Fehlende weiße Pracht

Ausbleibender Schnee stürzt Wintersport in Krise

 Blick auf ein als schmales weißes Band präparierte Skipiste am 5. Jänner 2023 in einem Filzmooser Skigebiet.
Veröffentlicht: 17. Jänner 2023 10:32 Uhr
Wintersport-Paradiese schwinden, zahlreiche Rennen und Events müssen abgesagt werden. Der Schneemangel und seine Folgen stellen derzeit nicht nur viele Weltcup-Veranstalter, sondern gesamte Wintersport-Orte vor enorme wirtschaftliche Herausforderungen. Doch was tun, wenn der Schnee fehlt?
SALZBURG24 (aa)

Hotelzimmer werden storniert, Tickets erstattet, und für abgeschlossene Verträge mit Catering-Firmen muss auch eine Lösung her:

"Selbst, wenn genügend Geldmittel zur Verfügung stehen würden, kann man das Klima nicht beeinflussen", sagte Anna Kornhaas der Deutschen Presse-Agentur. Sie ist Pressesprecherin des Weltcups der Skispringerinnen in Hinterzarten. Die Durchführung des Ende Jänner geplanten Springens ist – na klar – fraglich.

Wintersport-Orte verlieren Kampf mit Klimawandel

An anderen Orten ist der Kampf gegen den Klimawandel längst verloren. Die alpinen Skirennen in Garmisch-Partenkirchen sind abgesagt. Statt eines Winter-Wunderlandes prägen grün-graue Berglandschaften das Bild an der Kandahar. Die Absage sei wirtschaftlich ein Desaster, räumte die Chefin des Organisationsteams, Martina Betz, ein. "Wir haben einen hohen Verlust. Die Höhe ist allerdings noch nicht zu beziffern."

So ein Weltcup-Wochenende spült Geld in verschiedenste Kassen. Gastronomen, Beherbergungsbetriebe und Einzelhändler profitieren von den tausenden Ski-Fans, die in kleine Wintersportorte wie Garmisch, Hinterzarten oder Klingenthal pilgern. Die Verbände kassieren bei den TV-Einnahmen ab. Normalerweise.

Enormer wirtschaftlicher Schaden nach Absagen

Die wirtschaftlichen Schäden, die im Falle einer Absage drohen, sind kaum zu beziffern. Das System ist zu verzweigt, zu viele Parteien sind in einen Weltcup involviert. Aber klar ist: Der Schaden wäre massiv.

Zu wenig Schnee: Ski-Rennen in Garmisch abgesagt

Zu wenig Schnee: Die anstehenden Weltcup-Rennen der alpinen Skirennläufer in Garmisch-Partenkirchen musste wetterbedingt abgesagt werden.

Der milde Winter trifft vor allem die Alpinen hart. Für die oftmals kilometerlangen Pisten wird enorm viel Schnee benötigt. Rennen in Sölden, Zermatt, Lech, Beaver Creek, Gröden, Zagreb und eben Garmisch wurden abgesagt. Bei den Nordischen Kombinierern traf es mit Klingenthal und Chaux-Neuve bisher zwei von sechs Austragungsorten. Die Biathleten in Ruhpolding mussten vergangene Woche lange zittern.

"Europa hat keine schneesicheren Skigebiete"

Wintersport-Paradiese schwinden, wie ein internationales Forschungsteam in einer 2022 veröffentlichten Studie zeigte. Ohne eine massive Verringerung der Treibhausgasemissionen wären die meisten der bisherigen Gastgeber von Olympischen Spielen nicht in der Lage, die Spiele 2050 erneut auszurichten.

Schneeflaute: Keine neuen Lifte unter 1.000 Meter?

Der wärmste Jahreswechsel seit Messbeginn liegt erst wenige Tage hinter uns. So werden Diskussionen laut, den Wintertourismus neu zu denken. Der jüngste Vorschlag aus Oberösterreich: Keine neuen …

Die Straßburger Geografieprofessorin Carmen de Jong ergänzte: "Es gibt in Europa keine Skigebiete mehr, die schneesicher sind." Schneesicher bedeute für sie, zwischen dem 1. Dezember und Ende März jederzeit Skifahren zu können. Die Gegend dürfe dabei weder von Kunstschnee noch von Schnee abhängig sein, der zum Wettkampfort transportiert werde.

Alpine-Rennkalender stark in Kritik

Teil der Wahrheit ist auch, dass der Wintersport selbst seinen negativen Beitrag zu den Treibhausgasemissionen leistet. Vor allem bei den Alpinen steht der reiseintensive Kalender stark in der Kritik. So startete der Ski-Tross im Herbst in Europa, anschließend ging es nach Nordamerika. Momentan fahren Mikaela Shiffrin und Co wieder Rennen in Österreich und Italien, bevor es im Februar erneut in die USA geht.

 

De Jong macht zudem auf die Umweltauswirkungen von Speicherbecken aufmerksam, die für eine großflächige künstliche Beschneiung nötig seien. Das Wasser dafür komme häufig aus weiten Entfernungen, das Hochpumpen verursache hohe Energiekosten. Eine Gratwanderung, denn kein (Kunst-) Schnee bedeutet meist kein Wintersport.

Umdenken im Skisprung-Sport

Am besten kommen wohl die Skispringer ohne Schnee klar. Landen auf Matten heißt ein bereits bewährtes Konzept. "Ich glaube, dass es gut ist, wenn wir versuchen, ein Ganzjahresdenken reinzubringen", befand Norwegens langjähriger Nationaltrainer Alexander Stöckl mit Blick auf den Klimawandel.

Matten gibt es beim Skisprung-Weltcup in Hinterzarten nicht. "Um die Anlage beschneien zu können, werden mindestens minus fünf Grad Celsius benötigt und dies an mindestens drei Tagen, um genügend Schnee produzieren zu können", sagte Sprecherin Kornhaas. Die wirtschaftlichen Folgen im Falle einer Absage wären für den Kurort groß. "Es wurden 32 Container für den Teambereich der 16 Nationen bestellt, Zimmer wurden gebucht, die storniert werden müssten und weitere Ausgaben, die in die Vorplanung gesteckt wurden."

Schneedepots sichern Biathlon-WM in Oberhof

Optimistischer sind die Verantwortlichen bei den Biathleten in Oberhof. Im Februar findet dort die WM statt. In den kommenden Tagen sind durchgängig Temperaturen unter dem Gefrierpunkt vorhergesagt. Zudem lagern etwa 35.000 Kubikmeter Schnee in den Depots. Das ist fast viermal so viel, wie die Organisatoren in Ruhpolding hatten.

"Das ist eine Schneemenge, die wir in den letzten Jahren in der Form nicht hatten, und da hat es auch immer gereicht", sagte Hartmut Schubert, WM- und Oberhof-Beauftragter der Thüringer Landesregierung.

Wintersport muss sich neu erfinden

Letztendlich wissen alle: Die Natur bestimmt die Regeln. Kein Geld der Welt kann Schnee ersetzen. Vielmehr müssen Wintersportevents umgedacht werden, im Einklang mit der Natur. Die Skispringer haben gezeigt, wie es gehen könnte. Biathleten könnten wie schon im Sommer auf Skiroller umsteigen, bei den Alpinen müsste sich der ganze Kalender nach hinten verschieben. Nur wenn sich der Wintersport neu erfindet, ist seine Zukunft gesichert.

(Quelle: apa)

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