"Es ist die Zukunft"

Vom Greißler zum Automaten – wie wir einkaufen

(v.li.n.re.) Stefan Fuchs (Fuchserei), Walter Grüll (Grüll Fischhandel) und Moritz Unterkofler (UKO Microshops) bei der Präsentation des Microshops in Grödig.
Veröffentlicht: 26. Jänner 2022 16:03 Uhr
Unser Einkaufsverhalten hat sich in den letzten Jahren massiv verändert. Schon vor Jahrzehnten lösten große Supermarktketten den Greißler ums Eck ab. Nun boomen auch in Salzburg Lieferdienste und Automaten-Shops.
Oliver Klamminger

Die romantische Vorstellung beim Dorfgreißler einzukaufen, Bekannte zu treffen und dabei Tratsch und Klatsch auszutauschen ist maximal noch eine Szene in einem alten Film. Auch wenn in vielen Lebenslagen eine Rückbesinnung auf alte Traditionen und Werte stattfindet, schreitet die Gesellschaft beim Einkauf mit großen Schritten in Richtung Zukunft. Neue Ideen und technische Hilfsmittel kratzen mittlerweile sogar schon an der Institution Supermarkt. Die Corona-Pandemie hat das seine dazu beigetragen. Die Trends im Lebensmittelbereich heißen Lieferservice, elektronischer Kiosk und Selbstbedienungs-Container. Und natürlich liefert auch Online-Marktführer Amazon über den Ableger Fresh den täglichen Einkauf bequem nach Hause.

 

Lieferdienst als zusätzlicher Service

Diese Entwicklung geht natürlich an den Branchen-Größen im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) vorbei. Seit gut fünf Jahren bietet auch Interspar einen Lieferdienst an. Zugestellt wird innerhalb und rund um die Mozartstadt bis nach Mondsee (OÖ). Für 4,90 Euro wird der Einkauf von Montag bis Samstag nachhause oder zu einer Abholstation geliefert. Die Nachfrage für diesen Dienst habe sich seit Beginn der Corona-Pandemie deutlich gesteigert, wie Spar-Sprecherin Nicole Berkmann auf Anfrage von SALZBURG24 bestätigte. Das Einkaufsverhalten hat sich somit allein in den letzten zwei Jahren offensichtlich verändert. „Einen typischen Kunden gibt es nicht. Manche nutzen den Shop immer, manche aber nur sporadisch“, so Berkmann. Konstant seien nur die am häufigsten gekauften Produkte: Bananen, Äpfel, Butter, Milch und Brot. Also Grundnahrungsmittel, für die man früher noch zum Greißler oder Bäcker ging.

Der Spar-Konzern sieht den Lieferdienst vorerst noch als zusätzlichen Dienst für seine Kunden, ohne dass der stationäre Handel dabei groß beeinträchtigt wird. „Wir machen beispielsweise nur etwa ein Prozent des Umsatzes online“, bekräftigt die Sprecherin. „Verdienen tut man damit derzeit wohl nirgends etwas.“ Mittbewerber Billa von der REWE-Gruppe bietet ebenfalls einen Lieferdienst an, war für Auskünfte aber nicht erreichbar.

Ninjas liefern per Rad

In der Stadt Salzburg haben sich Christopher Meingast-Graf und Thomas Hager-Roiser ein ähnliches Konzept einfallen lassen. „Die Idee kam uns eigentlich schon vor dem ersten Lockdown“, erzählt Unternehmensgründer von ninjas.jetzt Meingast-Graf. Im Mai 2020 gingen die beiden mit ihrem Projekt schließlich online (wir haben berichtet). Ihre „Ninjas“ bringen Lebensmittel und Convenience-Produkte per Fahrrad zu den Kunden, die sich ihren Einkauf vorher bequem per Klick in einer App oder auf der Homepage zusammengestellt haben. „Dadurch haben unsere User mehr Zeit für Familie oder Arbeit“, erklärt der 30-Jährige. Wichtig sei den beiden, dass die Produkte von regionalen Produzenten kommen und per Rad, also klimafreundlich, zugestellt werden. Bei größeren Bestellungen oder weiteren Wegen sind die Ninjas mit dem E-Auto unterwegs. Im Gegensatz zu den Lieferdiensten der Supermärkte, die meist erst am nächsten Tag zustellen, klingeln die Fahrradzusteller im Salzburger Stadtgebiet oft schon 20 Minuten nach der Bestellung an der Haustür. 35 Kuriere stehen mittlerweile fast im Dauereinsatz.

 

Salzburger haben Lieferdienst für sich entdeckt

Dass man sich Essen vom Lieferdienst bringen lässt, ist längst nichts Ungewöhnliches mehr. Die Fahrradkuriere in ihren orangen oder grünen Outfits und schweren Taschen am Rücken sieht man in der Mozartstadt beinahe zu jeder Uhrzeit, an jeder Ecke. Doch auch die Lebensmittel-Lieferung erfreue sich mittlerweile großer Beliebtheit. „Es ist praktisch. Wenn ich etwas vergessen habe, muss ich nicht selbst noch einmal zum Markt fahren. Das haben viele durch Corona für sich entdeckt“, so der Ninja-Boss. Die Kundenschicht sei sehr gemischt und gehe über die klassischen Studentenbestellungen wie Bier und Chips hinaus. „Junge Familien erledigen oft den gesamten Wocheneinkauf bei uns“. Kein Wunder, dass neben Getränken und Süßigkeiten Obst, Gemüse, Gebäck und auch vegane Produkte die Top-Seller sind.

