Welt

Kunstbiennale Venedig widmet sich "allen Zukünften der Welt"

Veröffentlicht: 30. April 2015 08:23 Uhr
Nichts weniger als "Alle Zukünfte der Welt" ("All the World's Futures") werden ab 9. Mai auf der 56. Kunstbiennale in Venedig verhandelt. Für unterschiedlichste Perspektiven ist gesorgt: Kurator Okwui Enwezor hat 136 Künstler aus 53 Ländern in die Themenausstellung geladen; 89 Staaten rittern in den Länder-Pavillons in den Giardini, wo Heimo Zobernig Österreich vertritt, um den Goldenen Löwen.

Die Biennale, die sich in den 120 Jahren ihres Bestehens neben der documenta zum bedeutendsten Forum für zeitgenössische Kunst entwickelt hat, öffnet heuer aufgrund der Expo in Mailand bereits einen Monat früher als üblich. Trotz der langen Tradition gibt es auch 2015 Länder, die zum ersten Mal dabei sind: Man darf gespannt sein auf die künstlerische Beiträge von Grenada, der Mongolei, Mauritius, Mosambik und den Seychellen. Aber auch in der Hauptausstellung tummeln sich zahlreiche Neuzugänge. 89 der 136 eingeladenen Künstler stellen erstmals auf der Biennale aus - ein klares Statement für die Öffnung zu neuen Zugängen. Aus Österreich ist in der großen Ausstellung diesmal einzig der in Berlin lebende Peter Friedl, der 1999 auf Einladung von Kommissär Peter Weibel als einer mehrerer Künstler den Österreichpavillon bespielte, vertreten.

"All the World's Futures" ist für Enwezor ein "Projekt, das sich einer frischen, unverbrauchten Bewertung der Beziehung von Kunst und Künstlern mit den gegenwärtigen Zuständen widmet", wie er in den Presseunterlagen schreibt. Statt sich einem allumfassenden Thema zu unterwerfen, soll sich seine Ausstellung aus sich überlagernden "Filtern" zusammensetzen. Einer dieser Filter ist die 120-jährige Geschichte der Biennale selbst, durch die der "Zustand der Dinge" sowie "das Auftreten der Dinge" reflektiert werden soll. "Unser Anspruch ist es, herauszufinden, wie die Spannungen der Außenwelt auf die Empfindsamkeit und die Energie von Künstlern wirkt, auf ihre Sehnsüchte und ihren 'inneren Gesang'", so Biennale-Präsident Paolo Baratta im Vorwort.

Eines der aktuellen Schlagworte der Gegenwart ist auch das Kapital, dem sich Enwezor philosophisch-theatralisch widmen wird: "Kapital ist das große Drama unserer Zeit", so der aus Nigeria stammende Kurator. Und so wird Karl Marx' Schrift "Das Kapital" bis zum Ende der Biennale am 22. November pausenlos in der vom britisch-ghanaischen Architekten David Adjaye entworfenen "Arena" im zentralen Pavillon in den Giardini von professionellen Schauspielern vorgelesen werden.

Unter dem Titel "Liveness: On Epic Duration" hat die Biennale heuer auch einige Arbeiten beauftragt, die in der "Arena" präsentiert werden. Im Zentrum steht dabei die menschliche Stimme als "Instrument, die Gangart der Geschichte weiterträgt". Mit dabei etwa Arbeiten der libanesischen Filmemacher Joana Hadjithomas und Khalil Joreige, die in täglichen Lesungen ihr Buch "Latent Images: Diary of a Photographer" präsentieren, oder der amerikanische Jazz-Musiker Jason Moran, der in "Staged" die Geschwindigkeit von Arbeiterliedern in Gefängnissen, auf Feldern und in Häusern entschlüsselt.

Historische Perspektiven werden etwa mit textbasierten Neon-Skulpturen von Bruce Nauman aus den 1970er-Jahren oder einer Filmschiene mit 87 Werken von Harun Farocki eingenommen. Kunstwerke aus allen Kontinenten - von lebenden wie verstorbenen Künstlern - sollen künstlerische Wege, den Zustand der Menschheit zu ergründen, beschreiten: Die Spanne reicht dabei von Arbeiten des 1975 verstorbenen US-Fotografen Walker Evans mit einer kompletten Original-Edition von "Let Us Now Praise Famous Men" oder des 2012 verstorbenen französischen Multimediakünstlers Chris Marker über eine Installation der Deutschen Isa Genzken bis hin zu ihrem Landsmann Alexander Kluge. Gehuldigt wird auch verstorbenen Künstlern wie dem ägyptischen Aktivisten Inji Efflatoun oder der australischen Malerin Emily Kngwarreye bis hin zu dem senegalesischen Filmregisseur Ousmane Sembene. Eine großformatige, das Arsenale erweiternde Skulptur stammt vom chinesischen Künstler Xu Bing. Weitere Installationen im öffentlichen Raum stammen etwa von Emily Floyd und Sarah Sze.

Eine bunte Mischung herrscht auch in den Länderpavillons, wo Einzel- wie Gruppenpräsentationen das Bild prägen: Großbritannien schickt mit Sarah Lucas eine prominente Vertreterin der in den 90er-Jahren gehypten Gruppe der "Young British Artists", Deutschland setzt unter dem Titel "Fabrik" auf Vorschlag des Kurators Florian Ebner auf insgesamt fünf Künstler, darunter die Berliner Medienkünstlerin Hito Steyerl und den Konzeptkünstler Olaf Nicolai. Mit rund einem Dutzend Künstlern tritt Syrien bei der Biennale auf, die Vereinigten Staaten von Amerika schicken die Performancekünstlerin Joan Jonas. Was genau der Österreicher Heimo Zobernig vorhat, der von Komissär Yilmaz Dziewior eingeladen wurde, wollte er im Vorfeld nicht verraten: Er werde mit seiner Arbeit in jedem Fall auf die Architektur von Josef Hoffmann (nach einem Entwurf von Robert Kramreiter) Bezug nehmen, hieß es. Aber auch andere Österreicher haben auf der Biennale ihre Finger im Spiel: Kunsthallen-Direktori Nicolaus Schafhausen kuratiert den Kosovo-Pavillon, in dem er Flaka Haliti präsentiert, Sabine Breitwieser, Leiterin des Salzburger Museums der Moderne, ist Mitglied der internationalen Jury. Für welchen Pavillon sich die Juroren entscheiden, wird bei der Eröffnung am 9. Mai bekannt gegeben.

(Quelle: salzburg24)

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