Unter den Opfern seien viele Frauen und Kinder. Mehr als 150 Menschen seien verletzt worden. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums wurden bei dem Doppelanschlag auch 13 US-Soldaten getötet und 18 weitere verletzt. Laut den militant-islamistischen Taliban wurden unterdessen 13 bis 20 Zivilisten getötet. Das gehe aus Berichten von Krankenhäusern hervor, sagte ein Sprecher der Islamisten am Freitag. Angaben, wonach 28 Taliban-Kämpfer ums Leben kamen, wies ein Sprecher am Freitag in der Früh zurück. Es habe keine Todesopfer in ihren eigenen Reihen gegeben.
Biden droht mit Vergeltung
Nach dem verheerenden Anschlag drohte US-Präsident Joe Biden den dafür verantwortlichen Terroristen mit Vergeltung. "Wir werden euch jagen und euch dafür bezahlen lassen", sagte Biden am Donnerstag im Weißen Haus. Er kündigte Einsätze des US-Militärs gegen die für den Anschlag verantwortliche Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) an - und die Fortsetzung der Evakuierungen aus Afghanistan. Die Terroristen könnten die USA nicht dazu bringen, ihre "Mission" zu stoppen, betonte Biden mit Blick auf die verbliebenen Amerikaner im Land. "Wir werden sie finden, und wir werden sie da rausholen."
US-Soldaten unter Todesopfern
Für die US-Streitkräfte waren es die ersten Soldaten seit Februar vergangenen Jahres, die in Afghanistan gewaltsam ums Leben kamen - und die schwersten Verluste dort seit einem Jahrzehnt. Biden ordnete an, die US-Flaggen über dem Weißen Haus und an allen öffentlichen Gebäuden bis Montagabend auf halbmast zu setzen, um der Opfer zu gedenken.
Der in Afghanistan aktive Ableger der Terrormiliz IS reklamierte den Anschlag für sich. Biden erklärte mit Blick auf die Gruppe, die USA hätten Informationen dazu, wo sich die Drahtzieher der Anschläge aufhalten - und würden auch ohne große Militäreinsätze Möglichkeiten finden, diese zur Rechenschaft zu ziehen, "wo auch immer sie sind". Seine eindringlichen Worte an die Terroristen: "Wir werden nicht vergeben. Wir werden nicht vergessen."
Nach US-Angaben hatten sich mindestens zwei Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt. Eine der Detonationen ereignete sich demnach an einem Tor zum Flughafengelände, an dem US-Soldaten im Einsatz waren. Eine Reihe von IS-Kämpfern habe anschließend das Feuer auf Zivilisten und Soldaten eröffnet, sagte US-General Kenneth McKenzie, der das US-Zentralkommando Centcom führt. Er warnte, es müsse mit weiteren Anschlägen gerechnet werden. Auch Großbritannien geht von einer wachsenden Gefahr neuer Attentate aus.
"Ich verurteile den schrecklichen Terroranschlag vor dem Flughafen #Kabul aufs Schärfste und bin zutiefst betrübt über den tragischen Verlust von Menschenleben", teilte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Freitag via Twitter mit. "Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien. Die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus und die Gewährleistung einer sicheren Zufahrt zum Flughafen haben weiterhin höchste Priorität."
Blutiges Chaos in Kabul
Der Evakuierungseinsatz der gut 5.000 US-Soldaten in Kabul soll trotz der jüngsten Ereignisse wie geplant am Dienstag kommender Woche enden, wie Biden betonte. Damit können auch die Verbündeten ihre Staatsbürger und frühere örtliche Mitarbeiter nicht mehr evakuieren. Die US-Luftwaffe und Flugzeuge Verbündeter hätten am Donnerstag ab dem Vormittag bis kurz vor Mitternacht (Ortszeit Kabul) rund 7.500 Menschen evakuiert. Damit sei die Zahl der seit Mitte August ausgeflogenen Afghanen und westlicher Staatsbürger auf 100.100 angestiegen, erklärte ein Vertreter des Weißen Hauses.
Angesichts der Terrorgefahr und der zu Ende gehenden Evakuierungsflüge wird auch eine Evakuierung der Österreicher aus Afghanistan immer schwieriger. Es gebe keine Hinweise, dass bei dem Anschlag am Donnerstag Österreicher zu Schaden gekommen seien, teilte das Außenministerium der APA am Donnerstag auf Anfrage mit. Die Bemühungen, Österreicher und Personen mit österreichischer Aufenthaltserlaubnis bei der Ausreise zu unterstützen, liefen mit Hochdruck weiter, hieß es. Nach Angaben von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) warten "noch zwei, drei Dutzend" Menschen mit afghanischen Wurzeln auf die Ausreise nach Österreich. Laut Außenministerium kommen aber täglich neue Ansuchen hinzu. 89 Menschen wurden bis Donnerstag aus Afghanistan gebracht.
Die britischen Soldaten befinden sich nach Angaben des Verteidigungsministeriums in der Schlussphase der Evakuierung von Menschen am Flughafen von Kabul. Der dortige Standort sei geschlossen worden. Es würden keine weiteren Menschen mehr zum Flughafen gerufen, um sich evakuieren zu lassen. Spanien schloss unterdessen die Rettungsaktion ab.
Die Taliban hatten Mitte August die Macht in Afghanistan an sich gerissen. Die meisten Einheiten der afghanischen Sicherheitskräfte ergaben sich kampflos, Präsident Ashraf Ghani floh außer Landes.
Das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) will trotz der Machtübernahme der Taliban und des schweren Selbstmordanschlags in dem Krisenstaat bleiben. "Die Feuerwehr rennt nicht weg, wenn es brennt. Sondern im Gegenteil: Wir sind mit mehreren hundert Mitarbeitern noch in Afghanistan, und wir wollen auch bleiben", sagte der Sprecher von UNHCR-Deutschland, Chris Melzer, am Freitag im Bayerischen Rundfunk. Zu den für ihre Arbeit nötigen Absprachen mit der Taliban zeigte sich der UNHCR-Sprecher relativ optimistisch.
(Quelle: salzburg24)