Nach dem tödlichen Gasunfall in der Firma AustroCel in Hallein (Tennengau) am 2. Juni 2021, bei dem ein Arbeiter ums Leben gekommen war, ist am Dienstag bei einem fortgesetzten Prozess am Landesgericht Salzburg der Ex-Geschäftsführer des Unternehmens wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden. Er erhielt eine Geldstrafe in Höhe von 8.400 Euro. Drei mitangeklagte Techniker sind freigesprochen worden. Für die Firma gab es eine Verbandsgeldbuße von 150.000 Euro.
Ex-Geschäftsführer räumte Fehler ein
Die Prozessparteien gaben keine Erklärungen ab, die Urteile sind nicht rechtskräftig, teilte Peter Egger, Mediensprecher des Landesgerichts Salzburg, mit. Die Staatsanwaltschaft warf den vier Personen und dem Unternehmen grob fahrlässige Tötung, fahrlässige Beeinträchtigung der Umwelt und fahrlässige Körperverletzung vor. Der Ex-Geschäftsführer sowie der Rechtsvertreter der Firma sprachen beim Prozess-Start vor einer Woche von Fehlern. Sie gestanden eine Fahrlässigkeit ein, nicht aber eine "grobe". Das Gericht sah in seinem Urteil leichte Fahrlässigkeit gegeben. Die drei beschuldigten Techniker beteuerten ihre Unschuld und argumentierten, sie seien für die Überprüfung der Rohrleitungen nicht zuständig gewesen. Sie wurden freigesprochen.
Arbeiter bei AustroCel tödlich verletzt
An jenem 21. Juni 2021 war in der Zellstoffkocherei eine Gasdruckleitung gerissen. Ein Arbeiter wurde vom knapp 150 Grad heißen Schwefeldioxid getroffen und tödlich verletzt. Den Beschuldigten werden schwere Sorgfaltsverstöße vorgeworfen. Sie sollen die sie betreffenden Verpflichtungen zur Einhaltung der Sicherheitsvorkehrungen im Tatzeitraum 2004 bis 2. Juni 2021 nicht eingehalten haben. "Die Rohrleitungen wurden nie im Sinne der Gesetze überprüft", erklärte Staatsanwalt Christoph Wancata. Sämtliche relevante Vorschriften nach der Druckgeräteüberwachungsverordnung seien ignoriert worden, die bereits seit 2004 gegolten haben.
Das Rohr, das bei dem Unfall geborsten war und als Hochdruckleitung zu "Kocher 4" geführt hatte, habe zudem nur eine Dicke von 1,8 Millimetern aufgewiesen, statt der erforderlichen drei Millimeter, erläuterte der Staatsanwalt. Es sei deshalb ungeeignet gewesen. Da die Sicherheitsvorkehrungen, die regelmäßige und ordnungsgemäße Drucküberprüfungen sowie Innen- und Außeninspektionen durch akkreditierte Stellen vorgeschrieben haben, nicht eingehalten worden seien, sei das korrosionsgeschädigte Rohr schließlich explosionsartig geplatzt. Der Mitarbeiter sei am ganzen Körper verbrüht und verätzt worden.
Schwefeldioxid gelangt in Luft
Durch den Schwefeldioxid-Austritt sei auch die Luft verunreinigt worden, führte der Staatsanwalt aus. Deshalb habe eine Gefahr für die Gesundheit einer größeren Zahl von Menschen bestanden. Konkret seien drei Anrainer an der Gesundheit geschädigt worden. Sie hätten das ausgetretene Gas eingeatmet und an Husten und Brechreiz gelitten.
Dem Strafantrag zufolge war der nunmehr ehemalige Geschäftsführer über den gesamten Tatzeitraum verpflichtet, die entsprechenden Vorschriften einzuhalten. Sein Verteidiger erklärte, der Angeklagte werde die Verantwortung dafür übernehmen, dass fahrlässig gehandelt worden sei. Sein Mandant sei der Ansicht, "wir hätten das besser machen können und müssen", so der Anwalt. "Der Vorfall beschäftigt ihn bis heute. Es macht ihn betroffen. Ja, man hätte das Kontrollsystem engmaschiger aufsetzen müssen."
Der Ex-Geschäftsführer, der nun selbstständig tätig ist, sagte zur Strafrichterin Daniela Meniuk-Prossinger, dass man nach dem Unfall erkennen habe müssen, dass die Druckgeräteüberwachungsverordnung schon längst umgesetzt werden hätte müssen. Dies sei so lange Zeit niemanden aufgefallen. Die Verteidiger der beschuldigten Techniker erklärten, dass ihre Mandanten für den Unfall nicht zur Verantwortung gezogen werden können, weil sie für die Überwachung der Druckgeräte in der Zellstoffkocherei nicht zuständig gewesen seien.
Der Rechtsvertreter der AustroCel Hallein GmbH sagte, es sei ein Fehler passiert. Die Druckgeräteüberwachung sei nicht in dem erforderlichen Ausmaß erfolgt, obwohl hier zahlreiche interne und externe Mitarbeiter dafür tätig gewesen seien. "Dieser Fehler, der passiert ist, ist über die Jahre niemanden aufgefallen." Das Unternehmen werde formell eine Verantwortung übernehmen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Verbandsbuße beantragt.
Produktion seit April 2022 wieder in Regelbetrieb
Nach dem Unfall stand die Produktion einige Zeit still, am 1. April 2022 nahm das Unternehmen wieder den regulären Betrieb auf. Nach dem Unglück wurde bei AustroCel ein neuer Geschäftsführer bestellt. Die neue Geschäftsführung ließ unter Einbeziehung von TÜV Österreich eine Sicherheitsanalyse des Werks durchführen. Die Zellstoffkocherei wurde modernisiert, alle Rohrleitungen wurden überprüft und teils ausgetauscht.
(Quelle: apa)