Österreich

Amoklauf in Annaberg: Wilderer tötet vier Menschen und sich selbst

Veröffentlicht: 17. September 2013 09:55 Uhr
Ein als Wilderer verdächtigter 55 Jahre alter Transportunternehmer aus der Ortschaft Großpriel bei Melk in Niederösterreich hat nach Angaben der Polizei in der Nacht auf Dienstag drei Polizisten und einen Sanitäter des Roten Kreuzes erschossen. Anschließend verschanzte er sich auf seinem Bauernhof. Erst nach einer rund sechs Stunden andauernden Durchsuchung des Hofes wurde gegen Mitternacht die verkohlte Leiche des Mannes aufgefunden.

Großeinsatz endet in Massaker

Begonnen hatte der Einsatz bereits in der Nacht auf Dienstag gegen Mitternacht mit dem "ersten Täterkontakt", als der Verdächtige mit seinem Geländewagen bei Annaberg im Bezirk Lilienfeld eine gegen Wilderer eingesetzte Straßensperre durchbrach und unmittelbar das Feuer auf zwei Cobra-Beamte eröffnete. Einer der Polizisten starb wenig später im Krankenhaus. Ein zu Hilfe gerufener Rotkreuzwagen wurde ebenfalls von dem nunmehr zu Fuß flüchtenden Mann unter Beschuss genommen, der zweite Cobra-Polizist wurde verletzt, ein langjähriger Rotkreuzmitarbeiter getötet. An einer weiteren Straßensperre einige Kilometer entfernt erschoss der Verdächtige laut Polizei einen Streifenpolizisten, nahm dessen Kollegen als Geisel und flüchtete mit dem Einsatzwagen auf den Bauernhof. Der gekidnappte Beamte wurde am Nachmittag tot im Polizeiauto auf dem Anwesen gefunden - als viertes Opfer des Blutbades. Eine Hundertschaft an Einsatzkräften hatte das Gehöft seit etwa 7.00 Uhr in der Früh umstellt.

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APA/ Hochmuth

24-Stunden-Einsatz für Cobra

Der Cobra-Zugriff auf den Hof startete schließlich Dienstagabend gegen 18.20 Uhr und zog sich rund sechs Stunden hin. Gegen Mitternacht entdeckten die Beamten die verkohlte Leiche des mutmaßlichen Täters in einem Geheimversteck. Durch begleitende Ermittlungsarbeit während der laufenden Durchsuchung des weitläufigen Anwesens hatte die Polizei Kenntnis von dem Versteck erhalten: In einem Gang ließ sich eine Wand wegdrücken wodurch man in den Geheimraum gelangte.

"Die Einsatzkräfte haben die Tür geöffnet und wollten in den Raum eindringen, im Raum selbst hat es aber gebrannt", so Polizeisprecher Roland Scherscher bei einer Pressekonferenz in Melk. Der zuströmende Sauerstoff hatte die Flammen zusätzlich angefacht. Als das Feuer gelöscht wurde "konnte eine verbrannte männliche Leiche entdeckt werden", sagte Scherscher. Das Feuer dürfte gelegt worden sein, und habe bereits längere Zeit gebrannt, als die Cobra den Geheimraum entdeckte.

Die stark verbrannte Leiche befindet sich laut Polizei in einem "entsprechenden Zustand". Obwohl es kaum Zweifel gibt, dass es sich dabei um den 55-Jährigen handelt, wurde dadurch die Feststellung der Identität und der Todesursache erschwert. Dieser befand sich im Kellergeschoß. Wozu der Raum genutzt wurde, konnte Scherscher nicht sagen."Wir sind froh, dass wir den Einsatz nach 24 Stunden beenden konnte", sagte Roland Scherscher vom Landespolizeikommando Niederösterreich.

Großaufgebot an Einsatzkräften vor Ort

Insgesamt standen 135 Beamte der Cobra und 200 Exekutivkräfte im Einsatz. Das Gebäude sei von den Beamten vollständig untersucht worden, es könne davon ausgegangen werden, dass sich nichts Gefährliches mehr darin befindet. Die Durchsuchung des Anwesens war äußerst kompliziert und risikoreich. Der Täter hätte "hinter jeder Ecke lauern können".

Vier Menschen erschossen

Die Opfer waren allesamt Familienväter: Auf Seite der Polizei starben ein 38-jähriger Revierinspektor (Roman Baumgartner), der für die Cobra im Einsatz stand, sowie zwei Polizisten, die als Gruppeninspektoren im Bezirk Scheibbs tätig waren (Manfred Daurer, 44 Jahre, und Johann Ecker, 51 Jahre). Rotkreuz-Rettungssanitäter Johann Dorfwirth, 70 Jahre alt und 32 Jahre im Dienst, verlor ebenfalls sein Leben.

