Ein Vierteljahrhundert ist es her, dass Wladimir Putin am 26. März 2000 in Moskau seine erste reguläre Amtszeit als russischer Staatspräsident antrat. Er war Geheimdienstler, ehe er seinen Weg in die Politik fand. Als charismatischer Redner ist er nicht bekannt, dennoch gibt es markige Sprüche und klar-nüchterne Formulierungen, die kennzeichnend für seine politischen Ansichten und Bestrebungen und sein Machtverständnis sind:
Als Ministerpräsident erklärt Putin nach einem neuen Aufflammen der Gewalt den Zweiten Tschetschenien-Krieg (1999-2009):
"Wir werden die Terroristen überallhin verfolgen. Sind sie auf einem Flughafen? Dann eben auf einem Flughafen! Und, entschuldigen Sie schon, erwischen wir sie auf dem Klo, dann machen wir sie eben auf dem Klo kalt! Sonst noch Fragen?" (September 1999)
Putin als Übergangspräsident in einer Filmdoku während des Wahlkampfs Anfang des Jahres 2000:
"Vor allem müssen Menschen daran glauben, dass das, was wir sagen, aufrichtig ist, und dass daraus resultiert, dass wir die Interessen des Landes wahren. Darin liegt der Schlüssel zum Erfolg. Daran müssen die Menschen glauben, das ist das Wichtigste."
Auszüge aus dem neuen nationalen Sicherheitskonzept, das Putin als Übergangspräsident Anfang 2000 in Kraft setzte:
"Einige Staaten haben ihre Anstrengungen, Russland politisch, wirtschaftlich, militärisch und anderweitig zu schwächen, verstärkt. Versuche, die Interessen Russlands zu ignorieren, wenn es darum geht, gewichtige Probleme in den internationalen Beziehungen und Konflikte zu lösen, bilden ein Risiko, die internationale Sicherheit, die Stabilität und positive politische Veränderungen, die in den internationalen Beziehungen erreicht wurden, zu untergraben. (...) Russlands nationales Interesse auf internationaler Ebene besteht darin, seine Souveränität aufrechtzuerhalten, seine Position als Großmacht und als Einflusszentrum in einer multipolaren Welt zu festigen und Beziehungen mit allen Staaten und Staatenverbänden auf Augenhöhe zu entwickeln."
Untergang der Sowjetunion "die größte geopolitische Katastrophe"
Putin zum Untergang der Sowjetunion:
"An erster und wichtigster Stelle heißt es anzuerkennen, dass der Untergang der Sowjetunion die größte geopolitische Katastrophe dieses Jahrhunderts war. (...) Für das russische Volk wurde er zu einer wahren Tragödie. Zig Millionen unserer Mitbürger und Landsleute fanden sich außerhalb russischen Territoriums." (April 2005, jährliche Rede an die Nation)
"Das war die Auflösung des historischen Russland unter der Bezeichnung Sowjetunion. (...) Wir wurden zu einem ganz anderen Land. Und was in mehr als 1.000 Jahren aufgebaut worden war, war großteils verloren - eine beträchtliche humanitäre Tragödie." (Dezember 2021, in der Filmdoku "Russland. Neue Geschichte")
Auf den Tod seines Vorgängers Boris Jelzin 2007, der ihn protegiert hatte und ein Staatsbegräbnis bekam, reagiert Putin ganz anders als auf das Ableben des letzten Sowjet-Führers und Friedensnobelpreisträgers Michail Gorbatschow im Sommer 2022:
"Ein Mensch, der eine neue Ära eingeleitet hat, ist gestorben. Ein neues, demokratisches Russland wurde in seiner Zeit geboren: ein freies, offenes, friedliches Land. Ein Staat, wo wahrhaftig das Volk die Macht in der Hand hat. Wir kannten Boris Nikolajewitsch als tapfere, warmherzige (...) Person. Er war ein aufrechter, mutiger Führer der Nation."
Gorbatschow war "ein Politiker und Staatsmann, der großen Einfluss auf die Weltgeschichte" hatte. Gorbatschow "führte unser Land in einer Zeit komplexer, dramatischer Veränderungen".
Puztin zu seiner Scheidung
Putin und seine Noch-Ehefrau Ljudmila geben im Juni 2013 im Fernsehen gemeinsam ihre Trennung bekannt und kündigen ihre Scheidung an:
Putin: "Das war eine gemeinsame Entscheidung. Wir sehen uns kaum, jeder von uns führt sein eigenes Leben."
Ljudmila: "Ich stimme damit überein, was Wladimir Wladimirowitsch gesagt hat. (...) Unsere Ehe ist vorbei, weil wir uns praktisch nicht sehen. Wladimir Wladimirowitsch ist voll auf seine Arbeit konzentriert. (...) Ich mag keine Publicity."
Putin: "Das ist eine zivilisierte Scheidung."
