Missbrauchsvorwürfe

SOS-Kinderdorf Österreich vorläufig aus Internationalem Verband suspendiert

Gegen den 1986 verstorbenen Gründer der SOS-Kinderdörfer, Hermann Gmeiner, gibt es schwere Missbrauchsvorwürfe. Wie die Organisation der APA sagte, steht der Gründer im Verdacht, an zumindest acht minderjährigen Burschen "sexuelle Gewalt und Misshandlungen" ausgeübt zu haben. (ARCHIVBILD)
Veröffentlicht: 24. Oktober 2025 16:22 Uhr
SOS-Kinderdorf Österreich ist vorläufig aus der internationalen Föderation von SOS-Kinderdorf suspendiert worden. Der internationale Vorstand reagiert damit auf die laufenden Missbrauchsvorwürfe gegen die Organisation. Die Suspendierung soll die Aufarbeitung der Vorfälle erleichtern, ändert aber nichts am laufenden Reformprozess in Österreich.

Der internationale Vorstand von SOS-Kinderdorf hat am Freitag bekannt gegeben, dass in Reaktion auf die Missbrauchsvorwürfe die Suspendierung von SOS-Kinderdorf Österreich als Mitgliedsorganisation der Föderation beschlossen worden ist. Dies sei das Ergebnis einer Sondersitzung am Vortag. SOS-Kinderdorf Österreich bestätigt die ausgesprochene vorläufige Suspendierung aus der Föderation gegenüber der APA.

"Unsere schwerwiegenden und bedeutsamen Entscheidungen spiegeln das unerschütterliche Engagement des Vorstands wider, keinerlei Form von Missbrauch oder Intransparenz innerhalb unserer Föderation zu dulden", wurde Domenico Parisi, der Vorstandsvorsitzende von SOS-Kinderdorf International, zitiert. "Wir respektieren diesen Beschluss und kooperieren vollumfänglich mit allen zuständigen Gremien. Das ist eine statutenkonforme Maßnahme, wenn in Mitgliedsvereinen Fehlverhalten oder Missstände auftreten, die näher geprüft werden müssen", hieß es in dem entsprechenden Statement. Es gelte unverändert der Auftrag in Österreich: "Konsequent aufzuarbeiten und die Neuaufstellung der Organisation umzusetzen, bleibt bestehen. Daran ändert die Suspendierung nichts.

Genauer Inhalt der Fälle bisher nicht bekannt

Nach Bekanntwerden, dass der SOS-Kinderdorf-Gründer Hermann Gmeiner zumindest acht Burschen sexuell missbraucht haben soll, ist das Ausmaß der Taten indes noch offen. Denn obwohl die Opferschutzkommission die Taten gründlich aufgearbeitet hat, war dies stets unter strikter Vertraulichkeit mit den Betroffenen geschehen. Erst jetzt hat die eingesetzte Reformkommission beantragt, dass ihr die entsprechenden Berichte anonymisiert überstellt werden, sagte Hedwig Wölfl von der Kommission.

In den Jahren 2013 bis 2023 gingen bei der Opferschutzkommission rund 200 Meldungen ein, acht davon betrafen Gmeiner. Hier gaben Personen plausibel an, von Gmeiner sexuelle Gewalt erlitten zu haben und wurden seitens SOS-Kinderdorf mit bis zu 25.000 Euro und der Übernahme von Therapiestunden entschädigt. Große interne Untersuchungen blieben aber aus.

Die genauen Inhalte der Angaben durften von der unabhängigen und weisungsfreien Opferschutzkommission nicht weitergegeben werden - auch nicht an andere Stellen von SOS-Kinderdorf. Erst die Reformkommission wird nun Einblick bekommen, in welcher Form die Missbrauchstaten von Gmeiner tatsächlich stattgefunden haben und ob es bei seinen Übergriffen Muster, Mitwisser oder gar Mittäter gab. Mit einer ersten Abschätzung rechnete Wölfl kommende Woche.

Nur Betroffene hätten anzeigen können

Eine Anzeige gegen etwaige Mitwisser oder weitere Täter - sofern diese überhaupt noch am Leben sind - hätte nur das Opfer selbst tätigen können. Bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck ging bisher keine entsprechende Anzeige ein, wie es auf Anfrage hieß. Entsprechend konnten auch keine behördlichen Ermittlungen aufgenommen werden.

Neues Licht auf alten Einzelfall

Allerdings rückt ein älterer Fall erneut ins Schlaglicht: 2022 wurde bekannt, dass ein österreichischer Großspender im Verdacht stand, bei seinen Besuchen in einem südostasiatischen Land acht Burschen sexuell missbraucht zu haben, die unter Betreuung von SOS-Kinderdorf standen.

Der Mann, der inzwischen verstorben ist, reiste in den Jahren 2010 bis 2014 immer wieder dorthin. Erst nach einer Beschwerde der Einrichtung, denen die Handlungen aufgefallen waren, wurden die Besuche gestoppt. Der Fall wurde als "Einzelfall" ad acta gelegt.

Der Reformkommission ist dieser Fall bekannt. Man habe aber beschlossen, sich vorerst auf die Vorfälle und Strukturen in Österreich zu beschränken und etwaige Verflechtungen ins Ausland außen vor zu lassen.

(Quelle: apa)

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