Arbeit, Einkauf, Abendessen und dazwischen noch allerlei Erledigungen – im Alltag bleibt oft nicht viel Zeit fürs Kochen. Da liegt es nur nahe, dass Menschen im Supermarkt immer öfter zu hochverarbeiteten, meist schon verzehrfertigen Lebensmitteln greifen. Das ist bedenklich, denn das „Convenience Food“ enthält oft viel zu viel Salz, Zucker und ungesunde Fette. Für Kinder zwischen vier und sechs Jahren etwa empfiehlt die WHO maximal 35 Gramm Zucker pro Tag. Diese Grenze ist oft schon mit einem Fruchtjoghurt erreicht. Bei Salz sollten es für Kleinkinder überhaupt nur zwei Gramm pro Tag sein. Gerade für Babys und Kinder kann eine Ernährung mit hochverarbeiteten Lebensmitteln auch langfristige Folgen haben, wie Daniel Weghuber, Primar der Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde an den Salzburger Landeskliniken, am Dienstag im Gespräch mit SALZBURG24 betont.
Hochverarbeitetes macht mehr als Hälfte der Kinderernährung aus
Aktuell seien zwischen über die Hälfte und zwei Dritteln aller Lebensmittel, die Kinder in Österreich zu sich nehmen, hochverarbeitet, schildert der Mediziner. Das sei verständlich, denn die Produkte sind schnell verfügbar und schmackhaft. Aber: Dieselben Produkte sind auch „extrem energiedicht“, wie er betont. Das trage stark zu Adipositas bei Kindern bei: „Das zeigt sich typischerweise schon vor der Einschulung.“ Und dieses frühe Übergewicht halte sich dann häufig bis ins Jugend- und Erwachsenenalter.
Denn unsere Kindheit ist auch in Hinblick auf Ernährung eine wichtige Prägephase. Zum einen entwickeln wir in dieser Zeit unser Ernährungsverhalten: Wir gewöhnen uns an Geschmäcker. Zum anderen beeinflusst die Ernährung auch, welche Hormone und Botenstoffe unser Körper in welcher Menge produziert – was beispielsweise das Wachstum beeinflussen kann, wie Weghuber ausführt. „Das kann nur bedingt zurückgedreht werden.“ Neben der Ernährung spielen aber auch genetische Faktoren eine Rolle bei Übergewicht bei Kindern, betont er.
Bequeme Ernährung mit unbequemen Folgen
Die Folgen einer Ernährung mit hochverarbeiteten Lebensmitteln sei die Förderung von Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen schon bei den Kleinsten, heißt es am Dienstag in einer Aussendung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Denn sie wirkt sich negativ auf den Nüchternblutzucker, auf den Fettstoffwechsel, auf den Body-Mass-Index, den Taillenumfang und die Fetteinlagerungen im Körper aus. „Alle diese Faktoren belasten das Herz-Kreislauf-System und tragen zur Zunahme von Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen bei, von denen diese Generation von Kindern später betroffen sein wird“, so Nadja Haiden, die das Referat für Ernährungskommission der ÖGKJ leitet.
Wie Kinder gesünderes Essverhalten lernen können
Was kann man nun aber tun, um Kindern wieder ein gesünderes Essverhalten mit auf den Weg zu geben? Gefragt sind hier nicht die Eltern, sondern die Gesellschaft, meint der Mediziner. Es gelte, „die Rahmenbedingungen für ein gesundes Aufwachsen zu optimieren“. Das heißt: Gesunde Essentscheidungen erleichtern. Zum einen schlägt Weghuber eine deutlichere Lebensmittelkennzeichnung vor. Der Nutriscore sei da zwar keine perfekte Lösung, aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung, weil er intuitives Einkaufen möglich mache: „Jeder kennt eine Ampel.“
Eine weitere Möglichkeit sieht der Mediziner in der Besteuerung bestimmter Lebensmittel: Würden beispielsweise Getränke mit sehr hohem Zuckeranteil so teurer gemacht werden, seien Konsument:innen einerseits motiviert, zur preislich und gesundheitlich günstigeren Alternative zu greifen und zum anderen hätten Produzent:innen ein Interesse daran, den Zuckeranteil in ihren Drinks zu reduzieren.
Eine „Poleposition“ haben laut Weghuber außerdem Kindergärten: „Kinder lernen und akzeptieren dort schnell Dinge, die sie von zuhause nicht kennen.“ Gebe es im Kindergarten nur Wasser zu trinken, sei das für die Kinder irgendwann eine Selbstverständlichkeit. Ähnlich sei es in Schulen: „Da haben wir Chancen.“
Einzeln sei all das aber nicht geeignet, einen Paradigmen-Wechsel herbeizuführen, es sei ein Zusammenspiel nötig. Wichtig sei jedenfalls, nicht zu verurteilen. Im Fokus solle stehen, mehr Bewusstsein zu schaffen.
(Quelle: salzburg24)