Umstrittene Rede auf Münchner Sicherheitskonferenz
Auszüge aus der berüchtigten Rede Putins auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2007:
"Ich denke, dass für die heutige Welt das monopolare Modell nicht nur ungeeignet, sondern überhaupt unmöglich ist."
"Einseitige, oft nicht legitime Handlungen haben nicht ein einziges Problem gelöst. Vielmehr waren sie Ausgangspunkt neuer menschlicher Tragödien und Spannungsherde."
"Heute beobachten wir eine fast unbegrenzte, hypertrophierte Anwendung von Gewalt - militärischer Gewalt - in den internationalen Beziehungen, einer Gewalt, welche eine Sturmflut aufeinander folgender Konflikte in der Welt auslöst."
"Wir sehen eine immer stärkere Nichtbeachtung grundlegender Prinzipien des Völkerrechts. Mehr noch - bestimmte Normen, ja eigentlich fast das gesamte Rechtssystem eines Staates, vor allem, natürlich, der Vereinigten Staaten, hat seine Grenzen in allen Sphären überschritten: sowohl in der Wirtschaft, der Politik und im humanitären Bereich wird es anderen Staaten übergestülpt."
"Ich bin überzeugt, dass wir heute an einem Grenzpunkt angelangt sind, an dem wir ernsthaft über die gesamte Architektur der globalen Sicherheit nachdenken sollten. Man muss ablassen von der Suche nach einer ausgeklügelten Balance der Interessen aller international handelnden Subjekte."
"Ich denke, es ist offensichtlich, dass der Prozess der NATO-Erweiterung keinerlei Bezug zur Modernisierung der Allianz selbst oder zur Gewährleistung der Sicherheit in Europa hat. Im Gegenteil, das ist ein provozierender Faktor, der das Niveau des gegenseitigen Vertrauens senkt."
Nicht nur wie zuletzt in der Ukraine auch in anderen Ex-Sowjetrepubliken wie Moldau oder Georgien unterstützt Moskau - teils bewaffnete - Separatisten. Nach dem fünftägigen, russisch-georgischen Krieg vom August 2008 wirft Georgiens damaliger, pro-westlicher Präsident Micheil Saakaschwili Putin vor, er wolle nach seinem Land auch die Ukraine destabilisieren.
"Er (Putin) verteilt russische Pässe an die Bewohner der Krim. (...) Er könnte anschließend unter dem Vorwand eingreifen, dass er nur seine Bürger zu schützen versucht." (Zitiert in der französischen Zeitung "Le Figaro" 8. Mai 2009)
Zu Leitl: "Aber gute Diktatur"
Putin kommt drei Monate nach Annexion der Krim im Juni 2014 nach Wien. Bei einem Besuch der Wirtschaftskammer kommt es zu folgendem Dialog:
Christoph Leitl: "Ich bin schon so lange Präsident der Österreichischen Wirtschaftskammer, dass ich Sie schon das dritte Mal begrüßen darf! Das erste Mal im Jahr 2001, dann im Jahr 2007 und heute im Jahr 2014."
Putin (deutet mit dem Daumen auf Leitl): "Diktatur!"
(Gelächter im Saal)
Bundespräsident Heinz Fischer (neben Putin sitzend, auf Russisch): "Eins, zwei, drei."
Putin: "Aber gute Diktatur!"
Leitl: "Ja, ja."
Putin kommt zur Hochzeit der FPÖ-nominierten Außenministerin Karin Kneissl auf Einladung der Braut im August 2018 in die Steiermark. Putin tanzt mit Kneissl, dabei macht sie einen "Kniefall". Der Russland-Experte Gerhard Mangott analysiert die Vorgänge später folgendermaßen:
"Putins Teilnahme an der Hochzeit Kneissls ist gut für Kneissl, sehr gut für die FPÖ, aber nachteilig für die Glaubwürdigkeit Österreichs. (...) Der Besuch schürt das Misstrauen, dass das Land ein trojanisches Pferd Russlands in der EU ist."
Kneissl über Putin: "Vollkommenster Gentleman"
"Er ist der intelligenteste und vollkommenste Gentleman - und da habe ich so einige getroffen." (Im Interview mit der BBC 2023 nach ihrer Auswanderung nach Russland)
Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder (1998-2005) war nach seiner Amtszeit für russische Energiekonzerne tätig und pflegte enge Kontakte nach Russland. Als Regierungschef hatte er eine enge Freundschaft zu Putin hergestellt. Bereits im November 2004 war das Thema in der ARD-Sendung "Beckmann". Auf die Frage des Moderators, ob Putin ein "lupenreiner Demokrat" sei, antwortete er:
Schröder: "Ja, ich bin überzeugt, dass er das ist." Schröder unterstrich, er sei überzeugt, dass Putin Russland "wieder zu einer ordentlichen Demokratie" machen wolle und werde. "Zwischen Putin und mir besteht so ein Grundvertrauen, dass man einander die Wahrheit sagt. (...) Wir sind beide davon überzeugt, ein Kapitel in der deutsch-russischen Geschichte mitzuschreiben, das die Entwicklung hin zur Freundschaft unumkehrbar macht."
