Am Dienstagvormittag hatte die Polizei offenbar eine erste heiße Spur. Laut der deutschen Zeitung "Die Welt" (Online-Ausgabe), hat ein Sondereinsatzkommando (SEK) der Polizei einen Hangar im stillgelegten Berliner Flughafen Tempelhof gestürmt. Dort sind Flüchtlinge untergebracht. Die Polizei hat den Einsatz bestätigt.
Der Einsatz, an dem auch Kräfte der Spezialeinheit (SEK) beteiligt waren, habe um 3.00 Uhr mit bis zu 250 Beamten begonnen. Die Kräfte seien dann aber reduziert worden. Die Lage sei ruhig gewesen. Um 8.00 Uhr sei der Einsatz beendet gewesen. Ob die Polizei nach Verbindungen des Täters suchte, der am Montagabend mit einem Sattelschlepper in den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gerast war und mindestens zwölf Menschen in den Tod riss, sagte der Sprecher nicht explizit. "Die Annahme kann man aber haben." Zur Herkunft der befragten Flüchtlinge gab es keine Angaben.
Lkw rast in Berlin in Weihnachtsmarkt
Der dunkle Lastwagen mit polnischem Kennzeichen fuhr laut Polizei gegen 20 Uhr auf einer Strecke von 50 bis 80 Metern mit hoher Geschwindigkeit über den Markt an der Gedächtniskirche und zerstörte dabei mehrere Buden.
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Polizei geht von Anschlag aus
Nach der Todesfahrt eines Lkw auf einem Berliner Weihnachtsmarkt geht die Polizei von einem Anschlag aus. "Unsere Ermittler gehen davon aus, dass der Lkw vorsätzlich in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gesteuert wurde", schrieb die Berliner Polizei am Dienstag auf Twitter.
Merkel: "Müssen von Terroranschlag ausgehen"
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geht davon aus, dass die Todesfahrt eines Lkw auf den Weihnachtmarkt in Berlin ein Terroranschlag war. "Wir müssen nach jetzigen Stand von einem terroristischen Anschlag ausgehen", sagte Merkel am Dienstag in Berlin. "Ich weiß, dass es für uns alle besonders schwer zu ertragen wäre, wenn sich bestätigen würde, dass ein Mensch diese Tat begangen hat, der in Deutschland um Schutz und Asyl gebeten hat", fügte sie hinzu.Merkel beruft das Sicherheitskabinett ein. Die zuständigen Minister und die Chefs der Sicherheitsbehörden wurden noch am Vormittag die Lage und mögliche Konsequenzen beraten, sagt die Kanzlerin. Die Tat werde bestraft werden, "so hart es unsere Gesetze verlangen".
Die Kanzlerin kündigte ein hartes Vorgehen des Rechtsstaats an. Sie dankte den Ermittlern, die dabei seien, "diese unselige Tat aufzuklären". Merkel versprach, die Tat werde aufgeklärt werden, "in jedem Detail, und sie wird bestraft werden, so hart es unsere Gesetze verlangen".
Festgenommener Fahrer als Flüchtling eingereist
Der Mann, der einen Lastwagen auf einen Berliner Weihnachtsmarkt gesteuert haben soll, ist nach Informationen des RBB-Inforadios Pakistaner. Der festgenommene mutmaßliche Täter sei am 31. Dezember 2015 in Passau nach Deutschland eingereist, berichtete der Sender am frühen Dienstagmorgen unter Berufung auf Sicherheitskreise.
Das österreichische Innenministerium wollte die Berichte, dass der Verdächtige demnach über Österreich nach Deutschland eingereist sein soll, zunächst nicht bestätigen. "Wir sind in Kontakt mit den deutschen Behörden, auch dies ist Gegenstand der Abklärung mit den deutschen Behörden", erklärte Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck am Dienstag auf Anfrage der APA.
Laut dpa soll der Mann in einer Berliner Flüchtlingsunterkunft gelebt haben. Die genaue Identifizierung gestalte sich auch deswegen schwierig, weil der Verdächtige mehrere Namen benutzt haben soll. Die Ermittler gehen nach diesen Informationen davon aus, dass der Mann aus Pakistan oder aus Afghanistan stammt. Nach Informationen des RBB-Inforadios kommt er aus Pakistan.
Der Polizei soll der Verdächtige bereits wegen geringfügiger Delikte bekannt sein. Die Berliner Polizei wollte sich dazu nicht äußern. Der Mann war auf der Flucht vom Tatort festgenommen worden und wird verhört. Nach dpa-Informationen soll der Mann mehrere Identitäten genutzt haben.
