Das Konzept Hinterhäusers, der die Festspiele bereits 2011 interimistisch geleitet hatte, sei besonders überzeugend gewesen, so die Kuratoren nach der Entscheidung. Es gebe jetzt natürlich noch keinen fertigen Fünfjahresplan für Salzburg, sagte Hinterhäuser, Wiener Festwochenintendant der Jahre 2014, 2015 und 2016, unmittelbar nach seiner Bestellung zum Festspielintendanten.
Markus Hinterhäuser im Interview
Im APA-Interview sprach der Salzburger am Donnerstag über Strukturänderungen und Überstrapazierung, "künstlerische und wirtschaftliche Klugheit". Und er bekannte sich als "Tanzmuffel".
APA: Herr Hinterhäuser, Sie wirken, als sei nach der gescheiterten Bewerbung vor der Intendanz Alexander Pereiras jetzt ein Lebenstraum für Sie erfüllt worden.
Markus Hinterhäuser: Es freut mich wirklich, Salzburg ist für mich immer besonders wichtig gewesen. Ich habe hier am Mozarteum Klavier studiert und bin in dieser Zeit bei jeder Gelegenheit vor dem Festspielhaus herumgeschlichen in der Hoffnung, eine Karte ergattern zu können. Die Festspiele waren damals so etwas wie eine uneinnehmbare Festung für mich. Später bin ich hier aufgetreten und habe in der Ära Mortier die Reihe "Zeitfluß" mitgestaltet - ja, ich habe Salzburg viel zu verdanken, für mich ist diese Bestellung zum Intendanten jetzt schon bewegend.
APA: Der Künstler und Musiker Markus Hinterhäuser wird sich jetzt hinter dem Kulturmanager anstellen müssen.
Hinterhäuser: Ja, da bin ich realistisch. Aber das eine oder andere Projekt wird sich schon noch ausgehen, ein paar Fluchtmöglichkeiten werden sich finden lassen - das ist eine Frage der Disziplin und Organisation. Im übrigen halte ich vieles an der Aufgabe des Intendanten von Festivals wie den Wiener Festwochen oder den Salzburger Festspielen auch für einen künstlerischen Vorgang.
APA: Sie wollen die Festspiele quantitativ wieder zurückfahren und haben eine Größenordnung von etwa 220.000 statt wie heuer 280.000 Karten genannt. Wo ist das Problem mit dem Wachstum, wie es Pereira betrieben hat?
Hinterhäuser: Erstens geht die Fassbarkeit verloren, und zwar nach innen und nach außen. Es besteht die Gefahr, dass die Festspiele eine bloße Aneinanderreihung von Veranstaltungen werden, die sich teilweise gegenseitig neutralisieren. Zweitens muss man darauf achten, dass das Haus nicht überstrapaziert wird. Das war heuer evident. Ich will genau analysieren, wie viel das Haus und auch die Stadt selbst vertragen. Und zwar inhaltlich und strukturell. Immerhin ist ein Festival, bei dem 220.000 Karten aufgelegt werden, immer noch unwahrscheinlich groß.
APA: Sie sagen strukturell, wollen Sie ein erweitertes Direktorium?
Hinterhäuser: Zuerst muss gesagt sein, dass darüber nicht der Intendant, sondern das Kuratorium zu entscheiden hat. Das Gesetz erlaubt ein Direktorium von bis zu fünf Personen, ich war als Konzertchef nicht Teil des Direktoriums. Aber das ist eine sehr delikate Frage, die man genau analysieren muss und nicht vorschnell beantworten darf.
APA: Vereinzelt gab es Einwände, Sie hätten zu wenig Erfahrung in der Oper. Wie schätzen Sie sich selbst ein?
Hinterhäuser: Ich habe zwar nie ein Opernhaus geleitet, aber ich habe Oper gemacht im Großen Festspielhaus, in der Felsenreitschule und in der Kollegienkirche. Und natürlich wird es auch in meinen bevorstehenden drei Jahren bei den Wiener Festwochen einiges im Bereich Musiktheater geben. Ich bin mit der Literatur bestens vertraut, und ich kenne mich in der Sängerlandschaft aus. Und dass ich selbst Musiker bin, wird für die Oper auch kein Schaden sein. Außerdem werde ich erstklassige Mitarbeiter finden. Bei den Festspielen ist ja nicht jede Faser allein auf den Intendanten zugespitzt.
APA: Reden wir über Geld. Intendant Pereira hat davor gewarnt, dass von Künstlern an der Spitze dieses Festspielbetriebes Probleme mit den Finanzen zu erwarten seien. Ist für Sie da etwas dran?
Hinterhäuser: Das ist doch ein Klischee. Ich habe ein gesundes Verhältnis zu Zahlen und glaube, mit einem funktionierenden Sinn für die Wirklichkeit ausgestattet zu sein. Als ich hier Konzertchef war, bin ich nicht einmal in die Nähe eines Defizits geraten. Sich um die Finanzen zu kümmern, ist Teil meiner Aufgabe, der ich mich mit Enthusiasmus stellen werde. Und was die Subventionen betrifft glaube ich, dass alle Beteiligten wissen, dass es zu Erhöhungen kommen muss. Jedenfalls wird sachlich darüber geredet, und es gibt entsprechende Signale in diese Richtung.
APA: Wie denken Sie über die in Salzburg eher verpönten Wiederaufnahmen von Opern und Theaterstücken, die Auftakt-Reihe "Ouverture spirituelle" und den Festspielball?
Hinterhäuser: Eine Oper oder ein Theaterstück wieder aufzunehmen bedeutet künstlerische und wirtschaftliche Klugheit. Fast immer wird eine Produktion inhaltlich besser und schlüssiger, wenn man ihr Zeit zur Entwicklung gibt. Und auch gegenüber dem Publikum ist es sinnvoll. Für die Einstellung "Wer ein Stück verpasst hat, hat Pech gehabt" habe ich keine Sympathien. Also Wiederaufnahmen ja, natürlich heißt das nicht, dass ich einen "Figaro" 16 Jahre lang zeigen will, wie es Karajan gemacht hat. Die "Ouverture spirituelle" gefällt mir, ich kann mir einen etwa dreitägigen Auftakt, der in eine erste, zentrale Opernpremiere mündet, gut vorstellen. Und zum Festspielball: Ich bin ein Tanzmuffel und habe definitiv andere Prioritäten. (APA)
(Quelle: salzburg24)