Die EU treibt angesichts der neuen Zollankündigungen von US-Präsident Donald Trump die Vorbereitungen für Gegenmaßnahmen voran. Der zuständige EU-Handelskommissar Maros Sefcovic sagte bei einem Treffen der Handelsminister in Brüssel, man präsentiere den Mitgliedstaaten neue vorbereitete Maßnahmen. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) vertritt Österreich bei dem Treffen der Handelsminister.
Das Schreiben von Trump, mit dem per 1. August neue Einfuhrzölle in Höhe von 30 Prozent angekündigt wurden, habe man mit Bedauern und Enttäuschung zur Kenntnis genommen. "Wir haben wochenlang über eine Grundsatzvereinbarung verhandelt, und ich denke, wir waren fast am Ziel", sagte Sefcovic. Trumps Ankündigung bringe nun "eine völlig andere Dynamik".
Lösung am Verhandlungstisch?
"Unser Ziel ist und bleibt eine Lösung am Verhandlungstisch", sagte Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) vor dem Start des Sondertreffens der EU-Handelsminister. Es sei aber auch Zeit, "eine klarere Sprache zu sprechen". Die EU müsse "konsequent und selbstbewusst auftreten". Er forderte, angesichts der neuen Ankündigungen von Trump Gegenmaßnahmen in Kraft zu setzen und weitere Maßnahmen vorzubereiten.
Mit den neuerlichen Ankündigungen von Trump habe sich die Lage verändert: "Ich glaube, dass Donald Trump nur eine selbstbewusste Sprache versteht." Er stehe hinter der Kommission, aber die angekündigten Gegenmaßnahmen müssten einen Schritt weitergebracht werden. Trump hatte in einem Brief an die EU am Wochenende mitgeteilt, dass er ab 1. August Sonderzölle von 30 Prozent auf Importe aus der EU und Mexiko einheben will. Die von der EU geplanten Gegenmaßnahmen liegen derzeit auf Eis.
Wie könnten Gegenzölle der EU aussehen?
Bei den Vorbereitungen für die Gegenmaßnahmen geht es nach Angaben aus EU-Kreisen um eine Liste mit US-Produkten, die von neuen Zöllen der EU betroffen sein könnten, falls die Verhandlungen über eine einvernehmliche Lösung nicht zu einem Erfolg führen sollten.
Sie wurde nach einer öffentlichen Konsultation zuletzt noch einmal etwas angepasst und betrifft nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur nun Importe aus den USA im Wert von etwa 72 Mrd. Euro. Zudem bereitete die EU-Kommission zuletzt auch Beschränkungen bestimmter EU-Exporte von Stahlschrott und chemischen Erzeugnissen in die USA im Wert von 4,4 Mrd. Euro vor.
Bereits beschlossen sind Gegenzölle für den Fall, dass die USA die vor Monaten eingeführten neuen Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte nicht wieder aufheben. Sie betreffen nach früheren EU-Angaben Ausfuhren der Vereinigten Staaten im Wert von insgesamt 21 Mrd. Euro und sollen ebenfalls in Kraft gesetzt werden, wenn es keine Einigung gibt.
Warten auf Fortsetzung der Verhandlungen
Zu den weiteren Verhandlungen sagte Sefcovic, er habe trotz des Briefs von Trump das Gefühl, dass auch seine US-amerikanischen Gesprächspartner bereit zu weiteren Verhandlungen seien. Er sei hundertprozentig überzeugt, dass eine Verhandlungslösung viel besser sei als die Spannungen, die im Fall einer weiteren Eskalation nach dem 1. August entstehen könnten, sagte Sefcovic: "Diese Sache wird sonst nicht gut ausgehen." Er beabsichtige, noch an diesem Montag wieder mit seinen US-amerikanischen Gesprächspartnern reden, sagte der EU-Kommissar.
Der NEOS-Delegationsleiter im EU-Parlament, Helmut Brandstätter, hat anlässlich des Zollstreits eine gemeinsame Front der EU gegenüber US-Präsident Trump gefordert und Kritik an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geübt. Um Chaos zu vermeiden, hätten die NEOS zwar gegen den Misstrauensantrag gegen von der Leyen gestimmt, betonte Brandstätter am Montag in Wien. Andererseits hätte die EU-Kommissionschefin auf Trump vorbereitet sein und die EU einen müssen.
"Wir können mit Trump nur verhandeln, wenn wir einen ganz klaren Standpunkt haben - wenn er auch spürt, dass wir keine Angst haben und ihm entgegentreten werden", sagte Brandstätter weiter. "Wir merken, wir können uns nicht auf ihn verlassen. Umso stärker müssen wir auftreten", fügte der liberale EU-Politiker hinzu. Zudem sprach er sich wie der französische Präsident Emmanuel Macron dafür aus, dass die EU in einer wirtschaftlich bedrohten Lage auch mit Mehrheiten und nicht nur mit Einstimmigkeit entscheiden dürfte.
Brandstätter, der sich im EU-Parlament auch mit Desinformation beschäftigt, warnte zudem unter Hinweis auf verbale "Attacken" von US-Vizepräsident JD Vance auf Europa vor Unwahrheiten aus Übersee. Trump, der russische Präsident Wladimir Putin und Rechtsextreme hätten ein gemeinsames Ziel: "Diese EU zu zerstören", so der EU-Mandatar.
NEOS-EU-Abgeordnete Anna Stürgkh äußerte sich in der Pressekonferenz zu ihrer Arbeit im EU-Parlament. Die EU müsse aufhören, Russland über Energie zu finanzieren und die europäische Energieunion müsse Realität werden, betonte die liberale Politikerin. Jährlich würde die EU 375 Mrd. Euro ausgeben, um fossile Energien zu importieren, kritisierte Stürgkh. Investitionen in die europäischen Stromnetze würden hingegen die "Spielregeln" verändern. Im Hinblick auf das "Transitland" Österreich pocht sie in diesem Zusammenhang auf eine "faire Verteilung" der Gelder.
"Es wäre der richtige Schritt, wenn die Handelsminister:innen sich heute bereits auf Gegenzölle einigen würden, statt die nächsten zwei Wochen abzuwarten", forderte SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder in einer Aussendung. "Wir sind der größte Binnenmarkt der Welt und ein wichtiger Handelspartner für die Vereinigten Staaten". Die EU müsse "sich aus der Defensive befreien".
(Quelle: apa)