforderung. Je größer der Flieger ist, desto mehr muss eigentlich beachtet werden. Ein Airbus-A380 wäre für Salzburg gar nicht geeignet, weil ich wir nicht die passende Infrastruktur dafür haben.
Heuer im September wird mit dem EU-Gipfeltreffen in Salzburg sicher einiges auf uns zu kommen.
Wie schaltest du nach dem Feierabend ab und kommst zur Ruhe?
Ich versuche die Arbeit nicht mit nach Hause zu nehmen und kann mich im Kreis meiner Familie am besten entspannen. Zwei meiner vier Brüder wohnen auch in der Region. Einer arbeitet sogar am Flughafen und bei dem anderen helfe ich manchmal auf dem Bauernhof aus. Wahnsinnig gern mache ich Wellness und gehe mit dem Mountainbike auf Tour. Aber meine Tochter ist das beste Entspannungsprogramm.
Als Frau hast du in deinem Job sicher ein Alleinstellungsmerkmal, oder?
Absolut (lacht). Ich kenne keine zweite Betriebsleiterin und auf nationalen Meetings sind nur ganz wenige Frauen dabei, die dann auch eher im Sicherheitsmanagement tätig sind. Der Flughafen ist zwar ein sehr gerechtes Unternehmen, trotzdem muss man sich in der Männerwelt behaupten. Man kämpft hin und wieder schon mit Akzeptanz und Neid.
Welche kuriosen Geschichten sind dir in den Jahren so untergekommen?
Beim chinesischen Staatsbesuch (2011, Anm.) hat sich deren gesamter Stab geweigert, am Rollfeld Sicherheitswesten zu tragen. Da kannst du nichts machen und bist machtlos, obwohl es Vorschrift ist. Danach haben wir die Westen bereits in jedem Vorbereitungsgespräch verpflichtend festgelegt.
An einem Tag Ende der 1980er-Jahre kamen in einer Geheimaktion und ohne Flugplan spätabends die Ministerpräsidenten aus Frankreich, Italien und der DDR nach Salzburg – kaum wer wurde einweiht und niemand durfte etwas davon sagen. Das Problem war, dass wir dafür zwingend eine Betriebszeiterweiterung benötigten und die begründet werden musste. Für meinen damaligen Chef war es dann unerlässlich, weitere Kollegen und den Tower einzuweihen. Alles ist gut gegangen, aber für mich war das total spannend. Schließlich gab es damals noch keine Sicherheitskontrollen wie heute und somit ging das am Ende recht problemlos über die Bühne.
Anfang der 1990er-Jahre wollte Lothar De Maizière (DDR-Ministerpräsident, Amn.) nach 23 Uhr abfliegen – alles war auch schon genehmigt. Der damalige Chef der Flugsicherung wollte aber sein Personalproblem demonstrieren und hat den Controller einfach heimgeschickt, der niemanden etwas gesagt hat. Keiner konnte dann mehr fliegen, weil es keine Flugsicherung mehr gab – das ist heute unvorstellbar.
Wie viel Fernweh bekommst du, wenn du die startenden Flugzeuge siehst?
Das Empfinden hat sich mit der Zeit verändert. Am Anfang habe ich mir an manchen Tagen sicher gewünscht, mich in einen Urlaubsflieger zu setzen. Aber mittlerweile bin ich eher fürs Beamen und damit nicht mehr der ideale Gast für einen Flughafen (lacht).
Zu Beginn hast du uns verraten, dass deine letzte Flugreise nach Sardinien ging. Wohin verschlägt es dich als nächstes?
Wieder nach Olbia auf Sardinien. Dafür geht der übernächste Flug nach New York – mein Mann muss unbedingt mal hin und ich habe auch Freundinnen dort, weil ich vor meiner Zeit am Flughafen Salzburg Au Pair in New York war.
Ich freue mich aber immer in Salzburg zu landen und wieder nach Hause zu kommen. Wir wissen nämlich oft gar nicht, in was für einer heilen Welt wir da eigentlich leben.
Danke für das spannende Gespräch.
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(Quelle: salzburg24)