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"Islamischer Staat" bekannte sich zu verheerenden Terroranschlägen in Paris mit 129 Toten und 350 Verletzten

Rescuers evacuate people following an attack in the 10th arrondissement of the French capital Paris, on November 13, 2015. At least 18 people were killed as multiple shootings and explosions hit Paris, police said. Police also said there was an ongoing hostage crisis in the Bataclan a concert hall in the French capital. AFP PHOTO / KENZO TRIBOUILLARD
Veröffentlicht: 14. November 2015 17:20 Uhr
Die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) hat die Verantwortung für die Anschläge von Paris übernommen, bei denen mindestens 129 Menschen getötet und rund 350 weitere verletzt worden sind. "Acht Brüder mit Sprengstoffgürteln und Sturmgewehren" hätten den "gesegneten Angriff" verübt, erklärte die Extremistenorganisation am Samstag im Internet.

Auch der französische Präsident Francois Hollande machte den IS verantwortlich. Er kündigte einen "unerbittlichen" Kampf gegen Jihadisten in Frankreich und im Ausland an.

Tiroler bei Anschlägen in Paris schwer verletzt

Unter den bei der Anschlagsserie Verletzten befindet sich auch ein 20-jähriger Tiroler, der eine schwere Schussverletzung erlitt und in Frankreich behandelt wird. Im Außenministerium in Wien wurde als Reaktion auf die Anschläge von Paris ein Krisenstab eingerichtet.

Nationaler Notstand in Frankreich verhängt

Hollande verhängte erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs den nationalen Notstand und beorderte große Kontingente der Armee zu Sicherungsaufgaben ein. An den Landesgrenzen wurden Kontrollen eingeführt. "Konfrontiert mit Krieg muss die Nation angemessene Maßnahmen ergreifen", kündigte der Präsident am Samstag an.

Hollande sprach am Samstag von einem Salzburg24
Hollande sprach am Samstag von einem "Kriegsakt"./AP

Acht Attentäter an sechs verschiedenen  Orten

Es habe drei Teams von Terroristen gegeben, die koordiniert vorgegangen seien. Die Anschläge wurden am Freitagabend von insgesamt acht Tätern an sechs verschiedenen Orten der französischen Hauptstadt verübt. Es war der schwerste Angriff in der Geschichte Frankreichs und das erste Mal, dass die Taten von Selbstmordattentätern begangen wurden. Sieben Terroristen seien gestorben. Knapp 100 Verletzte schwebten am Samstag noch in Lebensgefahr.

 

Terroranschl?ge in Paris - Aktualisiert Salzburg24
Terroranschl?ge in Paris - Aktualisiert

Schwerster Angriff in Konzerthalle Bataclan

Der folgenschwerste Angriff des Abends wurde auf die Konzerthalle Bataclan in der Innenstadt verübt, in der mehr als tausend Menschen ein Konzert der US-Band Eagles of Death Metal besuchten. Vier schwerbewaffnete Attentäter schossen dort wahllos in die Menge. "Alle versuchten zu fliehen, die Menschen trampelten aufeinander herum, es war die Hölle", berichtete ein Augenzeuge. "Sie haben gar nicht mehr aufgehört zu schießen." Nach Angaben der Behörden starben im Bataclan mindestens 82 Menschen.

Kurz nach Mitternacht stürmten Einsatzkräfte der Polizei den Saal. Dabei starben alle vier Attentäter. Nach Polizeiangaben töteten sich drei von ihnen selbst, indem sie Sprengstoffgürtel zündeten. Ein Augenzeuge berichtete, die Angreifer hätten "Allah Akbar" (Gott ist groß) gerufen.

Der schwerste Angriff fand in der Konzerthalle Bataclan statt./AP Salzburg24
Der schwerste Angriff fand in der Konzerthalle Bataclan statt./AP

Explosionen mitten in der Pariser Innenstadt

Angegriffen wurden auch mehrere Cafes und Restaurants sowie die Umgebung des Stade de France, wo gerade das Freundschaftsspiel Frankreich gegen Deutschland lief. Während des Spiels waren Explosionen außerhalb des Stadions im Pariser Vorort St. Denis zu hören. Nach dem Abpfiff liefen hunderte verängstigte Zuschauer auf das Spielfeld, später wurden alle durch mehrere Ausgänge nach draußen geleitet. Das DFB-Team verbrachte die Nacht im Stadion und wurde Samstag früh direkt zum Flughafen gebracht.

Bei mehreren Cafes und Restaurants in der Innenstadt kam es zu Explosionen./AP Salzburg24
Bei mehreren Cafes und Restaurants in der Innenstadt kam es zu Explosionen./AP

IS  bekannte sich zu Terroranschlägen in Paris

Für alle sechs Angriffe übernahm der IS die Verantwortung. Die Anschlagsserie habe sich gegen "Kreuzzug-Frankreich" gerichtet, hieß es in einer im Internet veröffentlichten Erklärung. Die Angriffsziele seien "bewusst im Herzen von Paris ausgewählt" worden.

Ein Augenzeuge aus dem Bataclan berichtete, die Attentäter hätten die Beteiligung Frankreichs an der US-geführten Militärkoalition gegen den IS in Syrien und im Irak für ihr Handeln verantwortlich gemacht. Die Männer hätten gesagt: "Hollande ist Schuld, Euer Präsident ist Schuld, er hat nicht in Syrien einzugreifen."

