Sense statt Bagger

Wie eine Umweltbaustelle zum Arten- und Naturschutz beiträgt

Oberhalb des Wiestalstausees wurde eine Umweltbaustelle eingerichtet. Freiwillige bringen die Wiesen dort in Schuss. 
Veröffentlicht: 25. Juli 2023 16:13 Uhr
Oberhalb des Wiestalstausees gibt es derzeit eine Umweltbaustelle. Freiwillige bringen die dortigen Wiesenflächen in Schuss. Das soll ein erster Schritt für mehr Natur- und Artenschutz sein. Ein SALZBURG24-Lokalaugenschein.

Auf einer Baustelle stehen normalerweise Bagger, Kräne oder Betonmischer. Oberhalb des Wiestalstausees im Gemeindegebiet von Puch bei Hallein (Tennengau) ist das anders. Dort gibt es zurzeit nämlich eine Umweltbaustelle. Das Ziel: Die wertvolle Natur zu erhalten und die Artenvielfalt zu fördern. Die sogenannten Magerwiesen beherbergen nämlich seltene Tier- und Pflanzenarten wie etwa Orchideen. Wie das Projekt genau funktioniert, haben wir uns am Dienstag beim Lokalaugenschein angesehen.

Mit einem Van geht es vom Parkplatz bei der Wiestalstaumauer über einen unwegsamen und engen Forstweg recht steil hinauf. Nach einigen Minuten kommen wir an. Links und rechts von uns blicken wir auf Wiesen und Wälder, ganz unten ist der Stausee zwischen den Bäumen zu sehen. Am Wegrand liegen schon Sensen und andere Arbeitsgeräte für die jungen Freiwilligen bereit. Sie mähen die noch erhaltenen Wiesenflächen, schneiden Äste zurück und transportieren das Material ab. Landwirt:innen könnten auf den steilen Hängen oft nur schwer mit ihren großen Geräten arbeiten. Und auch die Zufahrten seien recht eng, erklären die Engagierten. Die Flächen seien zum Teil schon zugewachsen, auch Steine oder Baumstämme würden die Arbeit dort erschweren.

Erstpflege der Wiesen wird zum Kraftakt

Deshalb rücken die Freiwilligen auf den Flächen, die die Biotopschutzgruppe HALM von den Bundesforsten gepachtet hat, zur Erstpflege aus, erklärt Projektleiter Robert Reischl im SALZBURG24-Interview. Und das ist eine schweißtreibende Arbeit. „Wir mähen dort, wo es sehr unwegsam ist, mit Hand- und Motorsensen. Vor allem die Arbeit mit Handsensen macht aber vielen Leuten auch Spaß, weil es sehr traditionell und sogar eine meditative Sache ist.“

 

Die meisten Helferlein, die hier anpacken, nehmen sich extra eine Woche Urlaub, wenn sie nicht mehr studieren oder in die Schule gehen, erzählt der gebürtige Hallwanger (Flachgau). Mit diesen Erstmaßnahmen ist es aber noch nicht getan: „Weil die Wiesen mit dreieinhalb Hektar sehr groß sind, ist es das Ziel, dass letztendlich ein Landwirt übernimmt.“ Finanzielle Anreize dafür könnte etwa das Österreichische Programm für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) schaffen. Dieses fördert eine umwelt- und klimaschonende Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen.

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Offene Lebensräume für Biodiversität unverzichtbar

Warum sind aber die Pflege und somit der Erhalt von Wiesen nun so wichtig für die Natur? Offene Lebensräume seien das Beste für die Biodiversität, führt Biologin Anita Sinner aus. „Wir sind hier in einem Lebensraum mit sehr viel Wald. Die offenen Flächen sind wichtig für die Insekten, die Insekten wiederum für die Vögel. Man hat also eine ganz andere Lebensgemeinschaft auf der Wiese als im Wald. Im Wald ist viel vorhanden. Wenn wir jetzt die Wiese auch noch haben, entsteht ein großes, komplexes Biotop, das gut ineinandergreift. Dann kann dort auch viel mehr leben.“ Eigentlich müsste man einen riesigen Biotopkomplex über das ganze Land schaffen, meint Sinner. Denn nur so würde man es auch schaffen, die Biodiversität über den Klimawandel zu retten. „Wir fangen dort an, wo wir ansetzen können. Wir haben kleinere Projekte fast im ganzen Bundesland und versuchen auch, einfach die Idee mitzutransportieren. Und auch die Naturschutzbehörde ist ja sehr aktiv.“

Dass sich eine „kaputte“ Wiese erholt und Resultate zu sehen sind, geht allerdings nicht von heute auf morgen. „Eine Wiese ist wahnsinnig schnell zerstört und es dauert unglaublich lange, bis man sie wieder generiert. Ein solches Wiesenbiotop entsteht ja über hundert Jahre. Wenn die Arten aus einem ganzen Gebiet verschwunden sind, ist es schwer, dass sie wieder einwandern. Ich könnte mir vorstellen, dass man hier einen richtigen Unterschied in ungefähr zehn Jahren sieht“, gibt die 34-Jährige einen Ausblick.

Warum braucht Salzburg eine Umweltbaustelle?

Warum es solche Projekte in Salzburg braucht, ist für Projektleiter Reischl sonnenklar: „Weil die jungen Leute das selbst in die Hand nehmen, wofür Politik, Behörden und Unternehmen jetzt keine Aufmerksamkeit haben. Sie bewahren sozusagen ihre eigene Zukunft, indem die Flächen und somit die Naturvielfalt erhalten bleiben. Es ist also ein sehr hoher Wert, den wir hier kostenlos leisten.“

Was ist eine Umweltbaustelle?

Umweltbaustellen sind freiwillige Arbeitseinsätze, finden in den Sommerferien statt und dauern meist eine Woche. Diese gibt es in ganz Österreich und werden von der Alpenvereinsjugend organisiert. Die Helferinnen und Helfer setzen sich gemeinsam mit Expert:innen für verschiedene Naturschutzprojekte ein. Dabei werden Wege saniert, Bäume gepflanzt, Erosionsstellen begrünt und Bergbauern und -bäuerinnen unterstützt.

Die Umweltbaustelle „Viel los im Moos Vol. 7“ wird von der Biotopschutzgruppe HALM gemeinsam mit dem Alpenverein durchgeführt. HALM wurde 2001 gegründet und ist seit 2011 als eigenständiger Verein tätig. Seither setzt dieser sich u.a. für die Erhaltung des letzten Salzburger Vorkommens der Deutschen Ufertamariske (Myricaria germanica) und die Anlage von Amphibien-Laichgewässern ein.

Bildergalerien

Oberhalb des Wiestalstausees wurde eine Umweltbaustelle eingerichtet. Freiwillige bringen die Wiesen dort in Schuss. 
Oberhalb des Wiestalstausees wurde eine Umweltbaustelle eingerichtet. Freiwillige bringen die Wiesen dort in Schuss. 
Oberhalb des Wiestalstausees wurde eine Umweltbaustelle eingerichtet. Freiwillige bringen die Wiesen dort in Schuss. 
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Oberhalb des Wiestalstausees wurde eine Umweltbaustelle eingerichtet. Freiwillige bringen die Wiesen dort in Schuss. 
Oberhalb des Wiestalstausees wurde eine Umweltbaustelle eingerichtet. Freiwillige bringen die Wiesen dort in Schuss. 

(Quelle: salzburg24)

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