Der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif kehrt unterdessen vorrübergehend nach Teheran zurück. Dort muss er laut Diplomatenangaben allen voran bei Irans oberstem geistlichen Führer Ayatollah Ali Khamenei, das Einverständnis und die Rückendeckung für Konzessionen bei den Streitpunkten gegenüber der 5+1-Gruppe (fünf UNO-Vetomächte plus Deutschland) einholen. Zarif wird voraussichtlich nur wenige Stunden im Iran bleiben und dann zu den Verhandlungen in das Wiener Palais Coburg zurückkehren.
Die beiden zentralen Streitpunkte in der Endphase der Gespräche sind die Modalitäten und der Zeitplan für die Inspektion der iranischen Atom- und Militäranlagen und für die Aufhebung der westlichen Wirtschaftssanktionen gegen die Islamische Republik. "Der Iran möchte eine sofortige Aufhebung aller Sanktionen gleich mit Unterzeichnung des Vertrages. Der Westen will zunächst nur einige Sanktionen aussetzen und erst sehen, dass Teheran sich an die im Vertrag vereinbarten Punkte hält", so ein iranischer Verhandler gegenüber der APA.
Die womöglich entscheidenden Verhandlungen in dem seit 13 Jahren andauernden Konflikt hatten mit Gesprächen zwischen US-Außenminister John Kerry und Zarif am Samstag begonnen. Mittlerweile sind neben den Außenministern aus Frankreich (Laurent Fabius), Großbritannien (Philip Hammond) und Deutschland (Frank-Walter Steinmeier) auch die EU-Außenbeauftragte Federica MogherinI sowie ein hochrangiger Vertreter der chinesischen Regierung ins Palais Coburg gekommen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow soll Medienberichten zufolge am Montagabend anreisen.
Ein Vertreter der US-Delegation bestätigte die Verlängerung der Gespräche über die Frist. Zudem erklärte er, die kurzzeitige Rückkehr Zarifs sei nicht beunruhigend. Es sei erwartet worden, das Minister kommen und gehen, erreichen die Atomverhandlungen eine heiße Phase. Auch Fabius wird vorübergehend Wien verlassen.
Hammond sprach bei seiner Ankunft von "wesentlichen Schwierigkeiten", die es in dem Konflikt noch gebe. "Es gibt noch eine Anzahl von verschiedenen Punkten, bei denen wir noch wesentliche Schwierigkeiten bei der Interpretation der Details vom politischen Rahmenabkommen in Lausanne (vom 2. April, Anm.) haben", erklärte Hammond. "Uns ist aber lieber kein Deal als ein schlechter."
Steinmeier meinte, es gebe reelle Chancen für einen erfolgreichen Abschluss der Atomgespräche. Niemand hätte Verständnis dafür, wenn in diesem Moment die Beteiligten der Mut und die Kraft verließen, fügte er hinzu. Steinmeier wird in den nächsten Tagen in Wien voraussichtlich auch zu einem bilateralen Gespräch mit Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) zusammentreffen.
Im Konflikt geht es darum, dass der Iran dem Westen glaubhafte und überprüfbare Garantien gibt, dass sein Atomprogramm ausschließlich friedlichen Charakter hat. Im Gegenzug sollen die Sanktionen gegen Teheran ausgesetzt werden. Der Iran hat jegliche Absicht zum Bau einer Nuklearwaffe stets bestritten.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu warf den Weltmächten übertriebene Nachgiebigkeit bei den Atomgesprächen mit dem Iran vor. "Wir sehen vor unseren Augen einen klaren Rückzug von roten Linien, die die Weltmächte erst kürzlich und öffentlich für sich definiert haben", sagte Netanyahu am Sonntag nach Angaben seines Büros. "Es gibt keinen Grund, dieses schlechte Abkommen, das von Tag zu Tag schlimmer wird, hastig abzuschließen." Netanyahu bemängelte, die Weltöffentlichkeit ignoriere Verstöße Teherans gegen die Menschenrechte sowie dessen Unterstützung von Terrorismus.
Netanyahu gilt als einer der größten Kritiker einer Atomvereinbarung mit dem Iran. Aus seiner Sicht wird eine Einigung, wie sie der Westen anstrebt, die Führung in Teheran nicht daran hindern, Atombomben zu bauen. US-Präsident Barack Obama hielt Netanyahu vor, keinerlei brauchbare Alternative zum geplanten Abkommen angeboten zu haben. Aus Sicht von Obama sind weder Sanktionen noch militärische Schritte ähnlich geeignet, den Iran vom Bau von Atomwaffen abzuhalten.
(Quelle: salzburg24)