Ninjas sind „kein Trend, sondern die Zukunft“

Meingast-Graf ist sich ganz sicher, dass sie mit ihrer Idee den Zahn der Zeit getroffen haben: „Corona war der Push dafür. Jetzt ist es für uns schon ganz normal und nicht nur ein Trend, sondern die Zukunft“. Darum sei der Plan das Angebot über Lebensmittel hinaus auszubauen. „Essen funktioniert gut, jetzt wollen wir Kleidung und Elektrogeräte von lokalen Produzenten anbieten“, verrät der Unternehmer. „Wir sehen uns als lokales Amazon“. Mittlerweile haben die Ninjas auch schon expandiert, radeln in Linz und haben einen Automaten in einem Salzburger Studentenheim installiert.

Lebensmittel aus dem Automaten

Solche Lebensmittel-Automaten sind mittlerweile auch in der Stadt Salzburg angekommen. Ob Pizza-Automat in der Linzergasse oder 24-Stunden-E-Kiosk in Maxglan, ohne jegliches Personal – die Technik hat unsere Einkaufsmöglichkeiten deutlich erweitert. Und wird sie wohl auch nachhaltig verändern.

Grödiger Kaviar aus dem Automaten

Der Grödiger Metzgermeister Stefan Fuchs bietet seine Spezialitäten ab sofort rund um die Uhr an. Seine Automaten versorgen sogar des Menschen besten Freund.

Davon ist auch Moritz Unterkofler aus Golling (Tennengau) überzeugt. Seine Firma UKO Microshops bietet Automaten für kleine Einzelkunden oder Hotels an. „Wir nennen sie aber Microshops, weil der Automat noch ein negatives Image hat“, so der 30-Jährige im Gespräch mit S24. Mittlerweile stehen österreichweit 6.000, in Salzburg zirka 300 seiner Automaten, die teilweise mit hochwertigen Produkten von Bäckern, Metzgern oder mit Sushi befüllt werden. Nächste Woche präsentiert etwa der Gollinger Haubenkoch Andreas Döllerer einen Microshop in der Stadt Salzburg. „Dem Betreiber liefern wir ein Rundum-Sorglos-Paket samt Wartung. Die Kunden profitieren, weil die Produkte rund um die Uhr und sofort verfügbar sind“, schildert Unterkofler die Vorteile seines Konzepts.

Nachfrage nach niemals müden Verkaufsmaschinen steigt

Die Nachfrage nach seinen vielseitigen „Vertriebskanälen“ sei in den letzten Jahren stark gestiegen. „In Japan sind solche Automaten gang und gäbe. Das beobachten wir schon seit Jahren. Österreich war darauf noch nicht eingestellt. Aber während der Pandemie hatten viele Zeit über Veränderungen nachzudenken“, erzählt der Gollinger, der fest an ein weiteres Wachstum dieses Segments glaubt. „Es wird auf jeden Fall wachsen, weil auch immer mehr Branchen darauf aufspringen“. Dabei werden auch die technischen Ausführungen der niemals müden Verkaufsmaschinen immer ausgefeilter.

„s‘Dorfhäusl“ im Container

Auch im Salzburger Flachgau tut sich was in Sachen innovativer Einkaufsmöglichkeiten. Wolfgang Kinz und sein Geschäftspartner Klaus Bernkopf sind kurz davor „s’Dorfhäusl“ in der Fuschlseeregion zu eröffnen. „Das sind Selbstbedienungsläden mit regionalen Produkten, die in Containern samt Kühl- und Gefrierfächern untergebracht sind“, erklärt Bernkopf gegenüber S24. Die Mini-Supermärkte werden fast durchgehend für jeden geöffnet sein. Nur Personal wird man vergeblich suchen. „Die Waren kann sich jeder aus den Regalen nehmen und dann in Bar oder per Karte an einer Art Schnellkasse, die man aus Supermärkten kennt, bezahlen. Es war uns wichtig, dass man weder Handy noch Kreditkarte dafür benötigt“, schildert der Faistenauer.

 

Bis Mitte des Jahres sollen zwei solche Selbstbedienungs-Container im Flachgau stehen. Vor Diebstählen haben die beiden dabei keine Angst. „Die Container werden videoüberwacht. Erfahrungswerte haben jedoch gezeigt, dass die Hemmschwelle etwas zu stehlen steigt, wenn man weiß, wer die Produzenten sind“, so Bernkopf und fügt an: „In der Stadt würde das wahrscheinlich nicht funktionieren, aber bei uns am Land schon.“

Regionale Produzenten im Fokus

Daher ist es den beiden auch extrem wichtig, dass nur regionale Bäcker, Metzger und andere Produzenten ihre Produkte in den "Dorfhäusln" präsentieren. „Die Hersteller stehen bei uns im Vordergrund, werden bildlich in den Containern präsentiert. Durch das Scannen der elektrischen Preisschilder bekommen die Kunden auch Infos zu den Produzenten und Herkunft der Waren.“ Aktuell ist das Duo noch auf der Suche nach weiteren Partnern, um das Sortiment zu erweitern. Interessierte können sich per Mail melden.

Die Idee für ihr Konzept schmiedeten Bernkopf und Kinz, wie so viele, während der Corona-Pandemie, die unser Einkaufsverhalten und das Angebot wohl nachhaltig beeinflusst hat.

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(Quelle: salzburg24)

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