Beifahrer aus Polen offenbar erschossen
Ein weiterer Mann, der auf dem Beifahrersitz saß, starb laut Polizei vor Ort. Bei dem Toten soll es sich um einen polnischen Staatsbürger, wie die Polizei am frühen Dienstagmorgen über Twitter mitteilte. Unter den Toten auf dem Berliner Breitscheidplatz befindet sich nach Angaben von Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter auch eine Person, die erschossen wurde. Vermutlich handle es sich um einen polnischen Kraftfahrer, der allerdings Opfer und nicht Täter sei, sagte Schröter am Dienstag in Potsdam. Er berief sich dabei auf Angaben aus einer Telefonkonferenz der Innenminister der Länder.
"Verheerendes Bild vor Ort" in Berlin
Es gebe ein "verheerendes Bild vor Ort", sagte ein Polizeisprecher. Umstehende berichteten dpa-Reportern, dass der Lkw Dutzende Menschen überfahren habe. Der Generalbundesanwalt in Karlsruhe übernahm die Ermittlungen. Das teilte der deutsche Justizminister Heiko Maas (SPD) am Abend mit.
Der an der Vorderseite stark demolierte Lastwagen kam am Rande der Budapester Straße zum Stehen. Dutzende Rettungswagen und viele Polizeiwagen waren vor Ort. Das Gelände wurde abgesperrt, Passanten wurden nur noch vom Weihnachtsmarkt herunter gelassen.
Lkw gehört Spedition aus Polen
Der Lastwagen gehörte einer polnischen Spedition, wie deren Eigentümer Ariel Zurawski in einem Telefonat dem polnischen Sender TVN 24 sagte. Der Fahrer sei seit etwa 16 Uhr nicht mehr zu erreichen gewesen. Es handle sich um seinen Cousin, er könne seine Hand für ihn ins Feuer legen, dass er kein Attentäter sei. "Es kann einfach nicht mein Fahrer gewesen sein", sagte Zurawski zu dem Vorfall. "Ihm muss etwas angetan worden sein", mutmaßte er. "Ich stehe so unter Schock."
Der Lastwagen hatte Stahlkonstruktionen aus Italien nach Berlin transportiert, berichtete Zurawski. Wegen einer Verzögerung habe der Fahrer bis zum Dienstag warten müssen und den Lastwagen in Berlin geparkt. Die Berliner Polizei teilte dagegen mit, es bestehe der Verdacht, dass der Sattelschlepper in Polen von einer Baustelle gestohlen worden sei.
Reaktionen deutscher Politiker
Nach Worten von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) war die Situation am Abend unter Kontrolle. Der Regierungschef reagierte geschockt. "Was wir hier sehen, ist dramatisch", sagte Müller auf dem Breitscheidplatz. Seine Gedanken seien bei den Familien, die Tote oder Verletzte zu beklagen hätten.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich bestürzt. "Wir trauern um die Toten und hoffen, dass den vielen Verletzten geholfen werden kann", teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Merkel sei mit Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) und Berlins Bürgermeister Müller in Kontakt.
Deutschlands Bundespräsident Joachim Gauck äußerte sich ebenfalls betroffen. "Das ist ein schlimmer Abend für Berlin und unser Land, der mich wie zahllose Menschen sehr bestürzt", teilte Gauck mit. Ähnlich äußerten sich Frankreichs Präsident Francois Hollande, Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Frankreich erhöhte die Sicherheitsvorkehrungen auf seinen Weihnachtsmärkten. Der designierte US-Präsident Donald Trump sprach schon von einem "schrecklichen Terrorangriff".
Innenminister Thomas De Maizière erklärte: "Meine Gedanken sind jetzt bei den Angehörigen der Opfer und den Verletzen des schrecklichen Vorfalls. Ich stehe in unmittelbarem und durchgehendem Austausch mit den Sicherheitsverantwortlichen im Land Berlin und habe jede Unterstützung durch die Bundespolizei angeboten."
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte, die Behörden wüssten noch nicht mit Gewissheit, was wirklich geschehen sei. "Die Sicherheitsbehörden arbeiten mit Hochdruck daran, die Unglücksstelle zu sichern und die Täter zu finden."
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller und Innensenator Andreas Geisel wollten am Dienstagmittag (13 Uhr) auf einer Pressekonferenz die Öffentlichkeit informieren.
Polizei wertet nun Fotos und Video von Augenzeugen aus
Die Polizei schaltete indes ein Portal frei, über das Augenzeugen des möglichen Anschlags in Berlin Fotos und Videos hochladen können. Zuvor hatte die Polizei gebeten, kein Bildmaterial über Soziale Medien zu verbreiten oder es per Twitter an die Behörden zu senden. Auf Handy-Fotos und -Videos könnten Hinweise zu sehen sein, die den Ermittlern bei ihrer Arbeit helfen.
Bei einem Anschlag im Juli in Nizza waren 86 Menschen ums Leben gekommen, als ein Terrorist mit einem Lastwagen über die Uferpromenade der Mittelmeermetropole fuhr. Für den Anschlag hatte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Verantwortung übernommen.
(APA/dpa)
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(Quelle: salzburg24)