Putin nach dem ersten und einzigen offiziellen Gipfeltreffen mit US-Präsident Donald Trump während dessen erster Amtszeit im Juli 2018 in Helsinki, der ohne konkrete Ergebnisse blieb:
"Für die Schwierigkeiten (zwischen Russland und den USA) gibt es keine objektiven Gründe. Der Kalte Krieg ist vorbei."
Putin rund um den Beginn seines Ukraine-Feldzuges
"Die sogenannte zivilisierte Welt zieht es vor, den von Kiew begangenen Genozid im Donbass zu ignorieren." (Bei der Anerkennung der Separatistengebiete in der Ostukraine als unabhängige Staaten)
"Die Ukraine ist (...) bis auf das Niveau einer Kolonie mit einem Marionetten-Regime gebracht worden." (Zur angeblichen Steuerung Kiews aus dem Ausland - vor allem durch die USA)
"Die Ukraine ist für uns nicht nur ein Nachbarland. Sie ist ein unabdingbarer Teil unserer eigenen Geschichte und Kultur (...). Das sind unsere Kameraden, unsere Nächsten." (Über die historischen Beziehungen Russlands zur Ukraine)
"Sie haben uns betrogen." (Über den Westen zur Ausdehnung der NATO nach Osten)
Otto Habsburg-Lothringen, Sohn des letzten österreichischen Kaisers Karl I. und späterer CSU-Europaabgeordneter über Putin im Jahr 2003 in Bregenz bzw. 2005 in Wolfurt:
"Wie können wir diese Sicherheit bewahren? (...) Je weiter die Grenzen der Freiheit nach Osten verschoben werden, desto größter ist die Sicherheit der Mitte und des Westens. (...) Es gibt Menschen die sagen: 'Jetzt werden wir keinen Krieg mehr haben.' Bitte das habe ich öfters gehört. (...) Wir müssen vor Augen haben, dass es eine echte internationale Gefahr weiterhin gibt. (...) Wir haben ein großes Problem mit dem mächtigen Nachbarn Russland. Die Führung in Russland ist in ganz eigenartigen Händen. (...) Er (Putin) ist jemand, mit dem man wirklich rechnen muss. (...) Ich habe seine Karriere verfolgt."
Der 2011 verstorbene Habsburg-Lothringen sieht in der Folge Parallelen zwischen dem Aufstieg Putins und jenem Adolf Hitlers:
"Man hat einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen, was auf uns zukommt. Und daher müssen wir (...) in diesem Europa an allererster Stelle an die Sicherheit denken. Wir werden mit der Sicherheit stehen oder fallen."
"(...) dass es ein Mann ist, der schon in der Schule für die Geheimpolizei (KGB, Anm.) gearbeitet hat. Er hat viele seiner Kameraden verraten hat, deren Eltern dann eingesperrt worden sind. (...) Mit 23 Jahren war er schon in einer Funktion beim KGB, wobei man normalerweise erst mit 25 Jahren beim KGB aufgenommen wurde. (...) 80 Prozent der Minister in der derzeitigen (russischen) Regierung sind Offiziere der Geheimpolizei. (...) Die Regierung und das Parlament sind bereits total entmachtet. (...) Ob man jetzt den Herrn Bush liebt oder nicht, ist ja nicht die Frage. Aber wir brauchen die Amerikaner. Wenn wir sehen, was sich da östlich von uns entwickelt, müssen wir sagen, wir brauchen eine Macht, die gleichzeitig mit uns unsere Sicherheit garantiert."
Dass diese Amtszeit irgendwann zu Ende geht
Putin denkt kurz vor seiner ersten Wahl zum Präsidenten in einer Filmdoku im Frühjahr 2000 bereits über die Zeit nach einer Präsidentschaft und den Unterschied zwischen dem Präsidenten einer Republik und dem Oberhaupt einer Monarchie nach:
"(...) dass diese Amtszeit irgendwann zu Ende geht. Erstens muss man dann das Leben eines normalen Menschen führen, und daran denken (...), dass man sich nicht für sein gelebtes Leben schämt (...). Es ist sehr wichtig, dass du begreifst, dass du irgendwann wieder wie ein normaler Bürger leben wirst, und das, was du mit der Gesellschaft und dem Staat machst, damit wirst du in einigen Jahren (...) konfrontiert sein. Das ist ein ernster Ansporn gründlich nachzudenken, bevor man eine Entscheidung trifft und sich nicht von monarchischen Ambitionen leiten lässt (...)."
(Quelle: apa)