Der französische Präsident wandte sich in der Nacht und nochmals am Samstagvormittag an die Franzosen. Er sprach von "Terrorangriffen von bisher nie da gewesenem Ausmaß" und erklärte: "Das ist ein Kriegsakt, der von einer terroristischen Armee, dem IS, verübt wurde." Die "barbarischen" und "feigen" Anschläge seien im Ausland "vorbereitet, organisiert, geplant" worden, mithilfe von Komplizen in Frankreich.

IS droht Frankreich mit weiteren Anschlägen

Die Terrormiliz drohte Frankreich mit weiteren Anschlägen. "Dieser Überfall ist nur der erste Tropfen Regen und eine Warnung", hieß es in einer am Samstag im Internet kursierenden Botschaft im Namen des IS.

Screenshot aus einem Handy-Video, das während der Geiselnahme der Konzertbesucher aufgenommen wurde./APA/AFP/DANIEL PSENNY Salzburg24
Screenshot aus einem Handy-Video, das während der Geiselnahme der Konzertbesucher aufgenommen wurde./APA/AFP/DANIEL PSENNY

Verschärfte Grenzkontrollen in Frankreich

Der Elysee-Palast gab den Einsatz von 1.500 zusätzlichen Soldaten sowie verschärfte Grenzkontrollen bekannt. Außenminister Laurent Fabius stellte klar, dass Frankreich ungeachtet der Anschläge an seinem internationalen Engagement festhalte. "Das internationale Handeln Frankreichs wird fortgesetzt und ist gesichert", sagte Fabius am Rande der Syrien-Konferenz in Wien.

Die Franzosen rief Hollande zur "Einheit" auf. Zugleich kündigte er eine dreitägige Staatstrauer an. Kundgebungen im Großraum Paris wurden bis Donnerstag untersagt. Am Samstag blieben Schulen, Universitäten und andere öffentliche Einrichtungen geschlossen. Sämtliche für das Wochenende geplanten Sportveranstaltungen wurden abgesagt, auch Touristenattraktionen blieben geschlossen, mehrere Metro-Linien wurden unterbrochen.

Frankreich gehört zu den Gründungsmitgliedern der US-geführten Koalition gegen den IS und hat sich von Anfang an Luftangriffen gegen die radikalislamischen Milizen in Syrien beteiligt. Kurz vor den Anschlägen hatte ein IS-Vertreter in einem Video gedroht: "Solange ihr uns bombardiert, werdet ihr nicht in Frieden leben. Ihr werdet sogar Angst haben, auf den Markt zu gehen."

Ausnahmezustand in Frankreich./AP Salzburg24
Ausnahmezustand in Frankreich./AP

Das Land steht unter Schock./AP Salzburg24
Das Land steht unter Schock./AP

Ein Attentäter identifiziert

Nahe einem der Attentäter von Paris ist nach Angaben aus Polizeikreisen ein syrischer Pass gefunden worden. Der Pass sei in der Nähe der Leiche eines der Angreifer entdeckt worden, sagte ein Polizeivertreter. Laut Polizeikreisen gehen die Ermittler gemeinsam mit ausländischen Geheimdiensten derzeit einer "syrischen Spur" nach.

Brüssel: Verhafteter war am Freitag in Paris

Eine Spur führt nach Behördenangaben auch nach Belgien. Nach den Anschlägen sei ein Mietwagen mit einer Verbindung in den Brüsseler Stadtteil Molenbeek in Paris entdeckt worden, sagte ein Sprecher von Justizminister Koen Geens am Samstag nach Angaben der belgischen Nachrichtenagentur Belga.

Die belgische Polizei habe bei einem Großeinsatz nach den Anschlägen von Paris in Molenbeek mehrere Menschen festgenommen, sagte Geens am Samstagabend weiter, unter anderem auch eine Person, die am Freitagabend in der französischen Hauptstadt war. Das bestätigte der belgische Premierminister Charles Michel am Samstagabend.

Attentäter mit Sprengstoffweste vor Fußballstadion aufgehalten

Die Attentäter von Paris wollten laut dem "Wall Street Journal" wohl einen Anschlag direkt im Fußballstadion beim Länderspiel Deutschland-Frankreich verüben. Mindestens ein Angreifer habe ein Ticket für das Match im Stade de France gehabt. Er sei von einem Ordner beim Sicherheitscheck gestoppt worden, schrieb das Blatt am Samstag online unter Berufung auf einen anderen Ordner und einen Polizisten.

Bei dem Attentäter sei etwa eine Viertelstunde nach Spielbeginn am Stadioneingang eine Sprengstoff-Weste entdeckt worden. Beim Versuch zu entkommen, habe der Mann den Sprengstoff zur Explosion gebracht. Der Polizist vermutetet laut "Wall Street Journal", dass der Angreifer den Sprengstoff im Stadion zünden wollte. Ziel sei vermutlich eine Massenpanik bei den Zuschauern gewesen, hieß es weiter.

Mit den verheerenden Angriffen kehrt gut zehn Monate nach den Anschlägen auf die Satirezeitung "Charlie Hebdo" und einen koscheren Supermarkt der Terror in die französische Hauptstadt zurück. In zwei Wochen empfängt Paris zahlreiche Staats- und Regierungschefs aus aller Welt zur Weltklimakonferenz. Viele von ihnen äußerten am Samstag ihr Entsetzen über die Geschehnisse in der französischen Hauptstadt. Regierungen rund um den Globus erhöhten die Sicherheitsvorkehrungen.

(APA)

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  • Kontakt für Angehörige aus Ö
  • Tiroler (20) schwer verletzt

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(Quelle: salzburg24)

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