Österreich gehört nicht zu jenen Ländern, die von den Päpsten im Laufe der Geschichte besonders oft besucht wurden. Dem am Montag verstorbenen Franziskus war Wien etwa keine Reise wert. Benedikt XVI. war 2007 der dritte Papst, der offiziell nach Österreich (Wien, Mariazell, Stift Heiligenkreuz) kam. Sein Vorgänger Johannes Paul II. war sogar dreimal (1983, 1988, 1998) zu Gast. 1782 wiederum weilte Pius VI. wegen Streitigkeiten um die Reformpolitik Kaiser Josephs II. in Wien.
Der Ende 2022 verstorbene emeritierte Papst Benedikt XVI. war Österreich zeit seines Lebens eng verbunden. 1927 in Bayern in Marktl am Inn nur wenige Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt geboren, war Joseph Ratzinger das Land seit seiner Kindheit nahe, wie er selbst 2007 vor seinem offiziellen Besuch erklärte. Vom 7. bis 9. September 2007 verbrachte er als Papst drei Tage in Österreich. Höhepunkt seiner "Pilgerreise" war die Messe im steirischen Wallfahrtsortes Mariazell zum 850-Jahr-Jubiläum. Zudem besuchte er Wien und das Zisterzienserstift Heiligenkreuz.
Schlechtwetter bei Benedikts Besuch 2007
Der dreitägige Besuch war vom schlechten Wetter überschattet. Bei der Liturgischen Eröffnungsfeier Am Hof in der Wiener Innenstadt sorgte der starke Regen für einen Stromausfall. Der Papst musste seine Rede vorzeitig abbrechen. Auch in Mariazell regnete es während der gesamten Messe, die der Papst auf dem Platz vor Basilika zelebrierte. Trotzdem kamen mehr als 32.000 Pilger in den obersteirischen Wallfahrtsort. Dennoch war der Besuch des als wenig charismatisch geltenden Papstes laut Vatikan-Kennern "kein Besuch der großen Massen". Bis zu 500.000 Österreicher verfolgten dafür den Papstbesuch im ORF-Fernsehen.
Benedikts Vorgänger, Papst Johannes Paul II., besuchte im Zuge seiner 104 Pastoralreisen Österreich gleich dreimal. Der 2014 heiliggesprochene Pontifex kam während seiner 26-jährigen Amtszeit in den Jahren 1983, 1988 und 1998. Während die erste Reise damals als riesige Sensation galt, war die öffentliche Aufnahme seines letzten Besuchs bereits stark von der österreichischen Kirchenkrise der 1990er-Jahre geprägt.
Polnischer Papst erstmals 1983 in Wien
Erstmals kam der polnische Papst am 10. September 1983 in Wien an. Die dreitägige Visite von Johannes Paul II. gestaltete sich als wahrer Triumphzug: Trotz der Kälte und des Regens kamen sensationelle 350.000 Gläubige zur großen Messe im Donaupark, auf dem Heldenplatz versammelten sich 130.000 Menschen für die "Europa-Vesper"; 70.000 Jugendliche waren beim Treffen im Praterstadion (heute Ernst-Happel-Stadion) dabei. Besondere politische Bedeutung hatte das Treffen mit seinen polnischen Landsleuten auf dem Karlsplatz, zu dem 25.000 Menschen kamen und wo auch Transparente der damals im kommunistischen Polen verbotenen Gewerkschaft "Solidarnosc" zu sehen waren. Viele tschechische und slowakische Gläubige waren ebenfalls gekommen, die der Papst in ihren Sprachen begrüßte.
Blieb das Besuchsprogramm 1983 noch auf Wien beschränkt, widmete sich der Papst bei seiner zweiten Visite vom 23. bis 27. Juni 1988 dem ganzen Land. Mit dem Hubschrauber flog er kreuz und quer durch Österreich und besuchte sechs Bundesländer (Wien, Burgenland, Oberösterreich, Kärnten, Salzburg und Tirol). Als Zeichen des nahenden Falls des Kommunismus in dieser Zeit kann es wohl gewertet werden, dass an der Messe im burgenländischen Trausdorf bei Eisenstadt, bei dem 80.000 Menschen dabei waren, auch Zehntausende Ungarn und Kroaten teilnahmen.
