Ukraine-Krieg

Berlin erlaubt Waffeneinsatz gegen Ziele in Russland

A Ukrainian serviceman of the 43rd Artillery Brigade works on a 155 mm self-propelled howitzer Panzerhaubitze 2000 (PzH 2000), towards Russian positions at a front line near Bakhmut, Donetsk region on June 15, 2023, amid the Russian invasion of Ukraine. (Photo by Anatolii Stepanov / AFP)
Veröffentlicht: 31. Mai 2024 13:19 Uhr
Deutschland gibt der Ukraine bei der Verteidigung der Millionenstadt Charkiw gegen russische Angriffe freie Hand. Die ukrainischen Streitkräfte dürfen sich gegen den Beschuss aus dem russischen Grenzgebiet auch mit aus Deutschland gelieferten Waffen wehren. Kritik kam von Ungarn und der FPÖ.

Die Ukraine sei in den vergangenen Wochen "insbesondere im Raum Charkiw von Stellungen aus dem unmittelbar angrenzenden russischen Grenzgebiet" angegriffen worden, teilte Hebestreit am Freitag mit. "Gemeinsam sind wir der Überzeugung, dass die Ukraine das völkerrechtlich verbriefte Recht hat, sich gegen diese Angriffe zu wehren." Der Regierungssprecher ergänzte: "Dazu kann sie auch die dafür gelieferten Waffen in Übereinstimmungen mit ihren internationalen rechtlichen Verpflichtungen einsetzen; auch die von uns gelieferten."

Diese Waffen gehören dazu

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius begründete die Entscheidung mit einer "strategischen Anpassung an sich verändernde Lagebilder". "Diese Entscheidung ist richtig. Sie ist das, was wir seit Beginn des Krieges, den Putin gegen die Ukraine führt, immer gemacht haben. Wir haben an die Lage angepasst, jeweils unsere Strategie angepasst", sagte der SPD-Politiker am Freitag bei einem Treffen mit seinem moldauischen Kollegen Anatolie Nosatii in Chisinau.

Für die Erwiderung russischer Angriffe aus dem Grenzraum kommen theoretisch mehrere aus Deutschland gelieferten Waffen in Fragen. Dazu gehören zum Beispiel die Panzerhaubitze 2000 sowie Raketenwerfer vom Typ Mars II.

Amerikanische Waffen gegen russische Ziele

Kurz vor Deutschland hatte am Donnerstagabend die US-Regierung bestätigt, dass sie der Ukraine die Erlaubnis erteilt hat, amerikanische Waffen in begrenztem Umfang gegen Ziele auf russischem Gebiet einzusetzen. Dies gelte aber ausschließlich für Gegenschläge zur Verteidigung der ostukrainischen Großstadt Charkiw, sagte ein US-Regierungsvertreter. Das ukrainische Militär solle in die Lage versetzt werden, gegen russische Streitkräfte vorzugehen, "die sie angreifen oder sich vorbereiten, sie anzugreifen". Davon abgesehen bleibe der Einsatz von US-Waffen auf Ziele in Russland aber verboten.

Ob die Ukraine sämtliche vom Westen gelieferte Waffen auch für Angriffe auf militärische Ziele in Russland nutzen können sollte, wird unter NATO-Staaten kontrovers diskutiert. Die Ukraine fordert dies seit längerem, um russische Stellungen in dem seit mehr als zwei Jahren andauernden Krieg effektiver bekämpfen zu können. Bisher setzt das Land dafür vor allem eigene Raketen und Drohnen ein. Die westlichen Waffen zielen bisher in erster Linie auf russische Stellungen in den von Moskau besetzten Gebieten der Ukraine.

Länder wie die USA und Deutschland haben die Abgabe von bestimmten Waffensystemen nach Angaben aus Bündniskreisen zum Teil an strenge Auflagen für deren Nutzung gekoppelt. Hintergrund ist die Befürchtung, dass der Konflikt mit Russland weiter eskalieren und die NATO zur Kriegspartei werden könnte.

Wie reagiert Russland?

Russland erneuerte indes seine Warnung: Russland werde auf ukrainische Angriffe auf sein Territorium mit von den USA gelieferten Waffen asymmetrisch reagieren, meldete die Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf den Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im Parlament. Demnach erklärte Andrei Kartapolow weiter, die Entscheidung von Biden, Raketenangriffe auf begrenzte Ziele in Russland mit US-Waffen zu erlauben, werde die Einsätze in der Ukraine nicht beeinflussen. Bei asymmetrischen Angriffen handelt es sich im Attacken, bei denen andere Mittel eingesetzt und andere Ziele ausgesucht werden, als es die Gegenseite macht.

Der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew ging noch weiter und warnte vor einem Atomwaffeneinsatz. Russland bluffe nicht, warnte Medwedew mit Blick auf taktische Atomwaffen, die im Gegensatz zu strategischen Atomwaffen für den Einsatz auf dem Gefechtsfeld gedacht sind.

Kritik von Ungarn und FPÖ

Der ungarische Ministerpräsident kritisierte die Entwicklung. Die NATO komme jede Woche einem Krieg ein Stück näher. Die Pläne des Militärbündnisses, sich stärker in den Krieg in der Ukraine einzumischen, erinnerten an einen Feuerwehrmann, der versuche, einen Brand mit einem Flammenwerfer zu löschen. Ein NATO-Einsatz in der Ukraine würde einen Weltkrieg riskieren, anstatt die Mitgliedsstaaten der Allianz zu schützen, sagte Orban.

Ähnlich äußerte sich auch der FPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Harald Vilimsky: Er bezeichnete die Entscheidung der Regierungen Deutschlands, Frankreichs und der USA als "unverantwortliche Eskalation". "Was kommt als Nächstes? Der Einsatz von NATO-Bodentruppen im Russland-Ukraine-Krieg? Damit würde das Risiko eines Dritten Weltkriegs endgültig außer Kontrolle geraten, was auch unvorstellbare Konsequenzen für Europa und seine Bürger haben würde", betonte Vilimsky in einer Aussendung. Er forderte, dass sich Österreich als neutrales Land als Friedensvermittler anbiete.

Die EU-weite Spitzenkandidatin der Liberalen für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hofft angesichts der Dynamik auf eine Wiederbelebung der Diskussion, ob Deutschland der Ukraine auch Marschflugkörper vom Typ Taurus zur Verfügung stellen soll. Ihr Optimismus diesbezüglich halte sich zwar in Grenzen, sagte die FDP-Politikerin. Aber die Lage ändere sich ständig, ergänzte sie mit Blick auf die Lage um Charkiw. Die Unterstützung des Westens für die Ukraine sei derzeit sehr berechenbar, und "in diesen Zeiten darf man nicht berechenbar sein", betonte Strack-Zimmermann.

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(Quelle: apa)

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