Es fängt an mit einzelnen Stunden, dann Montage oder Freitage, bis daraus schließlich ganze Wochen werden: Das Problem des sogenannten Schulabsentismus – also Kindern und Jugendlichen, die der Schule über längere Zeit fernbleiben – wird zunehmend zur Herausforderung für Eltern und Lehrkräfte. Auch in Salzburgs Schulen wird dieses Phänomen immer häufiger wahrgenommen. An einer allgemeingültigen Definition und damit auch an Zahlen dazu mangelt es aber.
Schulabsentismus als schleichender Prozess
"Wir sprechen als Lehrkräfte bei absenten Schüler:innen grundsätzlich von Kindern und Jugendlichen, die einem wesentlichen Teil des Unterrichts fernbleiben – aus verschiedensten Gründen", erklärt Natalie Hangöbl, Obfrau der KPÖ Plus im Landtag und Lehrerin an der Neuen Mittelschule Lehen, im SALZBURG24-Gespräch. Oft schleiche sich das Fernbleiben ihrer Erfahrung nach ein. "Es fängt mit Nachmittagsstunden an, dann sind es oft Montage oder Freitage, es folgen mehrere Tage oder sogar Wochen am Stück – bis die Kinder komplett wegbrechen." Auch nach längeren Erkrankungen würden Schüler:innen mitunter nicht mehr regelmäßig zum Unterricht erscheinen, schildert die Lehrerin.
Die Hintergründe seien vielfältig und oft komplex. "Klassisch sind Schicksalsschläge oder psychische Erkrankungen der Kinder oder auch der Eltern", so Hangöbl. Dem pflichtet auch Pamela Heil, Sozialarbeiterin und Leiterin von „Jetzt – Soziale Arbeit in der Schule“, gegenüber S24 am Donnerstag bei. "Es gibt einfach Situationen im Leben von Kindern und Jugendlichen, in denen der Schulbesuch ein Problem wird."
Fernbleiben in allen Altersgruppen präsent – trotz Ausbildungspflicht
Beide würden jedenfalls bemerken, dass Schulabsentismus in dieser Form mehr und mehr präsent wird – auch in Salzburg. "Das zieht sich quer durch alle Altersgruppen, ob im Volksschulalter oder dann in der Mittelschule", erklärt Heil. Bis zum Ende der Ausbildungspflicht mit 18 Jahren sei es die Aufgabe des Bildungssystems, in solchen Fällen einzugreifen. Ist die Ausbildungspflicht erfüllt, soll es aber ab nächstem Unterrichtsjahr verpflichtende "Perspektivengespräche" für Schüler:innen geben, die einen Schulabbruch in Erwägung ziehen.
Als Lehrkraft würde man die Lebensrealitäten von Kindern und Jugendlichen aus erster Hand mitbekommen, betont Hangöbl. "Verhaltensänderungen, plötzlicher Leistungsabfall oder sozialer Rückzug sind alles Signale, die auf ein tieferliegendes Problem hindeuten." Mit pünktlichen Entschuldigungen und ärztlichen Attesten könne das durchaus eine Weile so weitergehen – ohne rechtliche Probleme. "Für die Kinder wird es aber immer schwerer, zurückzukommen und am Unterricht anzuknüpfen", erklärt die Lehrerin.
Fehlen in der Schule "nur bei Krankheit zu entschuldigen"
Den rechtlichen Aspekt sieht auch der Salzburger Bildungsdirektor Rudolf Mair im S24-Gespräch im Vordergrund. "Fehlzeiten sind nur aus Krankheitsgründen entschuldbar und erfordern ein ärztliches Attest." Es sei ihm zufolge somit beinahe ausgeschlossen, dass Schüler:innen unerlaubt der Schule fernbleiben. "Wir sind keine Bananenrepublik. Nach drei Tagen unentschuldigtem Fehlen folgt eine Anzeige an die Erziehungsberechtigten."
Anzeige laut Sozialarbeiterin "als letzte Instanz" sinnvoll
"Die Eltern sind selbst oft überfordert mit der Situation und wenden sich an die Schulen", erklärt Heil dazu. Man müsse sich daher von der Vorstellung verabschieden, dass Eltern das Fernbleiben ihrer Kinder vom Unterricht achselzuckend hinnehmen. Die meisten dieser Fälle würden daher schulintern bewältigt werden – ehe die Bildungsdirektion informiert wird. Eine Anzeige mache laut der Sozialarbeiterin als letzte Instanz zwar Sinn, "schafft aber gleichzeitig ein Spannungsfeld zwischen Schule und privatem Umfeld der Schülerinnen und Schüler."
Abseits von rechtlichen Instrumenten gebe es laut Mair kein einheitliches Vorgehen bei Schulabsentismus – sozialarbeiterische Maßnahmen seien auf Nachfrage nicht generell vorgesehen.
"Wir sind an Schulen mit psychosozialen Teams sehr gut aufgestellt und mit den Lehrkräften vernetzt. Wir dürften die Schüler:innen auch zu Hause aufsuchen und sie zum Beispiel morgens zur Schule begleiten. Es braucht aber flächendeckend Bewusstsein für das Problem und darauf abgestimmte Maßnahmen", so Heil abschließend.
(Quelle: salzburg24)





