Welt

Mexiko startet Luftbrücke in von Lehrern blockierten Süden

Veröffentlicht: 30. Juni 2016 17:57 Uhr
Die mexikanische Regierung fliegt Lebensmittel in den von streikenden Lehrern belagerten Bundesstaat Oaxaca im Süden des Landes. Ein Transportflugzeug der Streitkräfte sollte am Donnerstag eine erste Hilfslieferung in die verarmte Region bringen. Aus Protest gegen eine Bildungsreform blockieren Lehrer seit Tagen wichtige Fernstraßen in die Region.

Sozialminister Jose Antonio Meade kündigte an, über die Luftbrücke Mais, Bohnen und Milchpulver in Gebiete bringen zu lassen, in denen zuletzt die Lebensmittel knapp wurden. "Wir dürfen nicht zulassen, dass Streitigkeiten auf dem Rücken jener ausgetragen werden, die am wenigsten haben", sagte er.

Streikende Lehrer hatten am Mittwoch zwei Polizisten zwölf Stunden lang festgehalten und sie in aller Öffentlichkeit gedemütigt. "Sie haben uns gezwungen, niederzuknien und eines ihrer Transparente hochzuhalten", sagte einer der Beamten. Die Demonstranten hätten gedroht, sie in Brand zu stecken.

Die Bilder von den niederknieenden Polizisten gingen in Mexiko durch die Medien. Die Menschenrechtskommission verurteilte den Vorfall.

Die beiden Bundespolizisten waren am Montag im Teilstaat Oaxaca von streikenden Lehrern gestoppt worden, als sie einen Tanklastwagen mit Trinkwasser zu ihrer Kaserne begleiteten.

Seit Tagen blockieren die streikenden Lehrer zahlreiche Fernstraßen in Oaxaca und liefern sich Straßenschlachten mit der Polizei. Ihr Protest richtet sich gegen eine Bildungsreform der mexikanischen Regierung. Mit ihren Aktionen nehmen sie die vom Tourismus abhängige Region in Geiselhaft.

Oaxaca de Juarez ist eine der schönsten Städte Mexikos. Kopfsteinpflaster, Kolonialbauten in Pastellfarben, schattige Parks und opulente Barockkirchen locken Tausende Touristen an. Doch jetzt herrscht Totentanz in der Perle des Südens. Streikende Lehrer blockieren aus Protest gegen eine Bildungsreform wichtige Fernstraßen in die Region und die Zufahrt zum Flughafen. In den Restaurants und Hotels ist kaum jemand zu sehen.

"Der touristische Betrieb hat sehr nachgelassen. Es kommen keine Urlauber mehr", sagt ein Angestellter eines Hotels im Stadtzentrum. Gehe das so weiter, könnten viele ihren Arbeitsplatz verlieren, befürchtet der Mann. Eines der bekanntesten Restaurants am zentralen Platz Zocalo, der Asador Vasco, hat bereits geschlossen. Auch im Tres Bistro bleibt die Küche kalt.

Den Geschäftsleuten entgehen Einnahmen in Millionenhöhe. Im Bundesstaat Oaxaca sei wegen der Straßensperren in den vergangenen Tagen bereits ein Verlust von 1,7 Milliarden Pesos (81 Millionen Euro) aufgelaufen, sagt der Vorsitzende des Unternehmerverbands, Juan Pablo Castanon. In der Stadt Oaxaca seien die Hotels nur zu fünf Prozent ausgelastet, im Badeort Huatulco an der Pazifikküste gebe es keinen Treibstoff und keine Lebensmittel mehr.

Seit Donnerstag lässt die mexikanische Regierung über eine Luftbrücke Grundnahrungsmittel in die Region bringen. Sozialläden in besonders armen Dörfern sollen Mais, Bohnen und Milchpulver zu subventionierten Preisen abgeben. "Wir dürfen nicht zulassen, dass Streitigkeiten auf dem Rücken jener ausgetragen werden, die am wenigsten haben", sagt Sozialminister Jose Antonio Meade.

Die Lehrer protestieren gegen eine Bildungsreform der Regierung, nach der sich alle Lehrer einer fachlichen Prüfung unterziehen müssen. "Ich finde auch, dass die Leistung überprüft werden sollte und die Lehrer sich fortbilden müssen. Aber die Regierung will einfach nur Leute entlassen und das Budget weiter kürzen", sagt die Lehrerin Karina Mejia aus der Ortschaft Macahuite.

Über die Bildungsreform sollen zudem die Privilegien der mächtigen Lehrergewerkschaft beschnitten werden. Sie entschied bislang über die Postenvergabe und verteilte die Gehälter. Lehrerposten wurden teilweise verkauft oder vererbt.

Ziel ist es, das Bildungsniveau in der zweitgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas zu heben. Beim Pisa-Test liegen die mexikanischen Schüler deutlich unter dem OECD-Durchschnitt. 55 Prozent erreichten nicht das Mindestniveau in Mathematik, bei der Lesekompetenz fielen 41 Prozent durch und an Naturwissenschaften scheiterten 47 Prozent. "Das ist keine Bildungs- sondern eine Arbeitsreform", sagt der Lehrer Basilio Jimenez. "Was tut die Regierung denn wirklich, um die Bildung zu verbessern? In manchen Dörfern gibt es überhaupt keine Infrastruktur."

Die Sektion 22 aus Oaxaca gilt als der radikalste Flügel der Lehrergewerkschaft. Sie errichtet Straßensperren, steckt Gebäude in Brand und demütigt Streikbrecher. Zuletzt zwangen sie zwei Polizisten, sich auf einer Landstraße hinzuknien und Transparente mit ihren Forderungen hochzuhalten. Die Lehrer drohten den Beamten, sie in Brand zu stecken. Vor knapp zwei Wochen kamen bei gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei acht Menschen ums Leben und rund 100 weitere wurden verletzt.

In Oaxaca geht jetzt die Angst um. Die Blockade der Lehrer kappt die Lebensader des armen Bundesstaats. Ende Juli beginnt das Folklorefest Guelaguetza, das normalerweise Tausende Touristen anzieht. "Wir befürchten, bei der Guelaguetza nur 40 Prozent oder weniger Auslastung zu haben", sagt der Präsident des regionalen Hotellerieverbandes, Jaime Bautista.

Die Unternehmer der Region fühlen sich von den streikenden Lehrern in Geiselhaft genommen. "Ein ums andere Mal haben wir betont, dass Oaxaca so nicht weitermachen kann", sagt der Chef des Nationalen Gaststättenverbands, Onesimo Bravo. "Die Lehrer und ihre Sympathisanten sollten verstehen, dass sie ihre Protestmethoden ändern müssen, um nicht Dritten zu schaden."

(Quelle: salzburg24)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

25.09.2025
Kultserie

"Baywatch" bekommt Neuauflage

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken