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Wird Streaming das Kino bald ablösen?

Veröffentlicht: 09. Februar 2022 13:10 Uhr
Streamingdienste wie Netflix, Disney+ oder Amazon Prime erfreuen sich nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie größter Beliebtheit. Obwohl das TV-Vergnügen dadurch immer einfacher zugänglich wird, sind sich Mozartkino-Betreiber Alexander Krammer und Kommunikationswissenschafter Sascha Trültzsch-Wijnen (im Podcast) sicher, dass das Kino dadurch nicht aussterben wird.
Oliver Klamminger

Ein neues Zeitalter des Fernsehens hat sich bei uns längst etabliert. Streamingdienste zählen zweifellos zu den großen Gewinnern der Corona-Pandemie. Der Zulauf bei Netflix war in den letzten beiden Jahren so groß, dass der Streaming-Marktführer in den USA und Kanada seit dem Ausbruch der Pandemie gleich zweimal die Preise erhöhen und trotzdem die Nutzerzahlen signifikant erhöhen konnte. Film- und Serienfans holten sich ihre Unterhaltung ins Wohnzimmer. Gleichzeitig mussten lokale Kinos aufgrund der Corona-Maßnahmen ihr Programm einstellen. Da stellt sich die Frage, ob wir uns schon so an die Unterhaltung on demand gewöhnt haben, dass wir das Kino jetzt gar nicht mehr brauchen?

 

Mozartkino kämpft mit Corona-Maßnahmen

Mit diesem Gedanken kann sich Alexander Krammer, Betreiber des Mozartkinos in der Salzburger Altstadt, natürlich gar nicht anfreunden. Auch wenn er zugibt, dass ihm und wohl auch anderen Kinobetreibern die aktuelle Situation ganz schön zusetzt. „Durch die momentanen Covid-Auflagen ist es für uns richtig schwierig. Durch die Sperrstunde um 22 Uhr und die 2-G-Regel fielen 50 Prozent vom Publikum weg“, erzählte er im Gespräch mit SALZBURG24 noch bevor die Sperrstunde am Wochenende auf 24 Uhr ausgedehnt wurde. Die längere Ausgehzeit und die bald in Kraft tretende 3-G-Regel würden auf jeden Fall weiterhelfen.

 

Blockbuster locken Menschen ins Kino

Die Lockerungen und die bevorstehenden Filmstarts sind es auch, die jetzt die Menschen wieder in die Kinos locken sollen. „Kino lebt von den Produktionen. Und da sich viele gute Filme aufgestaut haben, kommen jetzt wieder Blockbuster wie James Bond, Mission Impossible, Top Gun oder die Minions“, freut sich Krammer.

Disney sorgt für Wirbel

Das war aber zuletzt nicht immer so, was zu Reibungspunkten führte. Während der Covid-19-Pandemie hatte Disney etwa einige Filme gleichzeitig im Kino und im eigenen Streamingdienst Disney+ angeboten. Kinobetreiber beobachteten während dieser Zeit genau, wie Disney mit Kinoprogramm weiter umgehen würde, da die Corona-Pandemie die Rückkehr der Besucher in die Kinos verlangsamte.

 

Die Entscheidung wurde mit Spannung erwartet, da viele US-Filmkonzerne ihre Produktionen während der Corona-Pandemie entweder zuerst auf ihren eigenen Streaming-Plattformen veröffentlicht hatten, oder die Filme gleichzeitig im Kino und im Netz an den Start gingen. So gingen den Kinos beträchtliche Einnahmen verloren - und nicht nur ihnen.

Hollywood-Star Scarlett Johansson hatte Disney verklagt, weil der Konzern den Superhelden-Film "Black Widow" parallel zum Kinostart auch auf seiner Streamingplattform anbot. Johansson entgingen dadurch Millionen von Dollar, da Disney ihr vertraglich einen Anteil der Einnahmen an den Kinokassen zugesichert hatte.

„Kinobesuch ist gesellschaftliches Ereignis“

Ein Kinobesuch gehe aber weit über die Filmvorstellung hinaus. „Es ist die Atmosphäre, der Austausch mit anderen Besuchern und das Treffen mit Menschen. Viele erste Dates finden zum Beispiel im Kino statt“, schwärmt der 37-Jährige. „Kino ist ein Lebensgefühl und gesellschaftliches Ereignis“. Das sei der große Unterschied zum Streaming. Dazu gehören auch der gemeinsame Restaurantbesuch vor dem Film und die Nachbesprechung in der Bar. „Man wird auch nicht ständig vom Handy oder der Waschmaschine abgelenkt“, schmunzelt Krammer.

 

Kino hatte schon immer Konkurrenz

Aus diesen Gründen glaubt der Salzburger, dass das Format Kino auch zukünftig wichtig sein und überleben wird. Denn das Genre hatte immer schon Konkurrenz. Sind es heute Netflix, Amazon Prime und Co, waren es früher VHS-Kassette, DVD oder Blu-ray. Neu ist aber, dass etwa für Serienstarts auf den Streamingportalen Werbung im Fernsehen oder auf Plakatwänden gemacht wird. „Es ist schon bezeichnend, dass es nur noch zwei Stadtkinos in Salzburg gibt“, gibt Krammer die Entwicklung zu denken. Weil die großen Filmproduzenten das Kino und die großen Premieren aber als PR-Maßnahme und Auswertungsfenster benötigen würden, wird es laut Krammer sicher nicht abgelöst werden. „Die Branche braucht das Kino!“

Streaming in Zahlen

  • In Europa führte Netflix das Ranking mit 62,5 Mio. Abos zum Jahresende 2020 an.
  • Amazon Prime Video folgt mit Respektabstand und 36,5 Mio. zahlenden Kundinnen und Kunden.
  • Dem umsatzstarken Sky wies die Analyse 22,7 Mio. Abos aus.
  • Die Top fünf in dieser Kategorie - die von Vodafone und Apple komplettiert wird - kommen auf 41 Prozent der gesamten Abonnements.

Da die Konkurrenz unter den Streamingportalen sehr groß ist, würden sie sich auch gegenseitig verdrängen, „Man muss viele Portale haben, um alle Filme sofort sehen zu können. Dadurch entstehen hohe monatliche Fixkosten“, rechnet Krammer vor und verweist auf die notwendigen technischen Voraussetzungen. All das werde vom Kinobetreiber übernommen, der die Filmfans aus dem Alltag rausnimmt und ein Erlebnis bieten will.

Streaming oder Kino?

Beide Optionen bieten den Zuschauern gute Unterhaltung auf unterschiedlichen Ebenen. Streaming punktet mit Serien und der Möglichkeit, alle Inhalte on demand – also jederzeit auf Abruf – ansehen zu können. Aber eben nur so lange die Internetverbindung besteht. Kino ist nach wie vor ein gesellschaftliches Ereignis mit einer sozialen Komponente. Man trifft sich dafür mit Freunden oder der Familie, weshalb der Kinobesuch eher Ausflugscharakter besitzt. Das Unterhaltungsangebot hat sich auf jeden Fall enorm vergrößert. Gegenseitig ablösen werden sich Streaming und Kino aber wohl auch in Zukunft nicht.

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SALZBURG24-Podcast mit Kommunikationswissenschafter Trültzsch-Wijnen

Das Thema beschäftigt auch Professor Sascha Trültzsch-Wijnen, der an der Universität Salzburg im Fachbereich Kommunikationswissenschaft unterrichtet. Im SALZBURG24-Podcast spricht er an, wie sich das Kino in den letzten Jahrzenten verändert hat und wohin die Reise gehen wird.

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(Quelle: salzburg24)

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