Mit der Einführung eines eigenen Straftatbestands für das unaufgeforderte Übermitteln von Genitalbildern - sogenannten "Dick-Pics" - will die Regierung "den Gewaltschutz endlich ins 21. Jahrhundert holen", wie Frauenministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) am Mittwoch betonte. "In Zukunft soll es auch für die Täter unangenehm werden, und nicht nur für die Opfer", merkte Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) an. Bei der praktischen Umsetzung könnten sich jedoch Probleme ergeben.
"Dick-Pics": Staatsanwälte erwarten "Vielzahl an Anzeigen"
Elena Haslinger, Präsidentin der Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, befürchtet, dass der angekündigte § 218 Absatz 1b StGB zu einer "Mehrfachbelastung" bei der Polizei und den Staatsanwaltschaften führen wird. Dick-Pics seien speziell unter Jugendlichen eine "Massenerscheinung" und würden "oft leichtfertig verschickt", meinte Haslinger im Gespräch mit der APA. Es sei daher mit einer "Vielzahl an Anzeigen" zu rechnen, denen die Strafverfolgungsbehörden dann in jedem einzelnen Fall nachzugehen hätten.
"Wie das zu bewältigen sein wird, wo man gerade die StPO-Reform beschlossen hat, die 28 zusätzliche Planstellen bei den Staatsanwaltschaften erfordert hätte, die es aus budgetären Gründen jetzt nicht geben wird, wird sich zeigen", hielt Haslinger fest. Sie befürchtet einen "großen zusätzlichen Arbeitsdruck", wiewohl es ein "ehrenwertes Anliegen" der Regierung sei, gegen Online-Gewalt vorzugehen.
Mann muss nach Penisfoto 4.000 Euro Strafe zahlen
"Wir sind sehr froh, dass die Regierung unsere Kampagne aufgegriffen hat", meinte der Wiener Rechtsanwalt Philip Springer, der die Aktivistin Fredi Ferkova erfolgreich vor Gericht vertreten hat. Ein Abonnent ihres Instagram-Kanals hatte Ferkova unerwünschte Penisfotos und Videos geschickt. Sie forschte ihn mithilfe von zwei Detektiven aus, Springer klagte ihn auf Unterlassung und Schadenersatz. Mehr als 4.000 Euro musste der Mann am Ende berappen.
Mit der neuen Bestimmung "sollte es für Betroffene in Zukunft nicht mehr notwendig sein, einen Privatdetektiv zu engagieren und gegen Dick-Pics zivilrechtlich vorzugehen", hofft Springer. Im Gespräch mit der APA ortete der Anwalt jedoch insoweit Schwierigkeiten, als eine Strafbarkeit nur dann gegeben sein soll, wenn eine Belästigung wirklich erwiesen ist. Wann genau eine solche vorliegt, könnte somit im Ermessen der Staatsanwaltschaften bzw. Gerichte liegen.
Anwalt sieht dringenderen Handlungsbedarf bei "Rachepornos"
Dringenderen Handlungsbedarf sieht Springer bei "Rachepornos" und Cyber-Stalking: "Da melden sich relativ viele Leute mit ähnlichen Problemen." Es sei recht verbreitet, dass nach dem Ende von Beziehungen mit dem Öffentlichmachen von Videos gedroht werde und Ex-Partnerinnen oder- Partner somit unter Druck gesetzt würden.
Jedenfalls keine strafrechtliche Verfolgung ist bei einvernehmlichem Übermitteln von Bildern von männlichen oder weiblichen Genitalien vorgesehen. "Wenn von einem Einverständnis aller beteiligten Personen auszugehen ist, etwa in Beziehungen oder auch bei Teilnahme an entsprechenden Angeboten im Internet, in sozialen Medien oder Apps, kommt es natürlich zu keiner Kriminalisierung", präzisierte das Justizministerium. Die "reine Präsenz auf einer Dating-App" stelle allerdings "noch kein Einverständnis dar."
(Quelle: apa)