"Sie banden meine Arme und Beine fest und schabten meine Gebärmutter aus, ohne mich zu betäuben", sagte die Politikerin. "Ich könnte Ihnen jede einzelne Sekunde schildern, denn jede schien eine Ewigkeit zu dauern", berichtete sie und forderte Gesundheitsminister Milan Kujundzic auf, diese Praxis zu stoppen.
Frauen schildern ihre Traumata
Kujundzic wertete die Erfahrung der Abgeordneten als Einzelfall. Doch damit war das Thema nicht erledigt. Im Gegenteil: Nincevic-Lesandrics emotionaler Bericht vor dem Parlament im Oktober ermutigte Frauen auf dem ganzen Balkan, mit ihren eigenen traumatischen Erlebnissen in gynäkologischen Kliniken an die Öffentlichkeit zu gehen.
Keine Narkose
"Beim Sex haben Sie auch nicht geheult, also seien Sie still", habe der Arzt zu ihr gesagt, als sie vor Schmerzen wimmerte, schrieb eine Frau. Eine andere berichtete, dass auch ihr eine Narkose bei der Ausschabung verweigert wurde: "Sie hielten mich an Händen, Beinen und am Kopf fest und als ich weinte, sagte der Arzt, ich sei verweichlicht."
Ministerium: Kommunikation "verbesserungswürdig"
Das sind zwei von rund 400 Erfahrungsberichten, die der Interessensverband für Eltern in Kroatien (Roda) sammelte. In mehreren Städten wurden die Berichte öffentlich vorgelesen und dann dem Gesundheitsministerium übergeben. Die Zahl der betroffenen Frauen sei "relativ klein", konstatierte das Ministerium, räumte aber ein, dass die Anästhesie "unterschiedlich" angewendet werde und die "Kommunikation" zwischen Ärzten und Patientinnen verbesserungsbedürftig sei.
"Die Frauen werden nicht gefragt, wie sie behandelt werden wollen und sie werden auch nicht ausreichend informiert", sagte Daniela Drandic von Roda. "Das ist eine Art von Gewalt." Übergriffige medizinische Behandlung von Frauen sei seit Jahrzehnten Alltag auf dem Balkan, meinen Aktivistinnen.
Aufschrei auch in Bosnien
Frauen im benachbarten Bosnien folgten dem Beispiel der Kroatinnen. Innerhalb von zehn Tagen erhielt die Organisation für natürliche Geburt mehr als 300 Erfahrungsberichte. "Entbindungsstationen sind der letzte Ort institutioneller Gewalt gegen Frauen", sagte die Vorsitzende der Organisation, die Ärztin Amira Cerimagic aus Sarajevo. Sie vergleicht den Aufschrei der Frauen auf dem Balkan mit der #MeToo-Kampagne, in der Frauen auf der ganzen Welt über sexuelle Gewalt berichteten.
Auch in Serbien meldeten sich Frauen zu Wort. "Frauen betreten die Geburtsstation meistens verängstigt und verlassen sie häufig traumatisiert", kritisierte Jovana Ruzicic vom Belgrader Mütterzentrum. "Frauen werden behandelt, als wären sie gar nicht da." Das soll sich nun endlich ändern.
(APA)
(Quelle: apa)