Besuch im KZ Mauthausen
Einer der Höhepunkte war der Besuch im ehemaligen KZ Mauthausen, wo Johannes Paul II. in bewegenden Worten an das Leid der Opfer "eines irrsinnigen Planes" erinnerte. Zuvor traf der Papst in Wien Vertreter der Israelitischen Kultusgemeinde. In Anspielung auf die zuvor stattgefundene Debatte um die Vergangenheit des damaligen Bundespräsidenten Kurt Waldheim richtete Kultusgemeinden-Präsident Paul Grosz an Johannes Paul den Appell, er möge seinen Einfluss beim österreichischen Volk dazu verwenden, "die Bedeutung der Gewissenserforschung und die bewusste Verarbeitung der eigenen Vergangenheit zu unterstreichen".
In ganz anderem Zeichen stand dann der dritte und letzte Besuch von Johannes Paul II. in Österreich von 19. bis 21. Juni 1998. Die Kirche im Land war zu dieser Zeit von heftigen Debatten rund um die Missbrauchsvorwürfe gegen den ehemaligen Erzbischof von Wien, Hans Hermann Groer, und den Streit um den Bischof von St. Pölten, Kurt Krenn, erschüttert. Dementsprechend kühl fiel auch der Empfang für den zu dieser Zeit bereits recht gebrechlichen Papst aus: Auf dem Wiener Heldenplatz versammelten sich zur Papstmesse statt der erwarteten 100.000 bloß 50.000 Menschen.
Erste offizielle Papst-Visite liegt bald 250 Jahre zurück
Die erste offizielle Papst-Visite liegt bald 250 Jahre zurück. Papst Pius VI. (1775-1799) weilte ein ganzes Monat lang - vom 22. März bis 22. April 1782 - in Wien. In langwierigen Verhandlungen versuchte der Papst - wie die Geschichte belegt freilich weitgehend vergeblich - Kaiser Joseph II. von dessen umstrittenen Kirchenreformen, die unter anderem die Auflösung zahlreicher Klöster nach sich zog, abzubringen. Dieser wollte die Kirche unter staatliche Lenkung stellen und löste unter anderem zahlreiche Klöster auf.
"Johannes XXIII" verunglückte 1414 am Arlberg
Nicht direkt als offizielle Visite, aber doch als Ereignis mit einigem anekdotisch-historischen Wert kann die Reise eines "Papstes" im Mittelalter durch Österreich gelten: Die Geschichtsbücher verweisen auf einen Kirchenführer namens Johannes XXIII. - allerdings ist damit nicht der 1958 zum Papst gewählte Kardinal Angelo Giuseppe Roncalli, sondern ein "Vorgänger" gleichen Namens gemeint.
Dieser musste 1414 auf dem Weg zum Konzil nach Konstanz den tief verschneiten Arlberg überqueren. An eine Fahrt mit der kommoden Kutsche war bei diesen schwierigen Bedingungen nicht mehr zu denken. Johannes XXIII., bürgerlich Baldassare Cossa, musste auf einen einfachen Karren umsteigen. Der kippte prompt um und begrub seine Heiligkeit unter sich. Der Kommentar des im Neuschnee gelandeten Papstes ist der Überlieferung zufolge wenig standesgemäß: "Iaceo hic in nomine diaboli" ("Hier liege ich im Namen des Teufels").
Der Unfall war offenbar ein schlechtes Omen: In Konstanz wurde Johannes XXIII. - einer von drei Päpsten zu seiner Zeit, der Epoche des Abendländischen Schismas - nämlich 1415 abgesetzt und als "notorischer Wüstling, Sodomist und Mörder" sowie wegen unmäßiger Bereicherung verurteilt. Das Konstanzer Konzil führte letztlich zum Rücktritt aller drei Rivalen.
(Quelle: apa)