Wilderer besaß Waffen legal

Bei dem Verdächtigen handelt es sich um einen alleinlebenden Mann, einen Jäger, der legal mehrere Waffen, vor allem für die Jagd, besitze, erfuhr die APA von der Polizei. Er sei bisher nie polizeilich auffällig gewesen. Mittlerweile gilt es nach der APA vorliegenden Informationen als belegt, dass es sich bei dem 55-Jährigen um einen Wilderer handle, der seit längerem in der Gegend sein Unwesen getrieben haben soll. Warum der Jäger heimlich gewildert habe, erklärte ein Sprecher so: "Weil er in seinem eigenen Revier keine Hirsche hat." Zuvor habe gegen den Transportunternehmer aber kein Verdacht bestanden, die Ermittlungen liefen gegen unbekannte Täter.

Johann Baumschlager von der LPD Niederösterreich auf einer Pressekonferenz am Vormittag Salzburg24
Johann Baumschlager von der LPD Niederösterreich auf einer Pressekonferenz am Vormittag
Johann Baumschlager von der LPD Niederösterreich auf einer Pressekonferenz am Vormittag (Foto: EPA)

Wilderer läuft Amok: Tathergang

Seinen Ausgang nahm das Blutbad in der Nähe von Annaberg (Bezirk Lilienfeld): Die Polizei führte eine Überwachungsaktion gegen den oder die gesuchten Wilderer durch. Eine Straßensperre wurde errichtet, und zwei Cobra-Beamte versuchten den Wagen eines Verdächtigen zu stoppen. Die Sondereinheit war nach den jahrelangen schweren Wildereidelikten in der Gegend in die Fahndungsmaßnahmen nach illegalen Schützen eingebunden.

Der 55-Jährige durchbrach mit seinem Wagen die Straßensperre und soll sofort das Feuer eröffnet haben. Sein Auto war da bereits nicht mehr fahrfähig. Einer der Beamten wurde vom Verdächtigen angeschossen, er starb etwa zwei Stunden später in einem Krankenhaus. Während der Versorgung des Schwerverletzten noch am Tatort durch die Rettung, etwa 50 Minuten nach der Abgabe der ersten Schüsse, eröffnete der Mann, der sich zunächst zurückgezogen hatte, aus einem Hinterhalt erneut das Feuer. Der Fahrer des Rotkreuzwagens wurde tödlich getroffen, der zweite Cobra-Polizist verletzt.

Der mutmaßliche Wilderer flüchtete danach zu Fuß. Einige Kilometer weiter, an einer Kreuzung der Bundesstraßen 20 und 28 in Richtung Puchenstuben, stieß der Mann auf einen Streifenwagen und feuerte erneut. Einer der Beamten, ein Polizist aus dem Bezirk Scheibbs, starb. Dessen Kollege wurde zur Geisel des Verdächtigen, der mit dem Polizeiauto zu seinem Bauernhof bei der Ortschaft Großpriel bei Melk flüchtete.

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Dort verschanzte sich der mit umfangreicher Munition ausgestattete Mann in seinem auf einer Anhöhe gelegenen Vierkanthof. Rund hundert Polizisten umzingelten seit etwa 7.00 Uhr das Anwesen, die Umgebung wurde großräumig abgesperrt. Die Polizei bestätigte, dass der Verdächtige immer wieder aus dem Bauernhaus heraus Schüsse abgab. "Er hat herausgeschossen, sobald er jemanden gesehen hat", hieß es vom Einsatzort. Die Polizei hat auch Angehörige des Verdächtigen beigezogen, die offenbar erfolglos versucht haben, ihn auf seinem Handy zu erreichen. Die Versuche, mit dem Mann Kontakt aufzunehmen, blieben offenbar fruchtlos.

Gegen 14.00 Uhr entdeckten Einsatzkräfte in dem auf dem Anwesen in einem Schuppen abgestellten Streifenwagen, den der 55-Jährige für seine Flucht entwendet hatte, die Leiche ihres Kollegen. Zuvor war kurz Rauch aus dem Vierkanthof gedrungen, die Ursache war zunächst unklar. Gegen 17.30 Uhr gab es dann das letzte Lebenszeichen des Verdächtigen. Knapp eine Stunde später begann die Cobra mit dem Zugriff. (S24.at/APA)

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(Quelle: salzburg24)

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