Sie lebt, was sie predigt. Doch die Art, wie sie predigt, wirkt nicht für alle überzeugend: Die 53-Jährige ist keine Frau der Show, der mitreißenden Rhetorik und der großen Sprüche.
"Mehr Aktionismus, mehr Präsenz in Politik und Gesellschaft und ein etwas offensiveres Auftreten mit mehr Selbstbewusstsein", hat Rössler anlässlich ihrer Kür zur Landessprecherin im Oktober 2011 angekündigt. Viel zu spüren war davon nicht. Das dürfte auch daran liegen, dass der Aktionismus der grünen Frontfrau ein recht stiller ist: Für eine besserer Zukunft der Roma hat sie etwa einem Volksgruppen-Projekt über 300 Gläser Gurken und Kraut abgenommen, die sie nun mit ihrem Fahrradanhänger ausliefert; der Gewinn fließt zurück an die Produzenten. Und steigt sie - was selten vorkommt - in ein Flugzeug, wird der CO2-Ausstoß mit Ausgleichszahlungen kompensiert.
Aber auch in der politischen Auseinandersetzung muss man gut hinhören, wenn Astrid Rössler das Wort ergreift, denn laut wird sie nicht. Wie bei vielen Juristen ist jedes ihrer Worte wohlüberlegt, hat Hand und Fuß. Will sie etwas genau wissen, fragt sie solange und beharrlich nach, dass es für andere zur Geduldsprobe werden kann. Und wenn kurz vor Weihnachten ein riesiger Finanzskandal "ausbricht", dann ist Astrid Rösslers Reaktion darauf die das "Börsen- und Finanzlexikon" von Uwe Bestmann als Lektüre über die Feiertage.
Ihre Beharrlichkeit dürfte nicht unwesentlich dazu beigetragen haben, dass im Salzburger Finanzskandal gegen Ende des Vorjahres der Vorhang des Schweigens gefallen ist. Nach mehrmaligem Nachfragen der Grünen kam offenbar Nervosität auf. Hals über Kopf wurden plötzlich bisher völlig geheim gehaltene Spekulationsgeschäfte aufgelöst, wenig später setzte der inzwischen abgetretene Finanzreferent David Brenner (S) zur Flucht nach vorne an.
Astrid Rössler, eine Vorzeige-Grüne, die alles richtig macht? Auch wenn sie gerne Farbe trägt - vorzugsweise grün - muss sie sich mitunter den Vorwurf gefallen lassen, farblos zu wirken. Eine charismatische Parteichefin war sie bisher nicht. Eher ein verbissen wirkender Workaholic mit klaren Zielen, der anpackt und diese hartnäckig und konsequent verfolgt.
Die am 7. Mai 1959 geborene Rössler war über zehn Jahre lang in der Landesumweltanwaltschaft tätig und machte sich 2000 als Unternehmensberaterin und Mediatorin selbstständig. Dabei begleitete sie Bürgerinitiativen, erstellte aber auch Gutachten für Projektbetreiber, etwa für die Erweiterung der Weißsee-Gletscherwelt im Salzburger Pinzgau, die sie später bekämpfte. 2007 gründete sie den "Anrainerschutzverband Salzburg Airport" und wurde dessen Obfrau. In dieser Funktion "empfahl" sie sich für die Grünen, zwei Jahre später zog sie auf dem sicheren Listenplatz zwei in den Landtag ein. Ihren Brotberuf lässt die Mutter zweier Söhne derzeit ruhen.
Erstmals profilieren konnte sich Rössler als Vorsitzende des Olympia-Untersuchungsausschusses. Sie ackerte sich durch Stapel von Ordnern und trug so wesentlich dazu bei, dass viele Details ans Tageslicht kamen, die als Mosaik zusammengefügt ein doch recht bedenkliches Bild auf die politische Kontrolle im Land Salzburg warfen. Dass der Ausschuss letztlich zu keinen nennenswerten Konsequenzen geführt hat, lag sicher nicht an ihrer Vorsitzführung. Mit der neuerlichen Leitung des U-Ausschusses zum Finanzskandal fing Astrid Rössler nun dort wieder an, wo sie damals aufhören musste: Erneut geht es in erster Linie um die politische Kontrolle.
Drei Landtagswahlen hintereinander haben die Grünen zuletzt ihr Ziel - ein drittes Mandat und damit Klubstatus - verfehlt. Der Finanzskandal im Allgemeinen und der Vorsitz im U-Ausschuss könnten Astrid Rössler behilflich sein, am 5. Mai diesen Erfolg endlich einzufahren. (APA)
(Quelle: salzburg24)